Rolf Torring 021 - Unter Fanatikern
hatten.
„Pongo, wie hast du das nur fertig gebracht?" rief Rolf und rüttelte den treuen Riesen an der Schulter.
Verlegen wandt Pongo sich unter dieser Anerkennung.
„Pongo Tür in Stein finden," stieß er dann hervor, „mit Messer öffnen, Gang finden, hierher kommen Männer sprechen hören, in Loch im Boden starren, gleich denken, daß Masser dort Pongo schnell hinunterklettern, Massers jetzt frei."
Das war allerdings sehr kurz und bündig, kennzeichnete aber so recht die Art unseres Freundes, dem jedes Lob unangenehm war, mochte seine Tat auch noch so außergewöhnlich gewesen sein.
Und was lag alles in seiner knappen Erzählung! Klugheit und Tapferkeit, die schon an Verwegenheit grenzte, vor allen Dingen aber Liebe und Treue zu uns.
Und trotzdem er gräßliche Gesichter schnitt, schüttelten wir ihm doch dankbar die Hände, bis er endlich hervorbrachte:
„Massers, Mann wach."
Richtig, der Abt, jetzt unsere kostbarste Geisel! Der alte Mann hatte sich aufgerichtet, starrte verwundert umher und rieb sich dabei den Kopf, der durch Rolfs Faustschläge schön brummen mochte.
„Ich weiß, daß Sie englisch sprechen," sagte Rolf zu ihm, „Sie sind jetzt in unserer Gewalt und Ihre Leute können nichts für Sie tun. Vielleicht wissen Sie selbst noch nicht, wo Sie sich befinden."
Mit kläglicher Miene nickte der Abt. Dann stammelte er:
„Ich weiß es, es war früher eine Schatzkammer. Was wollen Sie mit mir beginnen?"
„Das kommt ganz auf Sie an," sagte Rolf energisch, „wir verlangen unsere Freiheit und Waffen zurück, und geben dafür Sie und den Priester dort drüben ebenfalls frei."
Der Abt warf einen Blick auf den gefesselten Priester, der bei Rolfs Worten den Kopf erhoben hatte, und zuckte zusammen. Dann ließ er den Kopf sinken, sann einige Zeit vor sich hin und sagte dann:
„Sie haben recht, wir sind in Ihrer Gewalt. Ich werde mit meinen Leuten verhandeln, sie sollen dem Obersten Bescheid sagen."
„Gut." entschied Rolf, „wir müssen ja zu einer Lösung unserer Lage kommen. Aber gestatten Sie, daß ich Sie zuerst nach Waffen untersuche."
Der Abt lächelte müde und erklärte:
„Das mögen Sie ruhig tun, mein Herr, aber ich habe keine Waffe bei mir."
„Dann erübrigt es sich ja," rief Rolf sofort, „bitte, setzen Sie sich mit Ihren Leuten in Verbindung."
Der Tibetaner blickte ihn einen Augenblick verwundert an, dann sagte er in freundlichem Ton:
„Sie haben mir ein großes Vertrauen bewiesen, und ich sehe daraus, daß Sie wirklich nur unabsichtlich in unsere Stadt gekommen sind. Dafür werde ich mich auch mit meinem Priester in englischer Sprache unterhalten, damit Sie kontrollieren können, daß wir keine Hinterlist im Schilde führen."
„Aber ich bitte Sie," sagte Rolf höflich, „es ist vielleicht besser, wenn auch die anderen Lamas Ihre Worte verstehen. Bedienen Sie sich ruhig Ihrer Sprache."
„Gut." sagte der Abt kopfschüttelnd, „Sie scheinen eigenartige Menschen zu sein. Aber besser ist es auf jeden Fall. Ich versichere Ihnen aber, daß ich Ihren Vorschlag ehrlich unterbreiten werde."
„Woran ich keinen Augenblick gezweifelt habe," meinte Rolf verbindlich.
Der Abt erhob sich mühsam, wobei Pongo ihn sofort unterstützte. Nach einem ängstlichen Seitenblick auf den Riesen schlürfte der alte Mann zur Tür, die in den großen Saal führte und rief: „Chultun, Chultun."
Sofort meldete sich auf der anderen Seite die helle Stimme des höheren Priesters, den ich unten im Kellerraum niedergeschlagen hatte.
Eine längere Unterhaltung, die von Seiten unseres Gefangenen mit großer Energie durchgeführt wurde, entspann sich. Endlich wandte sich der Abt zu uns und erklärte:
„Chultun wird Ihren Vorschlag dem Obersten sofort unterbreiten. Und ich hin nicht im Zweifel, daß ihm stattgegeben wird. Sie können also sicher die Stadt verlassen und mit Ihren Waffen in die Steppe ziehen."
„Werden wir vielleicht verfolgt werden?" erkundigte sich Rolf vorsichtigerweise.
„Von uns nicht" erklärte der Abt sofort, „aber es kann sehr leicht sein, daß die Räuberbande, der Sie entkommen sind, aufpaßt. Wenn Sie eine fremde Stadt erreichen und Ihr Abenteuer den Engländern mitteilen, wird sicher eine große Aktion gegen die Bande einsetzen."
„Das hatte ich mir schon gedacht," meinte Rolf nachdenklich, „und ich glaube sicher, daß wir noch schwere Kämpfe vor uns haben. Aber wir werden uns schon durchschlagen."
Der Abt schwieg längere Zeit, dann blickte er plötzlich
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