Rolf Torring 120 - Der grüne Käfer
schwieg der Chinese wiederum. Noch einmal mußte Rolf drohen, ihn unweigerlich aufzuhängen, wenn er nicht mit der Sprache herausrücke.
Da endlich bekannte der Gefangene: „Tuin Kolo haben Tolan beauftragt."
„ Wer ist Tuin Kolo?" fragte Rolf.
„ Tuin Kolo ist Herr der ,grünen Käfer'. Tolan jetzt sterben muß, da den Namen Tuin Kolo verraten."
„Den Namen kannten wir längst, Tolan. Sag uns jetzt, wo wir Tuin Kolo finden."
„Tolan nichts mehr sagen dürfen."
„Du bist frei, Tolan, und kannst das Land unbehelligt verlassen, wenn du uns sagst, wo wir Tuin Kolo finden "
„Die Herren nicht kennen die Macht von Tuin Kolo. Groß ist seine Macht, allmächtig sein Arm, die ,grünen Käfer' überall im Lande."
Wir hatten auf Maha nicht genau achtgegeben und nicht beachtet, daß das treue Tier sehr unruhig geworden war. Mit einem Male hörten wir ein großes Geschrei und — da wimmelte es schon an Bord von Chinesen, die mit affenartiger Geschwindigkeit über die Reling kletterten. Ehe wir uns von der ersten Überraschung erholt hatten, waren wir umringt. Nasse Sandsäcke sausten auf uns hernieder. Ich sah gerade noch, wie Pongo zusammenbrach, dann schwand mir das Bewusstsein.
***
Als ich nach Stunden erwachte, befand ich mich noch auf unserer Jacht. Schwer gefesselt lag ich auf dem Ruhebett. Rolf und Professor Kennt, ebenfalls stark gebunden, saßen am Tisch. Die Deckenbeleuchtung brannte und beschien das Gesicht eines unsympathischen Chinesen, der ebenfalls am Tische saß, Rolf und dem Professor gegenüber.
Ich bemerkte, als ich meine Gedanken gesammelt hatte, daß sich die Jacht in Fahrt befand. Wagten die Chinesen es, bei Dunkelheit den Strom hinaufzufahren?
Rolf blickte mich lächelnd an. Er schien, was hier vor sich ging, irgendwie amüsant zu finden. Ich fragte ihn deshalb in deutscher Sprache:
„Freust du dich etwa, daß wir überrumpelt worden sind, Rolf?"
„Wir hätten es nicht besser treffen können. Jetzt werden wir schneller bei Tuin Kolo sein, als wenn wir selbst nach dem Sektenführer gesucht hätten."
Der Chinese betrachtete uns mißtrauisch von der Seite und sprach uns an — auch in deutscher Sprache:
„Freuen Sie sich nicht zu früh, meine Herren"
„Wir haben euch nichts getan, daß ihr uns auf unserer Jacht überfallt."
„Ihr habt unsere Brüder gefangengenommen, ihr drängt euch in unseren Glauben, ihr wollt den Sitz des Meisters erfahren."
Rolf antwortete nicht, er war ebenso verblüfft wie ich, daß der Chinese deutsch verstand und sprach. Aber der Mann schien auch keine Antwort erwartet zu haben.
Erst nach einer ganzen Weile, während der der Chinese In dem kleinen Raum auf und ab gegangen war, sagte er mehr zu sich selbst als zu uns, indem er sich wieder der deutschen Sprache bediente:
„Tuin Kolos Wohnsitz hättet ihr nie erfahren. Er ist nirgendwo zu finden."
Rolf versuchte wiederholt, den Chinesen durch geschickte Fragen zu reizen, daß er unbedacht doch etwas sagte. Aber der Schlitzäugige hatte sich gut in der Gewalt. Rolf erreichte sein Ziel nicht. Schließlich verließ der Chinese den Raum.
Jetzt konnten wir uns ungestört leise unterhalten.
„Wo mögen die Kameraden sein?" fragte Rolf. „Pongo vor allem! Er ist unsere letzte Hoffnung."
„Hoffentlich unsere Rettung" meinte ich.
„Was mag mit Maha geschehen sein?" fragte Rolf weiter.
„Ich befürchte, daß die Chinesen das Tier getötet haben," vermutete Professor Kennt.
Eine Weile war es still zwischen uns, dann fuhr Kennt fort:
„Ich vermute, daß wir bald in der Provinz Jün-Nan sind. Dort wird Tuin Kolo irgendwo im Gebirge wohnen. Nach meiner Berechnung werden wir in achtundvierzig Stunden Anker werfen."
„Warum soll Tuin Kolo gerade im Gebirge wohnen?" wollte Rolf wissen.
„Weil es da genügend Höhlen und andere Schlupfwinkel gibt, die so leicht kein anderer Mensch findet."
„Einen erfolgversprechenden Plan können wir erst fassen, wenn wir an Ort und Stelle sind," warf ich ein.
„Warum schleppt man uns eigentlich erst zum ,Meister'?" fragte Rolf.
„Eine bestimmte Absicht werden die Chinesen wohl damit verbinden," meinte der Professor.
„Aber welche?!" gab ich zu bedenken.
„Vielleicht sollen wir als Mitglieder der Sekte des 'grünen Käfers' aufgenommen werden," lachte
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