Rolf Torring 081 - Der Ganges-Dämon
uns die Autos dahinfuhren, die die Gäste zum „Krokodil" brachten.
Wie leicht konnte die Röhre, in der wir steckten, durch die Erderschütterungen in sich zusammen fallen! Dann waren wir rettungslos verloren! Ich atmete auf, als sich der Gang in der Höhe und Breite erweiterte. Jetzt konnten wir bequem aufrecht gehen.
Die Wände bestanden hier aus dicken, uralten Steinquadern. Der feste Steinboden und die leicht gewölbte Decke bewiesen, daß wir in die unterirdischen Räume des ehemaligen Tempels eingetreten waren, auf dessen Resten Kü-Mang sein Restaurant erbaut hatte.
Rolf war nach wenigen Schritten in dem fast hallenartigen Raum stehengeblieben und sagte leise:
„Meiner Schätzung nach befinden wir uns jetzt in gleicher Höhe mit dem Haus Kü-Mangs. Zehn Meter vor uns muß der Kanal fließen. Dort wird in der Treppe eine Klappe sein, durch die Pongo in die Nähe des Wassers auf die Stufen gelegt worden ist. Ich möchte behaupten, daß durch den Gang auch die anderen Reisenden, die spurlos verschwunden sind, geschleppt worden sind. Der Inder, Herr Colonel, den Sie zusammen mit Herrn Lorry befragt haben, wird beobachtet haben, wie das Krokodil von der Marmortreppe vor uns das unglückliche Opfer ins Wasser gerissen hat."
„Das würde bedeuten, daß Kü-Mang doch schuldig ist," stellte der Colonel fest. „Ich hätte ihn gleich verhaften sollen. Wollen wir umkehren, um das Versäumte nachzuholen?"
„Kü-Mang wird nicht fliehen, wenn nicht alles täuscht," erwiderte Rolf. „Wir müssen die alten Räume hier genau untersuchen, um Beweismaterial gegen den Täter zu finden. Ich will wieder vorangehen. Vorsicht!"
Wir schritten, den gleichen Abstand wie vorhin einhaltend, weiter. Aber der Gang war bald zu Ende. Wir standen in einem quadratischen Raum.
Uns gegenüber sahen wir die zum Fluß hinabführende Treppe. Kräftige Metallschienen an einigen Stufen bewiesen, daß sie aufklappbar waren. Hier war also Pongo hinaus gelegt worden.
Die rechte Seite wies Nischen auf, in denen Türen aus alter Bronze schimmerten. Links schien die Wand glatt. Aber vielleicht gab es auch dort verborgene Türen, die zu Nebenräumen führten.
„Wir müssen die Räume hinter den Türen auf der rechten Seite durchsuchen," meinte Rolf. „Wir wollen uns wieder verteilen. Ich werde die Türen der Reihe nach öffnen."
„Rolf, wahrscheinlich wird ein Geheimgang zum Hause Kü Mangs vorhanden sein," meinte ich. „Dadurch wäre er doch schon fast überführt."
„Fast," erwiderte Rolf mit Betonung. „Ein solcher Gang kann existieren. Das besagt aber noch nicht, daß Kü-Mang unbedingt mit den Taten im Zusammenhang steht. Ich gehe an die mir zunächst liegende Tür."
Rolf hatte noch nicht einen Schritt auf die Tür zu gemacht, als er herumschnellte. Auch wir waren herumgefahren denn hinter der linken Wand, an der wir keine Türen bemerkt hatten, war ein grauenhafter Angstschrei erklungen, ein Schrei, den eine Frau ausgestoßen haben mußte, die sich in der größten Todesangst befand.
Wir sprangen auf die Wand zu und hatten nur den einen Wunsch zu helfen, wenn wir irgend könnten. An eine Falle dachten wir in dem Augenblicke nicht. Vielleicht gab es in der Mauer eine Geheimtür, die wir öffnen konnten, wenn es uns gelang, einen verborgenen Verschluß zu finden. Ähnliche Geheimtüren kannten wir schon aus anderen Gebäuden, in denen wir Abenteuer und Kämpfe zu bestehen hatten.
Wir waren noch nicht ganz an der Mauer angelangt, als plötzlich ein Stück des Mauerwerks in der Größe einer kleinen Tür aufsprang. Aus der Öffnung fiel helles Licht. Dann tauchte eine Inderin in weißen Seidengewändern auf.
Ihr Gesicht war angstverzerrt. Mit vorgestreckten Armen schien sie stumm um Hilfe zu rufen. Wieder stieß sie einen grausigen Schrei aus. Wir sahen zwei riesige Fäuste, die ihren Arm packten. Sie wurde in die Öffnung zurück gerissen.
Die Geheimtür ging wieder zu. Aber da waren wir schon heran. Pongo gelang es, die Tür mit gewaltigem Ruck wieder aufzureißen. Wir sprangen durch die schmale Öffnung. Dabei stießen wir aneinander an. Jeder wollte der erste sein, um ein Verbrechen in letzter Sekunde zu verhindern.
Wir kamen in einen großen Raum. Er war durch Fackeln erhellt, die in bronzenen Haltern an den Wänden steckten. Zwei Chinesen schleppten die Inderin zwischen sich durch den Raum einer Tür zu, die am
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