Rolf Torring 024 - Am Fudschijama
Woge in die Höhe gehoben und gleich nach dem heftigen Anprall seitwärts fortgetragen.
Nur ein kleines Unglück hatte es bei dem Zusammenstoß gegeben. Nämlich zusammen mit zwei japanischen Matrosen, die neben mir gestanden hatten, war ich — auf das Deck des fremden Schiffes geschleudert worden. Und jetzt trieb der Zerstörer ungefähr bereits dreißig Meter von uns ab.
Lange Zeit zum Überlegen gab es nicht. Wir mußten uns sofort anklammern, wo es ging, denn das Deck des Holzschiffes war glatt, als wäre es mit Öl bestrichen worden.
Ich packte einen vorspringenden Pfosten des seltsamen Hinterbaues, und da merkte ich, daß er auch glatt war. doch manchmal hafteten kleine, äußerst rauhe Gegenstände am Holz.
Der letzte, alles übertreffende Stoß des Taifuns bedeutete sein Ende. Zwar toste noch ein anhaltender, brausender Sturm, aber gegen die wütenden Stöße, die wir hatten aushalten müssen, war er fast eine Brise. Nur die Wellen, die immer noch in ihrer gewaltigen Höhe heranliefen, flößten mir leise Furcht ein.
Würde das seltsame Fahrzeug, auf dem wir uns befanden, den schweren Schlägen der niederbrechenden Wassermengen stand halten? Der Zerstörer hatte sich inzwischen noch weiter entfernt. Das kam offenbar daher, daß unser Fahrzeug bereits viel Wasser übernommen hatte und deshalb schwerer war.
Wenn wir uns nur noch einigen Stunden über Wasser halten konnten, dann waren wir unbedingt gerettet, denn dann hätte sich das Meer beruhigt, und Kapitän Osaki würde uns durch ein Rettungsboot abholen lassen. Ich sah ihn, Rolf und Pongo zu uns hinüberstarren, offenbar überlegten sie auch, wie sie uns Hilfe bringen sollten.
Es wurde immer heller, und plötzlich erkannte ich mit größtem Entsetzen, auf was für einem Fahrzeug ich mich befand. Als Junge hatte ich mich sehr eifrig mit Schiffsbaukunde beschäftigt, hatte auch die Bauart der ältesten Fahrzeuge studiert und erkannte jetzt, daß wir uns auf einer Gallione befinden mußten, wie sie im 16. und 17. Jahrhundert gebaut wurden.
Das bewiesen mir die Stümpfe der eigenartig angebrachten Masten, die seltsamen Aufbauten auf Vorder- und Hinterdeck, und jetzt wußte ich auch, weshalb das Holz so glatt war. Das war jahrhundertealter Tang, der sich an dem schwarz und eisenhart gewordenen Holz festgesetzt hatte. Und die harten, kleinen Gegenstände dazwischen waren Tiefseemuscheln, die sich ins Holz gebohrt hatten.
Durch den furchtbaren Taifun, der das Meer fast bis in seine Tiefe aufgewühlt haben mußte, war es wohl aus seinem uralten Bett emporgerissen worden. Es hatte vielleicht auf irgend einer Klippe gelegen, in einer Tiefe, in der es bisher nicht entdeckt worden war, vielleicht auch an einem ganz unzugänglichen, nie besuchten Ort.
Nun war es durch den furchtbaren Strudel hochgehoben worden, hatte durch seine Schwankungen den größten Teil des Wassers in seinem Innern verloren und dadurch wieder eine gewisse Tragfähigkeit erlangt.
Angenehm war das Bewußtsein wirklich nicht, sich auf einem Schliff zu befinden, das vielleicht schon seit annähernd drei Jahrhunderten auf dem Meeresboden geschlummert hatte. Vielleicht enthielt es in seinem Innern noch die Skelette seiner Mannschaft, vielleicht sogar noch Schätze, die aus fremden Ländern geraubt waren.
Ich blickte zum Zerstörer hinüber und erschrak. Die Entfernung hatte sich ganz bedeutend vergrößert, und wenn Osaki uns aus Sicht verlor, dann konnte er uns kaum Rettung bringen.
Der Sturm hatte bedeutend nachgelassen, nur die mächtigen Wellen schleuderten uns hin und her. Plötzlich bemerkte ich mit größtem Schrecken, daß sich die alte Gallione vorn senkte. Sollte das uralte Fahrzeug jetzt wieder einen Ruheplatz auf dem Meeresgrund aufsuchen wollen?
2. Kapitel. Wunderbare Rettung.
Die beiden japanischen Matrosen, die sich an der noch gut erhaltenen Reling angeklammert hatten, blickten mich an. Sie waren ganz ruhig, wenn auch ihre Augen weit geöffnet waren und starr blickten. Vielleicht glaubten sie, daß wir auf diesem Gespensterschiff zu den bösen Dämonen fahren würden.
Die Entfernung bis zum Zerstörer mochte sich inzwischen auf wenigstens 200 Meter vergrößert haben. Ich überlegte, ob wir uns lieber den mächtigen Wellen anvertrauen und versuchen sollten, Osakis Boot schwimmend zu erreichen. Vielleicht war dieser Versuch erfolgreicher, als wenn wir erst mit dem Strudel der sinkenden Gallione in die Tiefe gerissen würden.
Schon wollte ich den beiden Matrosen einen
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