Rolf Torring 031 - Auf den Pfaden der Inkas
furchtbare Kraft dieses unheimlichen Explosivstoffes sehen."
„Herrgott, dann müssen wir die Stadt schnellstens verlassen," rief Rolf.
„Dazu soll es ja zu spät sein," gab der Professor zurück, „das Feuer brennt unter uns und soll sich schon in den oberen Raum, den wir passieren müssen, durchgefressen haben. Lassen Sie den Alten ruhig los, er soll sehen, wie er sich selbst retten kann."
Taumelnd strebte der alte Inka der Tür zu, kaum daß er Rolfs klammernde Fäuste nicht mehr fühlte, und verschwand. Die junge Indianerin rief dem Professor einige Worte zu und folgte ihm.
„Schnell hinterher," rief Thomson, „sie sagte mir, daß eine Rettung doch noch möglich sei."
„Das ist aber fraglich," sagte Rolf, „wir wollen ruhig erst sehen, was dort hinter dem Lamafell steckt. Vielleicht befindet sich dort ein geheimer Ausgang."
„Den hätte doch der Alte selbst benutzt," rief Thomson aufgeregt, „schnell, kommen Sie hinaus. Ah, doch zu spät," unterbrach er sich entsetzt.
Aus dem Gang brach heller Feuerschein von giftiger, grünlicher Glut. Er wuchs schnell, und es zischte und pfiff draußen, als stände die Eruption eines Kraters bevor.
„Folgen Sie!" brüllte Rolf den Professor an und eilte auf das Lamafell zu, das sich so leise bewegt hatte. Er riß es von der Wand, und wir sahen einen engen, dunklen Spalt, der aber schräg nach oben führte.
„Hinauf," brüllte Rolf wieder, „er wird oben neben der Höhle münden." Damit verschwand er schon in dem engen Spalt, und wir folgten ihm eiligst. Pongo machte den Schluß, jetzt, nachdem sich das drohende Unheil in seiner wahren Gestalt gezeigt hatte, war er wieder völlig der alte unerschrockene Mann, den nichts aus der Ruhe brachte.
Wie Rolf geahnt hatte, mündete dieser Schacht tatsächlich in der Nähe der Höhle, in der wir unsere Sachen untergestellt hatten. Es war die Öffnung, die Pongo durch das Fortrollen des mächtigen Steines freigelegt hatte. Nur dadurch war sie vielleicht den jetzigen Bewohnern der Stadt unbekannt geblieben, aber unser schwarzer Freund hatte das Geheimnis doch durch sein wunderbares Gehör entdeckt. Er hatte Geräusche aus der Schatzkammer vernommen.
Wir durften keine Sekunde verlieren, denn die Explosion des ,heiligen Feuers' konnte in jeder Sekunde erfolgen. Rolf war schon in die Höhle gesprungen und warf uns Büchsen und Rucksäcke bereits entgegen. In aller Eile schnallten wir unser Gepäck um und warfen die Büchsen über die Schulter. Dann eilten wir im Sturmschritt durch die leeren Straßen und gewannen bald das breite Tor, das ins Freie führte.
Als wir die steilen Stufen hinunterrasten, sahen wir viele Indianer und Frauen unten in den Wald fliehen. Sie kannten ja alle die Furchtbarkeit des „heiligen Feuers". Zu meiner großen Freude bemerkte ich auch den alten Inka und das junge Mädchen, die als letzte den schützenden Bäumen entgegenschritten.
Wir durften nicht wagen, dort in den Wald zu dringen, wir mußten zur anderen Seite, denn dort gegen Westen lauerten ja die Wald-Indianer auf uns. Nun hieß es, in weitem Bogen um die Stadt herumzueilen. Ungefähr 50 Meter mochten wir in rasender Eile zurückgelegt haben, als die Erde bebte. Wir drehten uns um und sahen den ganzen Felskegel, auf dessen Gipfel die geheimnisvolle Stadt stand, in gleißendem Feuer. Sekundenlang umhüllte diese gewaltige Glut den Fels, dann erfolgten dumpfe Explosionen in rascher Reihenfolge, und nach wenigen Minuten bildeten Berg und Stadt einen Trümmerhaufen. Unter ihm lag der Schatz der Inkas unrettbar verloren.
Wir standen noch wie erstarrt und blickten das gewaltige Schauspiel an, da brach plötzlich die Dunkelheit herein. Und gleichzeitig erschollen im westlichen Wald seltsame Rufe, die aber von Menschen zu stammen schienen.
„Schnell, kommen Sie nach Osten," flüsterte da Thomson erschrocken, „das sind die Kriegsrufe der Waldindianer. Sie müssen uns gesehen haben und gehen jetzt an die Verfolgung. Schnell, fort von hier."
„Aber, Herr Professor, dann kommen wir ja nach Brasilien," rief Rolf.
„Das ist immer noch besser, als wenn wir ihnen in die Hände fallen," sagte Thomson bestimmt.
Und so blieb uns nichts übrig, als in den nächtlichen Urwald einzudringen, nach Osten, dem fernen Brasilien entgegen.
Unsere weiteren Erlebnisse habe ich im nächsten Band beschrieben. Sie sollten nicht weniger rätselhaft und gefährlich als die soeben erzählten sein.
Band 32: „ In den Urwäldern des Amazonas".
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