Rolf Torring 003 - Gelbe Haie
Selbst Rolf meinte lachend, daß wir uns nun eigentlich einen Frack anziehen müßten, um neben ihr bestehen zu können. Nach einer halben Stunde trafen wir im Lager ein und wurden vor den Kommandanten, Colonel Daendels, geführt. Er wollte erst unsere Erzählung kaum glauben, ließ sich aber doch überzeugen und stellte uns sein schnellstes Motorboot, das mit zwei Maschinengewehren ausgerüstet war, zur Verfügung. Er schätzte, daß die chinesische Dschunke selbst mit starkem Motor kaum vor dem nächsten Morgen in Singapore eintreffen könnte, während wir mit dem Motorboot wenigstens fünf Stunden früher einträfen. So konnten wir das liebenswürdig angebotene Mahl nicht abschlagen und schickten nur Tomo mit dem größten Anzug, den wir auftreiben konnten, zu Pongo. Die Legionäre wurden vom Colonel auf das Aussehen des Schwarzen aufmerksam gemacht, aber gleichzeitig wurde ihnen befohlen, keine Überraschung zu zeigen. Daendels erzählte dabei auch, daß der Riese den Hai mit dem Messer erlegt hätte. Trotzdem sahen wir vom Fenster des Speisezimmers aus verschiedene Soldaten zusammenzucken, als Pongo kam. Und dabei sah er halb so furchterregend aus wie im Sarong. Daendels ging ihm entgegen, als er ins Zimmer trat, und begrüßte ihn herzlich. Wir sahen, daß der arme, bisher wohl nur verlachte und verspottete Riese förmlich auftaute. Er weigerte sich aber entschieden, mit uns am selben Tisch zu sitzen, und der Colonel mußte für ihn in einem Nebenzimmer besonders decken lassen. Endlich sah unser liebenswürdiger Wirt ein, daß wir darauf brannten, nach Singapore zu kommen, denn wir wollten Ellen ihrem Vater zurückbringen und Fu Dan mit seiner Bande unschädlich machen. So fuhren wir nach einer halben Stunde in dem schnellen Boot aus dem kleinen Hafen. Kaum faßten uns die leichten Wellen der Malakka-Straße, so ließ der Führer den Motor mit voller Kraft laufen. Und jetzt schienen wir fast über das Meer zu fliegen, eine derartige Geschwindigkeit entwickelte der Renner. Und kurz nach Mitternacht sahen wir die Lichter von Singapore auftauchen.
Wieder gab es auf der Hafenpolizei ein langes Verhör, und unsere Angaben wurden mit sichtlichem Mißtrauen entgegengenommen. Aber da wurde Ellen energisch und sagte den Herren ziemlich unverblümt ihre Meinung, daß nämlich die gesamte Polizei Singapores nicht das fertiggebracht hätte, was uns so schnell gelungen sei. Sie rief auch sofort ihren Vater an, und nach kurzer Zeit hielt der Lord seine schluchzende Tochter im Arm.
Jetzt wurden wir plötzlich mit ausgezeichneter Höflichkeit behandelt. Die Beamten erboten sich zu jeder Hilfeleistung, als Rolf erklärte, daß wir den Rest der großen Verbrecherbande noch unschädlich machen wollten. Rolf zeigte den Kris und fragte, ob irgendeine Dschunke die eingelegten Zeichen am Bug trüge. Aber keiner der Beamten konnte darüber Auskunft geben. Also hatte ich mit dem Übermalen doch recht gehabt. Erst als wir das Fahrzeug genau beschrieben und vor allen Dingen die drei Bullaugen erwähnten, sprangen die Beamten auf und riefen einstimmig: „Das ist die Dschunke Ki Lungs." „Wer ist Ki Lung?"
„Ein Spediteur, der nebenbei das Restaurant ,Zum blauen Hai' besitzt."
„Dann sind wir an der richtigen Schmiede", atmete Rolf auf: „wir müssen Ki Lung unschädlich machen und sein Restaurant besetzen, noch ehe die Dschunke hier eintrifft."
Die Beamten machten bedenkliche Mienen. Auf Rolfs Frage, was sie hätten, sagte endlich ein baumlanger Sergeant, indem er sich verlegen das Kinn kraulte: „Tja, das ist nicht so einfach mit dem ,Blauen Hai'. Verschiedene Kollegen sind da schon verschwunden, aber eine Razzia hat nie Erfolg gehabt. Wir können diesem Ki Lung nicht beikommen, obwohl wir alle überzeugt sind, daß er ein ganz schwerer Verbrecher ist." „Wir können ihn aber jetzt überführen", rief Rolf energisch. Und da fiel Pongo, den auch die Polizisten scheu betrachteten, ein:
„Pongo ,Blauen Hai' kennen. Pongo Askaris führen." „Dann haben wir schon gewonnen, meine Herren", rief Rolf wieder aufmunternd, „ich habe ihnen ja erzählt, was mein schwarzer Freund hier alles vollbracht hat. Selbstverständlich müssen wir noch Verstärkung anfordern. Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, Lord, und rufen den Polizeichef an. Wenn Sie es ihm vorschlagen, wird er sicher viel geneigter für eine größere Aktion sein." „Selbstverständlich, Herr Torring." Lord Abednego rief den ihm bekannten Chef an, der ihm auch sofort
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