Rolf Torring 104 - Zum Tode verurteilt
erhielt, die Stadt sofort verlassen.
„Wie wollen Sie Tinna überführen, Herr Torring? Sie haben doch keine direkten Beweise gegen ihn?" fragte Rollow zum Schluss.
„Wir können ihn nur überrumpeln, indem wir sagen, wir hätten Labuta gefangengenommen. Vielleicht verrät er sich dann selbst," erwiderte Rolf.
„Schade, Herr Torring, daß das Zwergenvolk geflohen ist. Jetzt haben Sie auch keinen Beweis dafür, daß ein solches Volk auf Sumatra existiert. Ich habe zwar auch davon gehört, an seine Existenz aber nicht geglaubt"
„Es gibt noch mehr Zwergmenschen, Herr Kommissar," meinte ich „Sie werden doch sicher schon einmal von dem deutschen U-Boot-Kapitän Farrow gehört haben."
„Selbstverständlich, Herr Warren. Der deutsche Kapitän wird ja von den Engländern und vor allem von den Franzosen wie eine Stecknadel gesucht und hat sich doch bisher allen Nachstellungen geschickt entziehen können. Ich persönlich achte den Mann sehr, denn überall, wo er auftaucht, hilft er Unglücklichen."
„Kapitän Farrow hat mir selbst einige seiner Erlebnisse und Abenteuer erzählt. So hat er einmal auf den Tigerinseln bei Celebes ein Zwergenvolk angetroffen, das auf hohen Bäumen lebte. Vielleicht besuchen auch wir einmal die Tigerinseln und suchen nach dem Zwergenvolk dort."
„Ihr Leben möchte ich führen, meine Herren," seufzte Kommissar Rollow. „Sie erleben immer und überall Interessantes, fahren nach Belieben hierhin und dorthin und bleiben da, wo es Ihnen gerade gefällt. Wir sitzen jahraus, jahrein an dem gleichen Ort und sterben allmählich vor Langeweile innerhalb des Dienstbetriebes, der im Grunde wirklich wenig Abwechslung bietet. Man döst so hin und verblödet, wenn man nicht gute Bücher und ein wenig geselligen Verkehr hat, der einen ab und zu einmal aus dem Einerlei befreit."
„So einfach, wie Sie sich das vorstellen, Herr Kommissar, ist unser Leben als Globetrotter nun auch nicht," lächelte Rolf. „Wir sind oft schon in sehr gefährliche Situationen gekommen und lebten sicher längst nicht mehr, wenn wir nicht unseren treuen Pongo und den zuverlässigen Maha bei uns hätten."
„Mich reizt es, einmal selbst nach dem Zwergenvolk zu forschen," meinte Rollow plötzlich. „Ich kann der Regierung mitteilen, daß Sie das Zwergenvolk entdeckt haben, es aber vor Ihnen geflohen ist. Vielleicht erhalte ich die Erlaubnis, eine kleine Expedition auszurüsten."
Rolf schmunzelte vor sich hin, denn es war nur zu deutlich, wie stark den Kommissar die Abenteuerlust gepackt hatte, der am liebsten gleich mit uns mitgezogen wäre.
„Wo geht die Reise denn von Palembang aus hin?" erkundigte sich Rollow weiter.
„Wir müssen zunächst in Batavia etwas erledigen, Herr Kommissar," antwortete Rolf. „Wo es dann weiter hingeht, wissen wir selbst noch nicht. Vielleicht von Java aus nach Borneo, wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt."
Eine Pause entstand.
„Ich wollte Sie noch um eine kleine Gefälligkeit bitten," fuhr Rolf fort. „Unsere Besatzung besteht nur aus dem Bootsführer John und dem Chinesenjungen Li Tan. Da wir aber oft auch nachts auf Fahrt sind, brauchen wir noch einen zuverlässigen Menschen. Wissen Sie zufällig jemand, der auch von der Seefahrerei etwas versteht?"
„Es käme darauf an, Herr Torring, ob Sie einen jungen Draufgänger oder einen älteren, erfahrenen Mann suchen. Ich kenne in Palembang einen früheren Kapitän, sogar einen Landsmann von Ihnen, er heißt Hoffmann. Er würde wohl gern wieder ein kleineres Schiff übernehmen. Wenn Sie den Mann einstellen, hätten Sie nicht nur einen vorzüglichen Seemann, sondern auch einen guten Kameraden an Bord."
„Wie alt ist Hoffmann, Herr Kommissar?"
„Anfang vierzig, schätze ich. Er ist rüstig wie ein junger Mann und versteht etwas von seinem Handwerk."
„Gut, Herr Kommissar, wir werden uns den Mann ansehen. Wir wollen zwar nicht immer auf dem Meer herumgondeln, aber ein paar Monate brauchen wir die Jacht noch, da wir noch eine ganze Reihe Inseln anlaufen wollen. Wenn wir später wieder einmal eine längere Landreise unternehmen, wird sich für den Mann schon etwas Passendes finden."
Der Gedanke Rolfs, einen Kapitän an Bord zu nehmen, war entschieden gut, denn wir waren keine geübten Seefahrer, wir hatten bisher nur mit dem Wetter außerordentliches Glück gehabt. Wenn aber einmal ein Sturm aufkommen
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