Rolf Torring 089 - Der Todes-Bote
beobachtete Ihre Reiseroute, und als ich Sie ganz in der Nähe wußte, schickte ich Ihnen durch meinen Diener Hasting den Brief.
Als Beamter und als Vater spreche ich nun die Bitte aus, meine Herren: helfen Sie den Fall aufklären und bringen Sie meinen Sohn unversehrt zurück" Rolf dachte einige Zeit nach, dann sagte er: „Selbstverständlich, Herr Oberst, werden wir Ihnen helfen, soweit es in unseren Kräften steht. Vor allem brauchen wir dazu eine genaue Karte der berüchtigten Gegend, dann müssen Sie uns sagen, wann Ihrer Berechnung nach der alle vier Wochen auftauchende ,Todesbote' wieder zu sehen sein wird."
„Morgen abend, meine Herren, sind vier Wochen um. Ich nehme mit Bestimmtheit an, daß Sie, falls Sie gewillt sind, sich mit der Angelegenheit zu befassen, den 'Todesboten' auf dem Felspfad antreffen werden."
„Sind die Opfer immer an der gleichen Stelle gefunden worden, Herr Oberst?".
„Ja! Das Seltsame bei der Sache ist, daß die Stelle fast oben auf dem Bergrücken, etwa hundert Meter davon entfernt, liegt. Große Felsblöcke liegen umher; der Weg ist ziemlich steil. Außerdem macht der Pfad dort eine Biegung, so daß man nicht sehen kann, ob sich jemand hinter dem Wegknick befindet: der von Natur gegebene Ort für einen Hinterhalt. Ich nehme als sicher an, daß der Täter dort seine Opfer erwartet."
„Sind die Überfälle am Tage oder bei Nacht geschehen, Herr Oberst?"
„Meist in den frühen Morgenstunden. Aber der 'Todesbote' ist auch während der Nacht an der bezeichneten Stelle gesehen worden. Seine Rüstung soll dann geleuchtet haben; kein Wunder, daß die eingeborene Bevölkerung an eine unirdische Erscheinung glaubt.«
„Haben Sie sich noch kein Bild machen können, Herr Oberst, welchen Zweck der Krieger verfolgt? Sie sagten einmal beiläufig, daß die Opfer ausgeraubt worden seien, aber ein normaler Raubmörder stellt sich doch nicht an einer ganz bestimmten Stelle in regelmäßigen Zeitabständen offen zur Schau! Vielleicht will er durch sein regelmäßiges Auftauchen den Pfad und die Schlucht in Verruf bringen. Wahrscheinlich geschehen dort Dinge, die das Licht des Tages zu scheuen haben."
„Mir sind ähnliche Gedanken auch schon gekommen. Zuerst vermutete ich, daß die Schlucht der Schlupfwinkel einer Bande von Schmugglern sein könnte. Deshalb habe ich von der Seeseite aus die Flußmündung längere Zeit bewachen lassen. Aber es zeigte sich nichts Verdächtiges."
Rolf blickte eine Weile versonnen vor sich hin, hob dann den Kopf und sagte:
„Herr Oberst, wir werden uns heute nacht die Gegend ansehen."
„Wollen Sie mit Ihrem Freund allein dorthin, Herr Torring? Das kann ich auf keinen Fall zulassen. Ich schicke Sie ja geradenwegs in Ihr Verderben!"
„Sie haben uns doch gerufen, Herr Oberst, um die Sache aufzuklären. Wenn ich mit Hans und Pongo gehe, wird das kaum auffallen. Ihr Sohn hat sicher mehrere Beamte mitgenommen und ist deshalb beobachtet worden. Wir sind es gewohnt, uns unauffällig zu benehmen. Lassen Sie uns ziehen! Nur wenn wir bis übermorgen nicht zurück sein sollten, würde ich bitten, die Gegend von Polizei oder Militär durchkämmen zu lassen."
Der Oberst machte noch Einwendungen, aber Rolf zerstreute sie. Schließlich brachte er uns in unsere Zimmer, wo uns Maha freudig begrüßte, den Obersten aber etwas mißtrauisch anblickte. Darauf flüsterte ihm Pongo ein paar Worte ins Ohr; sofort ging Maha auf den Oberst zu und rieb seinen Kopf an seinen Beinen.
„Sie müssen Maha in Ihre Obhut nehmen, Herr Oberst," sagte Rolf. „Er gehorcht tadellos, auch wenn wir nicht hier sind. Sollten wir nicht zurückkehren, setzen Sie ihn auf unsere Spur. Er wird uns leichter finden als ein ganzes Regiment Soldaten."
Der Oberst war einverstanden, und da wir uns umziehen mußten — wir trugen noch immer die Kleidung einfacher Inder —, nahm er unseren treuen vierbeinigen Freund gleich mit in sein Zimmer.
Rolf erklärte Pongo während des Umziehens, worum es sich handelte. Wir verabredeten, daß Pongo uns mit Abstand folgen sollte, damit wir eine Rückendeckung hatten.
Bald waren wir zum Aufbruch fertig. Auf Rolfs Klingelzeichen erschien Hasting und führte uns zu Oberst Longfield. Da eine genaue Karte der Gegend nicht existierte, hatte uns der Oberst inzwischen eine sehr übersichtliche Skizze gezeichnet, die er uns eingehend erklärte. Bald wußten wir in der
Weitere Kostenlose Bücher