Rolf Torring 124 - Die Ratten von Peking
Vorschlag würde ich zustimmen," erklärte der Professor. „Und was meint Pongo dazu?"
Professor Kennt legte auf Pongos unverbildete Meinung großen Wert, seitdem er erkannt hatte, daß der Mann, der im Urwald aufgewachsen war, einen sicheren Instinkt nicht nur für das Benehmen der Tiere, sondern auch für die Charaktereigenschaften der Menschen hatte.
„Margolo kein schlechter Mann," antwortete der schwarze Riese. „Pongo ihm vertrauen würde."
Rolf erklärte sich einverstanden, obwohl er den Vorschlag Margolos nicht für eine Falle hielt, den Zug vor Peking zu verlassen. So waren wir uns darüber klar, was wir zunächst tun mußten.
Auf der vorletzten Station vor Peking wollten wir uns trennen, auf der letzten alle heimlich den Zug nach verschiedenen Seiten verlassen und uns auf der Straße nach Peking wieder treffen. Auch Kennt und ich wollten nicht zusammen in einem Abteil bleiben.
Viel Gepäck hatten wir nicht. Außer unseren Rucksäcken hatten wir allerdings diesmal die Gewehre mitgenommen und sie nicht auf der Jacht zurückgelassen.
Im Gewühl der sich wieder an den Zug heran drängenden Chinesen trennten wir uns auf der vorletzten Station vor der Hauptstadt und suchten die Abteile auf, die uns für einen unbeobachteten Ausstieg günstig erschienen.
Ich wählte ein leeres Abteil erster Klasse im ersten Wagen hinter der Lokomotive. Da es leer war, konnte ich es wagen, ans Fenster zu treten und zu beobachten, wohin sich Rolf wandte.
Ein paar Augenblicke lang konnte ich Rolf mit den Augen verfolgen, dann verschwand er im Gewühl der sich schiebenden und durcheinanderquirlenden Menschen auf dem Bahnsteig. Wohin sich Professor Kennt gewandt hatte, konnte ich nicht verfolgen.
Gleich darauf setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Da die nächste Station nicht weit entfernt sein konnte, blieb ich am Fenster stehen und behielt den Rucksack gleich auf dem Rücken.
Fünf Minuten mochten verstrichen sein, als ich hinter mir eine Stimme hörte, die in fast akzentfreiem Englisch sprach:
„Bitte drehen Sie sich nach dem Abteil um, aber machen Sie dann keine Bewegung mehr, sonst erreichen Sie Peking nie"
Als ich auf dem Absatz kehrtgemacht hatte, blickte ich in die Mündung eines auf mich gerichteten Revolvers.
Ein Chinese stand im Abteil. Sein Gesicht war hinter einer schwarzen Maske verborgen, so daß ich es nicht erkennen konnte. Am Ringfinger seiner rechten Hand aber sah ich einen goldenen Ring mit einem schwarzen Stein, der die Form einer — Ratte hatte.
„Womit kann ich Ihnen dienen?'' fragte ich möglichst harmlos.
„Ich möchte nur eine Auskunft von Ihnen haben."
„Bitte sehr, wenn ich sie Ihnen geben kann, soll es mir ein Vergnügen sein."
„Kennen Sie Margolo, den man den 'Fürsten der Berge' nennt?"
„Ja, mein Herr"» sagte ich möglichst verbindlich und liebenswürdig.
„Stehen Sie mit ihm dm Bunde?" war die nächste Frage meines Gegenübers.
„Im Gegenteil! Der junge Fürst will an mir und meinen Freunden Rache nehmen, weil wir seinen Vater im Kampfe verwundet haben."
Der Chinese blickte mich an, als ob er meine Gedanken erraten wollte. Trotz der Maske, die er trug, konnte ich das deutlich erkennen. Endlich sagte er:
„Wir haben nicht viel Zeit. Gleich hält der Zug an der nächsten Station. Können Sie mir schwören, daß Margolo Ihr Gegner ist?"
„Ohne weiteres" antwortete ich aus ehrlichem Herzen, denn ich wußte ja noch nicht, ob der Brief des jungen Margolo eine Falle bedeutete oder aufrichtig gemeint war.
„Sie haben vor kurzem in Ihrem Abteil einen jungen Chinesen gehabt, der ein Vertrauter Margolos ist. Was wollte er bei Ihnen?"
„Sicher uns heimlich beobachten. Er hat kein Wort zu uns gesprochen."
„Dann scheine ich mich geirrt zu haben. Entschuldigen Sie die Störung, mein Herr!" sagte der Chinese und wandte sich zur Abteiltür um. Bevor er sie aber öffnete, blickte er noch einmal zurück und sagte: „Ich gebe Ihnen den guten Rat, Ihnen und Ihren Freunden: kümmern Sie sich nicht um die 'Ratten von Peking ! Sie sind gefährlich, die kleinen Biester"
Jetzt öffnete er die Tür und trat aufs Trittbrett hinaus. Immer noch hielt er die Pistole in der Hand.
Ich nahm an, daß er auf den Trittbrettern entlang zu irgendeinem Abteil hinturnen würde. Um zu sehen, welches Abteil der Mann bestieg, trat
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