Rolf Torring 082 - Die Tempel-Tänzerin
Plötzlich rief ein Kommando des Offiziers draußen die Polizisten zusammen.
„Es hat keinen Zweck, jetzt weiterzusuchen," meinte er. „Bleibt hier! Ich weiß schon, wie wir es machen. In spätestens zwei Stunden bin ich zurück. Haltet vor der Nische Wache! Aufpassen und nicht ins Innere eindringen, wenn sich da eine Öffnung zeigen sollte! Hier haben offensichtlich die Hirne und Hände vergangener Generationen gewirkt. Die alten Inder verstanden sich darauf, kunstvolle Menschenfallen anzulegen."
»Kaptain, ich habe eine kleine Höhle entdeckt, in der offenbar Menschen wohnen. Proviant, leere Konservenbüchsen und Schlafdecken sind da noch."
»Sehr interessant!" rief der Offizier. „Also bleibt hier und paßt gut auf! Drei Mann das Gesicht zur Felswand! Die anderen beobachten die Schlucht, dann seid ihr vor unliebsamen Überraschungen geschützt Ich werde euch lobend erwähnen, wenn alles klappt"
„Wir werden scharf aufpassen," riefen die Männer.
Draußen wurde es still. Rolf flüsterte:
„Der Kaptain ist ein sehr energischer Mann. Er wird den Eingang finden und ihn gewaltsam öffnen. Wir müssen zusehen, daß wir schnell Kapitän Farrow erreichen. Vorwärts! Aber vorsichtig!"
Ich ging am Schluß des kleinen Zuges und hielt mich einige Meter hinter Gruber, der vor mir schritt. Wenn sich eine Falltür unter meinen Gefährten öffnen sollte, hatte ich noch Zeit und Gelegenheit, zurückzuspringen und den Hinabgefallenen zu helfen.
Der Gang mochte vierzig Meter lang sein. Es mußte ungeheure Mühe gekostet haben, ihn so gerade und glatt durch den harten Stein zu führen. Aber die Arbeitskräfte in Indien waren ja billig! Früher noch billiger als heute, zumal wenn es sich um Bauten handelte, die kultischen Zwecken dienten. Daß es sich um einen Tempel handelte, bewiesen ja die aus dem Felsen herausgearbeiteten Buddha-Statuen.
Plötzlich schimmerte uns mattes Licht entgegen. Bald sahen wir Umrisse des Ganges, ehe sie der Schein unserer Lampe erreichte.
»Wir kommen anscheinend ins Freie," meinte Rolf in leicht verwundertem Tone. „Wir wollen die Lampen auf den Boden richten, falls eine Falle auf uns lauert"
Schritt für Schritt gingen wir vorwärts. Dann blieb Rolf stehen.
Er stieß einen leisen Ruf des Erstaunens aus. Als ich die kleine Gruppe erreichte — die Gefährten waren aus dem Gang herausgetreten —, war auch ich völlig verwundert, denn vor uns lag wieder eine Schlucht, deren Wände höher waren als die der verlassenen. Eigentlich war es nur ein Spalt, denn ungefähr drei Meter vor uns ragte ein riesiger Felsblock empor. Der Spalt schien rings um den haushohen Block herumzuführen, denn In einer Entfernung von etwa fünfzig Metern nach rechts und nach links sahen wir deutlich die Ecken des riesigen Blockes.
„Wir wollen herumgehen!" sagte Rolf leise. "Aber zusammenbleiben! Los! Wir gehen rechts herum!"
In der bisherigen Reihenfolge schritten wir den schmalen Spalt entlang. Es war hier nicht sehr hell, denn die Felswände waren wie der Felsblock zu unserer Linken wenigstens dreißig Meter hoch.
Merkwürdigerweise war der Boden des Schachtes völlig glatt. Nicht ein einziger Stein lag umher. Es sah fast so aus, als wären ständig fleißige Menschenhände bei der Arbeit, den Gang sauber zu halten.
Als wir die Ecke erreichten, sahen wir, daß der Gang wirklich weiterführte. Wir Umschritten so den ganzen Felsblock, denn der schmale Schacht lief rings um den quadratischen Block von je dreißig Schritt Länge und gleicher Höhe.
„Merkwürdig," meinte Rolf, als wir wieder am Ausgang des Tunnels standen, durch den wir gekommen waren, „ich habe keinen Ausweg aus dem seltsamen Naturgebilde, wie es der rings um den Felsen laufende Gang darstellt, finden können. Also muß das Geheimnis wohl im Felsblock vor uns stecken. Da, in zehn Meter Höhe befinden sich breite Spalten. Dort wird Licht ins Innere fallen. Jetzt heißt es, den Eingang zu finden."
„Sie meinen, Herr Torring, daß sich meine Kameraden in dem Felsen befinden?" fragte Gruber erstaunt "Wir haben ja schon allerhand erlebt, aber so etwas ist uns noch nicht vorgekommen. Das wäre etwas Neues. Mich erinnert es von Ferne an den 'Rachen des Satans', in dem wir einmal steckten."
„Rachen des Satans?" Das klang vielversprechend! Ich sagte deshalb sofort zu dem Matrosen:
„Herr Gruber, wenn es uns gelungen ist,
Weitere Kostenlose Bücher