Rolf Torring 029 - Unterirdische Gewalten
hier im Rathaus beschäftigt."
„Hm," meinte Rolf zögernd, „wir hätten sehr gern den ersten Bürgermeister, Herrn Patterson, kennen gelernt"
„Aber gern," rief der Junge Mann, „das ist mein Onkel. Aber, weshalb sagen Sie das so zögernd. Ah..." er errötete, als er nach wenigen Sekunden fortfuhr:
„Ich verstehe schon, Herr Torring Sie haben sicher ein Anliegen, wollen aber meinen Onkel erst kennen lernen. Nun, ich kann es Ihnen nicht übel nehmen, möchte aber nur betonen, daß mein Onkel ein Mann ist der völlig in seinem Amt aufgeht und durch nichts von seinem Ziel abgelenkt werden kann. Vielleicht werden Sie mich verstehen."
Wir verstanden ihn selbstverständlich. Der junge Mann wollte damit sagen, daß sein Onkel auf keinen Fall von der leider so häufig vorkommenden Korruption unter den Staatsbeamten ergriffen sei. Das glaubten wir ihm persönlich auch sehr gern, vor allen Dingen war es uns aber sehr angenehm, daß wir den Bürgermeister ohne Anmeldung kennen lernen konnten.
Der Neffe des Bürgermeisters, der sich als James Ellerson vorstellte, führte uns einige Türen weiter, bat uns, kurze Zeit zu warten, und öffnete dann bald die Tür zum Zimmer des ersten Bürgermeisters.
2. Kapitel. Neues über Jim Town.
Auf den ersten Blick sahen wir, daß Bürgermeister Patterson ein aufrichtiger, gerader Charakter war.
Eine mächtige Figur, ein großer, kluger Kopf, weißes, langes Haar und scharfe, dunkle Augen - das war der erste Eindruck, den ich von ihm hatte. "Freue mich sehr, Sie kennen zu lernen, meine Herren, sagte er mit tiefer, sonorer Stimme, „habe schon viel von Ihnen gehört. Selbst Ihr letztes Abenteuer mit dem Pottwal ist schon durch die kanadischen Blätter auch zu uns gelangt Kommen Sie mit einer bestimmten Absicht in unsere Stadt? Das ist wohl anzunehmen, denn nach reinem Vergnügen steht doch sicher Ihr Abenteurersinn nicht.
„Allerdings, Herr Patterson", lachte Rolf, „wir kommen in einer ganz bestimmten Absicht. Und ich bedaure sehr, daß ich nicht zuerst zu Ihnen gekommen bin. Ich war bereits beim Colonel Preston, doch ich bin mit meinem Besuch absolut nicht zufrieden."
„Das hätte ich Ihnen gleich sagen können", meinte der Bürgermeister ernst, „Preston ist ein sonderbarer Mensch. Ja, vielleicht ist er auch . . . aber darüber können wir ja später einmal sprechen", brach er ab.
„Ich glaube zu wissen, was Sie sagen wollten, Herr Bürgermeister", sagte Rolf nach kurzem Besinnen, „es ist auf jeden Fall besser, wenn wir gleich offen miteinander sprechen. Sie trauen dem Colonel Preston ebenso wenig wie wir es tun."
Patterson zuckte zusammen und blickte Rolf groß an: "Können Sie Ihre Behauptung auch beweisen?" fragte er dann mit zusammengebissenen Lippen. Offenbar hatte er dasselbe Gefühl wie wir, wollte aber wohl über einen hohen Beamten der Stadt von Fremden nicht so etwas sagen lassen.
„Gewiß kann ich das", sagte Rolf ruhig, „das heißt, ich kann Ihnen erzählen, weshalb wir auf diesen Gedanken gekommen sind?"
Er erzählte dem aufmerksam Lauschenden die Geschichte des Tagebuches, das wir bei dem Toten gefunden hatten.
„Dieser Lincoln", so schloß er, „hat also ganz klar und deutlich geschrieben, daß Jim Town eigentlich James Dawton heißt, daß er früher bei dem Notar Frederic Fields beschäftigt war und in dieser Eigenschaft das Testament gefälscht hat, das die Millionen, an denen er sich jetzt erfreut, eigentlich der jungen Evelyn Richardson zusprach, die jetzt Stenotypistin bei Doktor Woold ist. Colonel Preston hat uns aber sehr abfallen lassen, hat uns sogar eigene Nachforschungen verboten und im Weigerungsfalle mit Ausweisung gedroht Ich hatte sofort das Gefühl, daß er mit diesem Jim Town unter einer Decke steckt, und ebenso erging es meinen Gefährten."
„Hm, das ist alleidings nicht korrekt von ihm gehandelt", meinte der Bürgermeister, „trotzdem können wir aber noch nicht offen von einer schlechten Handlung seinerseits sprechen. Immerhin habe ich jetzt eine kleine Handhabe gegen ihn, wenn er nämlich die Sache nicht weitermeldet, sondern ruhig einschlafen läßt Auf jeden Fall müßte er dem Oberst Rory Meldung machen. Rory ist ein Mann, auf den man sich unbedingt verlassen kann, er steht mir im Kampf gegen das enorm zunehmende Verbrechertum unserer Stadt mit allen Kräften bei. Vor allen Dingen ist er der schärfste Feind jeder Korruption unter den Beamten, da greift er ganz rücksichtslos zu. Es wäre mir persönlich, meine
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