Rolf Torring 030 - Im wirren Land
der aber genug mit sich selbst zu tun hatte.
Wie alle Leute, die nur mit dem Mund voran sind, hatte er um sein kostbares Leben wohl große Angst, denn er war ganz weiß im Gesicht geworden und fing jetzt an zu stottern:
„Aber, mein Herr, was sollen diese Späße?"
„Das sind gar keine Späße," sagte Rolf nachdrücklich, „sondern wenn Sie uns die Papiere nicht zurückgeben, sind Sie im nächsten Augenblick ein toter Mann, verstanden? Und Ihre Leute werden auch kaum davonkommen, wenn mein schwarzer Freund mit ihnen zusammengerät"
Der Offizier schielte zu Pongo hin, der in der geduckten Haltung, mit dem mächtigen, blitzenden Messer in der Hand direkt einen unheimlichen Eindruck machte. Dann streckte er Rolf schnell unsere Pässe entgegen und sagte:
„Bitte, mein Herr, hier sind Ihre Papiere. Aber ich muß Ihnen doch sagen, daß das Visum unserer Regierung fehlt; Sie werden ständig Unannehmlichkeiten dadurch haben."
„Das Visum wird mir General Zacatecas morgen geben," entgegnete Rolf kurz, „und ich möchte Sie nochmals bitten, mich zur frühesten Stunde anzumelden. Mein Geschäft, das ich mit dem General abschließen will, verträgt keinen Aufschub."
„Um sieben Uhr betritt der General seine Geschäftszimmer," sagte der Offizier, „ich werde Sie für diese Stunde anmelden."
„Gut, Herr Cordova," lächelte Rolf jetzt, „Ich bedaure, daß wir uns von Anfang an nicht so gut verstanden haben, aber ich hoffe, daß wir noch privatim gemütlich beisammen sein werden, wenn ich mich mit dem General geeinigt habe."
Cordova machte nur eine Verbeugung, offenbar wußte er nicht, ob er Rolfs Worte als Ernst oder Ironie auffassen sollte, dann sagte er aber:
„Das hoffe ich auch, mein Herr. Sie gestatten wohl, daß ich mich jetzt mit meinen Leuten zurückziehe."
„Aber gern, Herr Cordova, und wenn Sie mich wieder einmal besuchen, können Sie es ruhig ohne diese Begleitung tun. Ich lege auf derartige Ehrenbezeugungen keinen Wert."
Jetzt blitzte es allerdings in den Augen des Offiziers böse auf, aber er wagte doch nichts zu sagen oder gegen uns zu unternehmen. Er rief seinen Leuten einige Worte zu, worauf sich die braunen Burschen sofort eiligst aus der Tür drückten. Offenbar waren sie sehr froh, daß sie aus Pongos Nähe kamen.
Cordova machte uns nochmals eine Verbeugung, schielte mißtrauisch nach unseren Pistolen und zog sich rückwärts zur Tür zurück. Ich glaube, er war sehr froh, als er endlich draußen war.
Rolf machte ein sehr ernstes Gesicht.
„Jetzt haben wir die Sache sehr schön angefangen," meinte er, „denn dieser Cordova wird dem General natürlich die ungünstigste Schilderung über uns geben. Da haben wir morgen einen sehr schweren Stand."
„Ich befürchte überhaupt, daß wir gar nicht so einfach vor den General gelangen können," wandte ich jetzt ein. "Wenigstens würde ich mich sehr wundern, wenn Cordova sich diese Schlappe gefallen ließe. Vielleicht schickt er doch noch Soldaten, um uns verhaften zu lassen."
„Das würde ihm allerdings ähnlich sehen," lachte Rolf, „aber ich glaube, sie werden uns heute in Ruhe lassen. Die Soldaten, die hier im Zimmer waren, kommen bestimmt nicht wieder, und sie werden ihren Kameraden schon genug von Pongo erzählen."
„Rolf," sagte ich, „mir scheint plötzlich, als ob es doch entschieden besser wäre, daß wir beide morgen allein zum General gehen. Pongo lassen wir hier, er kann uns vielleicht helfen, wenn wir dort in irgend eine Patsche geraten sollten."
„Daran habe ich auch schon gedacht," meinte Rolf, „allerdings müssen wir ihm für diesen Fall noch einige Instruktionen geben."
Doch unser schwarzer Freund sagte:
„Massers nichts sagen, Pongo wissen. Wenn Massers gefangen, Pongo befreien."
Das war kurz und bündig gesagt, und wir wußten, daß wir uns in jeder Beziehung auf ihn verlassen könnten. Trotzdem sagte Rolf noch:
„Gut, Pongo, wir verlassen uns auf dich. Vergiß aber nicht, daß du im äußersten Fall vielleicht Hilfe bei dem jungen Mexicaner de Lorencez findest, der mit uns unter dem Waggon fuhr."
„ Pongo schon wissen," sagte der Riese etwas beleidigt, „wäre zu tapferem Masser gegangen."
Er hatte also diesen Ausweg auch schon ins Auge gefaßt und jetzt sah ich den Ereignissen des kommenden Tages mit viel größerer Ruhe entgegen. Wieder klopfte es, und jetzt erschien der Geschäftsführer mit sehr ängstlicher Miene.
„Meine Herren," flüsterte er, „bitte, verraten Sie mich nicht. Aber Sie waren
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