Rolf Torring 120 - Der grüne Käfer
Wir waren über die Entscheidung sehr verwundert, fügten uns aber seinem Wunsche.
Die drei Tage bis zum Eintreffen Pongos vergingen schnell. Seinem Gesicht sah man die Freude an, wieder bei uns zu sein. Pongo und die Schiffsbesatzung hatten sich auf der Jacht frei bewegen können, aber sie nicht verlassen dürfen. Natürlich hatte uns Pongo schon suchen wollen. Er würde uns auch gefunden haben, aber eine innere Stimme hielt ihn davon ab. Rolf erzählte dem schwarzen Riesen in kurzen Worten, was wir hier erlebt hatten und daß wir morgen aufbrechen würden, um eine weiße Göttin zu finden. Tuin Kolo begrüßte Pongo und unterhielt sich durch einen Dolmetscher längere Zeit mit ihm.
In der Frühe des nächsten Morgens brachen wir auf. In Sänften wurden wir durch das Gebirge getragen. Nur Pongo hatte sich geweigert, eine Sänfte zu besteigen. Ihm machte die Bergkraxelei nichts aus. Tuin Kolo begleitete uns. Fast zwei Tage lang ging es bergauf und bergab. Da wir nachts nur kurze Rast einschoben, kamen wir schnell vorwärts. Die Sänftenträger wechselten einander wiederholt ab.
Am Abend des zweiten Tages machten wir vor einer großen Höhle halt. Die Träger sollten hier bleiben und auf uns warten. Tuin Kolo hatte Proviant für zehn Tage mitnehmen lassen; Wasser gab es zur Genüge im Gebirge.
Der Chinese führte uns die halbe Nacht zu Fuß weiter. Von unseren Waffen, die wir zurückerhalten hatten, hatten wir nur die Pistolen zu uns gesteckt. Außerdem hatten wir die Ferngläser mitgenommen.
Kurz nach Mitternacht machte Tuin Kolo halt und deutete auf einen Abgrund:
„Hier beginnt das Tal der weißen Göttin. Ganz hinten im Tal liegt der Tempel, in dem die Göttin wohnt. Hier hinabzusteigen ist unmöglich."
Wir überzeugten uns, daß es so war. Das Tal selbst konnten wir in der Dunkelheit der Nacht nicht erkennen.
„In der kleinen Höhle hier zur Rechten können wir die Nacht verbringen," sagte Tuin Kolo. „Von früheren Besuchen habe ich genügend Decken darin. Eine Wache brauchen wir nicht auszustellen; hierher verirrt sich kein Mensch."
Wir schliefen bis in den Morgen hinein. Als Pongo uns weckte, war die Sonne schon aufgegangen, aber dichter Nebel verhüllte das Tal.
„Der Nebel verzieht sich in einer Stunde," erklärte uns Tuin Kolo, „dann können Sie das Tal genau überblicken."
Am Rande des Abgrunds gingen wir weiter, bis wir an der Stelle standen, wo nach Tuin Kolos Meinung der Tempel der weißen Göttin im Tale stand. Hier warteten wir, bis sich der Nebel verzog.
Endlich war es so weit. Der Nebel fiel, einzelne Schwaden trieb eine leichte Brise über die Berge hinweg, so daß wir zeitweilig von Dunstwolken eingehüllt waren. Dann lag das Tal mit einem Male im strahlenden Sonnenschein unter uns. Ich schätzte die Tiefe, die sich vor uns auftat, auf einhundertfünfzig Meter. Mit bloßem Auge konnte man deutlich die Menschen geschäftig hin- und hereilen sehen. Durch die Gläser erkannten wir, daß es sich im Tale ebenfalls um Chinesen handelte.
Das Tal zog sich lang hin. Wir sahen bebaute Felder. Immer mehr Menschen tauchten auf. Einhundert, zweihundert überschlug ich ihre Zahl. Sie konnten sich unmöglich alle von dem Ertrag der Felder ernähren. Also mußte ein Ausgang vorhanden sein, den es zu finden galt.
Plötzlich meinte Rolf:
„Schaut mal dorthin! Da werden Pferde mit Ballen beladen. Sie werden uns wahrscheinlich den Ein- und Ausgang des Tales zeigen."
Tuin Kolo gestand, daß er die Tiere schon bei früheren Besuchen beobachtet, aber ihren Weg nicht weiter verfolgt habe, da er annahm, daß sie nur zum Transport innerhalb des Tales verwendet würden. Er machte Rolf für seine Aufmerksamkeit eine Eloge.
Wir ließen die Gläser nicht von den Augen, denn die Tiere wurden eben fortgeführt. Sie durchmaßen das Tal bis zu einem Ende, das durch einen riesigen Felsblock versperrt war. Zu unserem Erstaunen wurde der Block fort gewälzt. Hinter dem Block tat sich eine Höhle auf.
„Das ist keine Höhle, Hans," sagte Rolf sofort, „das ist ein Tunnel durch den Berg! Schnell zur anderen Seite! Vielleicht sehen wir die Tiere mit ihren Führern aus dem Berg hervortreten."
Bis zur anderen Seite hatten wir keinen weiten Weg, denn wir standen auf einem Felsgrat. Wir mußten eine ganze Weile auf der gegenüberliegenden Seite warten, bis wir erkannten, daß an einer Stelle ein
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