Rolf Torring 023 - Die Bande Sao-Shungs
sagte Rolf ernst, „es tut mir leid, daß ihr Beide mit mir sterben sollt.'
„Wenn Massers sterben, Pongo auch," sagte der schwarze Riese ruhig.
Sao-Shung kam schnell heran, blickte aufs Meer und wandte sich dann mit grausamem Lächeln an uns:
„So, meine Herren, Ihre Zeit ist jetzt abgelaufen „Dieser Herr" — er zeigte dabei auf Rolf — „wird die Ehre haben, als erster zu sterben; denn wie im Leben, soll er auch im Tod der Anführer sein."
Auf seinen kurzen Befehl wurden wir gepackt, hoch gerissen, und so an die Reling gestellt, daß wir das Meer überblicken konnten. Zu meinem Erstaunen sah ich aber kein anderes Schiff, und konnte mir wirklich nicht erklären, was Sao-Shung für Gäste erwartet hatte.
Ich blickte seitwärts und sah, daß Rolf vorn an den Bug geschleppt wurde. Die Banditen knüpften unter seinen Armen ein starkes Seil hindurch, dann wurde er über die Reling gehoben und langsam hinuntergelassen. Sao-Shung mußte enorme Kräfte haben, denn er hielt ihn, leicht über die Reling gebeugt, mit großer Leichtigkeit. Nur ein zweiter Chinese hatte hinter ihm das Ende des Seils gepackt.
Neben mir standen noch drei Chinesen, die gespannt auf die pendelnde Figur meines Freundes blickten. Rolf guckte mich einen Augenblick traurig an, dann senkte er den Kopf und betrachtete die leicht bewegte Meeresfläche unter sich.
Plötzlich zog er seine Beine an, im gleichen Augenblick hob ihn Sao-Shung auch etwas höher, denn aus den Wellen heraus schoß — der Kopf eines mächtigen Haies. Sein dreieckiger, mit spitzen Zähnen besäter Rachen schnappte dicht unter Rolfs Füßen zusammen, ehe der Körper schwer zurück klatschte
Ich hatte einen Schreckensruf nicht unterdrücken können, und sofort blickte mich Sao-Shung lächelnd an.
„Jetzt kennen Sie meine Gäste," rief er mir zu, „ich will ihnen ein angenehmes Mahl geben Allerdings werden sie es nur in sehr kleinen Stücken bekommen, sonst wäre es ja keine Strafe für Sie."
Dieser Teufel wollte uns also von den entsetzlichen Meeresungeheuern langsam zerreißen lassen, ein Tod, wie man ihn sich schrecklicher kaum vorstellen kann.
„Schuft," rief ich ihm empört zu, „weshalb bekommen wir nicht eine ehrliche Kugel?"
„Oh, weil der Tod doch eine Strafe für Sie sein soll," gab er lächelnd zurück, „es soll sehr, sehr langsam gehen, das verspreche ich Ihnen."
Er neigte sich wieder über Bord und ließ Rolf tiefer hinab. Mein Freund betrachtete ruhig und aufmerksam das Meer — jetzt warf er die Beine mit kräftigem Schwung hoch, denn wieder schoß der grässliche Rachen eines Haies heraus und schnappte unter Rolfs Knien zusammen.
Als der Hai heraus schnellte, sah ich hinter ihm noch mehrere der hohen, dreieckigen Rückenflossen auftauchen, unter denen sich der schrecklichste Tod verbirgt.
„Ah, Sie passen ja sehr gut auf," rief Sao-Shung meinem Freunde anerkennend zu, „dadurch verlängern Sie das Schauspiel ganz bedeutend."
Ich stieß einen lauten Warnungsruf aus, denn im gleichen Augenblick warfen sich zwei dieser Ungeheuer aus den Wellen heraus, aber Rolf war wieder auf der Hut gewesen, hatte den Körper völlig zusammen gekrümmt, die Beine auseinander gespreizt und war so den scheußlichen Rachen entgangen.
Ich sah, daß im gleichen Augenblick der Steuermann auf Sao-Shung zutrat und ihm eine Meldung abstattete. Sofort zog er zu meiner großen Freude Rolf in die Höhe, zwei Diener packten zu und hoben ihn über die Reling.
Wir wurden auf ein Kommando des Anführers an den Mastbaum geführt und durch einen starken Strick, den die Banditen durch unsere Handfesseln zogen, an ihn angebunden.
„Wir müssen jetzt erst ein kleines Geschäft erledigen," sagte Sao-Shung lächelnd, „dann werden wir fortfahren. Ich empfehle Ihnen aber, sich hinzusetzen, der Strick bietet Ihnen ja diese Möglichkeit"
Da unsere einzige Rettung vor diesem schrecklichen, uns zugedachten Tode darin bestand, daß wir uns möglichst lange vor den Bissen der Haie bewahrten — vielleicht solange, bis ein fremdes Schiff auftauchte — befolgten wir diesen Rat, brauchten wir doch bald alle unsere Kräfte.
5. Kapitel Ein Piratenstück.
Ein eifriges Leben begann an Bord. Die Besatzung, die für die Größe der Dschunke außerordentlich stark war, brachte mehrere Kisten herbei, und stellte sie an die Reling, aber erst, nachdem sie dort einzelne Holzplanken entfernt hatte, so daß die schmalen Wände der Kisten die entstandene Lücke ausfüllten. Dann hockten sich
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