Rolf Torring 122 - Tibetanische Geheimnisse
größerem Nutzen sein konnte, wenn er hier zurückblieb.
Als ich mich in eine andere Lage wälzte, blickte ich unwillkürlich zur Höhe empor, auf der der Heilige stand. Die Bergkuppe konnte ich deutlich sehen, der Heilige — war verschwunden.
Ich machte die Gefährten darauf aufmerksam. Sie waren so überrascht wie ich, aber eine Täuschung war ganz ausgeschlossen. Die Bergkuppe erkannten wir wieder.
Eine Weile schwiegen wir alle vier, dann meinte der Professor lächelnd:
„Der Bergheilige war also eine Falle!"
„Dann weiß er auch, daß wir jetzt hier lagern, und im Kloster weiß man es auch schon," folgerte Rolf.
„Vielleicht haben wir uns in der Bergkuppe doch getäuscht," warf ich ein.
„Ausgeschlossen!" antwortete Rolf.
„Es stimmt schon, der Heilige hat seinen Platz verlassen."
Auf den Zügen des Professors machte sich wieder das mir einigermaßen unverständliche Lächeln breit. Er wollte damit wohl zweierlei andeuten, daß er die Sache nicht weiter tragisch nähme und daß er sich trotzdem den Mönchen des Klosters gegenüber überlegen fühle.
„Wenn wir die ,Wasserleitung' benutzen, wird man uns kaum entdecken," ermutigte ich Rolf, der sehr nachdenklich geworden war.
Wir legten die Uhrzeit fest, zu der wir nach dem Bach aufbrechen wollten.
Nach einer halben Stunde war es völlig finster. Pongo hatte eine zwar kleine, aber sehr versteckt liegende Höhle entdeckt, die wie für die Aufnahme unserer Habseligkeiten geschaffen schien.
In der Höhle brachten wir Maha und unsere Sachen unter. Pongo selbst wollte die Höhle, von der aus er das Kloster gut übersehen konnte, erst aufsuchen, wenn wir hinunter geklettert waren, damit er das Seil mitnehmen konnte.
Da die Nacht sicher recht kalt werden würde, behielten wir die dicken Jacken an und schnallten die Gurte darüber, um die Pistolen jederzeit greifbar zu haben
Dann begannen wir den Abstieg. Professor Kennt ließ sich als erster hinab, Rolf folgte, ich machte — wie üblich — den Schluss.
Als wir uns unten umschauten, lag das Kloster ganz in der Nähe. Im Mondschein machte es einen unheimlichen Eindruck, es sah wie ein Gespensterschloß aus.
Kennt führte uns zur Schlucht hinunter, durch die der Bach seinen Weg nahm. Das Wasser war nicht tief, wir konnten ihn ohne Schwierigkeiten durchwaten.
Langsam gingen wir dem Kloster entgegen. Je näher wir dem Gebäude kamen, desto steiler stiegen rechts und links des Wassers, in dem wir vorwärtsgingen, die Felsen auf. Als wir dicht vor dem Kloster waren, entdeckten wir eine dunkle Öffnung im Mauerwerk, aus der das Wasser hervorkam.
Rolf untersuchte die Öffnung.
„Ein Tunnel beginnt hier!" flüsterte er uns zu. „Er ist rund, gemauert, anderthalb Meter Durchmesser. Wir müssen uns bücken!"
Die präzisen Angaben genügten uns. Wir nahmen die Taschenlampen in die Hände, ließen ihren Schein aber erst aufflammen, als wir im Tunneleingang bereits ein paar Meter vorsichtig zurückgelegt hatten.
Das Ende des Tunnels konnten wir im Lampenschein nicht erkennen. Irgendwo in dem Tunnel mußten die Mönche das Wasser, das sie benötigten, schöpfen; das stand für uns einwandfrei fest.
Aufmerksam betrachteten wir die aus dicken Quadersteinen bestehenden Wände. Nirgendwo konnten wir eine Öffnung entdecken.
Plötzlich blinkte etwas vor uns in einiger Entfernung im Schein unserer Taschenlampen. Etwas schneller gingen wir darauf zu und standen vor einem Gitter, das uns den Weg versperrte.
Ich rüttelte daran, es gab nicht nach, und Rolf schüttelte lächelnd den Kopf. Wir hatten uns vorgenommen, in dem Tunnel nur im äußersten Notfall zu sprechen, da es möglich war, daß der Schall ziemlich weit getragen wurde.
Zu meinem Erstaunen holte Rolf jetzt aus seiner linken Jackentasche ein großes Etui hervor, das allerlei Werkzeuge enthielt. Auch eine Stahlsäge war darunter, mit der er, nachdem er sie zusammengesetzt hatte, das Gitter zu bearbeiten anfing.
Die Säge fraß sich schnell in das ziemlich weiche Eisen des Gitters hinein. Nach zehn Minuten konnten wir den ersten an zwei Stellen durchsägten Stab herausnehmen. Nun brauchte Rolf nur noch einen Stab zu entfernen, der neben dem ersten lag, dann würden wir durch das Gitter hindurch schlüpfen können.
Der zweite Stab schien aus härterem Metall oder etwas stärker im
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