Rolf Torring 120 - Der grüne Käfer
wiederholt um: kein Mensch folgte uns.
Unangefochten erreichten wir das Arbeitszimmer Tuin Kolos. Es hatte, wie wir uns sofort überzeugten, nur die eine Tür, durch die wir den Raum betreten hatten. Fest schlossen wir die Tür von innen zu. Tuin Kolo mußte sich auf einen isoliert stehenden Sessel setzen.
„Jetzt sind wir ganz unter uns, Mister Kolo," begann Kennt wieder, „und können in Ruhe miteinander reden." Zu uns gewandt fuhr er fort: „Es ist Ihnen doch recht, meine Herren, wenn ich auch hier das Wort führe?"
Wir nickten ihm zu. Bisher hatte sich der Professor großartig benommen Ich staunte immer wieder über seine Kaltblütigkeit.
„Erzählen Sie uns möglichst viel über die Sekte der ,grünen Käfer', Mister Kolo, und sagen Sie uns auch, aus welchem Grunde Sie auf unsere Mitgliedschaft Wert legen würden."
»Es würde einem Verrat gleichkommen," wiederholte der alte Chinese sinngemäß, was er schon betont hatte, „wenn ich Ihnen von dem Bund erzählen würde, ehe Sie Mitglieder geworden sind. Weshalb der Bund auf Ihre Mitgliedschaft Wert legt, will ich Ihnen sagen: wir brauchen überall unerschrockene Männer. Als ich erfuhr, daß die Herren Torring und Warren hinter das Geheimnis des Bundes kommen wollten, stand mein Plan fest. Wenn Sie unserem Bunde beitreten, werden Sie nie mehr unrechte Handlungen begehen."
Rolf lenkte auf ein anderes Thema, da er unsere Namen genannt hatte:
„Wo ist unsere Jacht? Was ist mit unseren Kameraden geschehen?"
„Ihre Leute sind unversehrt auf Ihrer Jacht, die in einer kleinen Bucht des Stromes Anker geworfen hat. Auch Ihr Gepard ist wohlauf."
„Wir können einer Vereinigung nicht beitreten," nahm Professor Kennt wieder das Wort, „wenn wir nicht wissen, welche Ziele sie verfolgt."
„Ich bin überzeugt, meine Herren, daß Sie beitreten würden, wenn Sie den Zweck und die Aufgabe des Bundes kennten. Aber auch mir muß der Mund Nichtmitgliedern gegenüber verschlossen bleiben. Ich mache Ihnen einen letzten Vorschlag: überlegen Sie sich die Sache bis morgen und seien Sie bis dahin in Freiheit meine Gäste. In Freiheit, das heißt, Sie dürfen in dem alten Kloster, in dem Sie sich jetzt befinden, völlig frei umher gehen und sich alles ansehen, was Sie wollen, Sie dürfen nur nicht das Gebäude verlassen. Natürlich müssen Sie mir das Versprechen geben, nicht zu entfliehen. Ich würde mich auf Ihr Wort verlassen und Ihnen keinen Wächter bestellen."
„Und was geschieht, wenn wir zu dem Schlusse kommen sollten, die Mitgliedschaft des Bundes nicht zu erwerben?"
„Dann — werde ich Sie an einen Ort bringen, von dem Sie nicht entfliehen können. Sind Sie einverstanden?"
„Soweit ja, Mister Kolo! Wir müssen nur noch die Bedingung stellen, daß wir uns morgen genau wie jetzt mit Ihnen unterhalten können, daß Sie nämlich unbewaffnet sind, wir aber die Schwerter mitbringen dürfen."
Ein fast mitleidiges Lächeln glitt über das Gesicht des Chinesen:
„Tuin Kolo kennt keine Hinterlist, er wird nicht bewaffnet sein. Ich werde jetzt die Anweisung geben, daß Sie sich frei im ganzen Kloster bewegen dürfen."
Wir nahmen den Vorschlag offiziell an, Tuin Kolo stand auf und schlug auf einen Gong. Rolf entriegelte gleichzeitig die Tür. Ein junger Chinese erschien, der, sich tief verneigend, nach des Meisters Wünschen fragte.
In seiner Muttersprache gab Tuin Kolo die nötigen Anweisungen. Professor Kennt nickte befriedigt. Zum Schluss hatte Tuin Kolo dem jungen Bruder aufgetragen, Tee und Liköre für die Fremden zu servieren.
Das geschah. Wir unterhielten uns noch lange mit Tuin Kolo über alle möglichen Fragen. Die meisten drehten sich um den chinesischen und indischen Glauben und ihre Lehren. Tuin Kolo vertrat die Ansicht, daß es noch einen Gott geben müsse, den die Menschen nicht kennten.
Später wurde uns ein Zimmer angewiesen, das bequemer war als das, in dem wir bisher gewesen waren. Wir unterhielten uns über das Geheimnis des „grünen Käfers", und Rolf behauptete, schon eine vage Ahnung zu haben. Wir machten erstaunte Gesichter, aber mein Freund rückte nicht mit der Sprache heraus.
„Wir müssen die Möglichkeit, uns frei im ganzen Hause bewegen zu dürfen, ausnützen, hinter das Geheimnis zu kommen," war Rolfs Ansicht. „In Tuin Kolos Zimmer sah ich ein Buch, dessen Rücken ein grüner Käfer schmückte. Das Buch
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