Rolf Torring 127 - Gebrüder Sander
beiden Gaunern war es zuzutrauen, daß sie sofort geschossen hätten, wenn wir nur den Versuch gemacht hätten, zu den Waffen zu greifen. Tom Sander nahm uns die Pistolen aus dem Gurt und legte sie auf den Tisch. Dann nahmen die beiden uns gegenüber Platz, und der Rolf Gleichende begann in höflichem Tone:
„Sehen Sie, so können wir uns angenehmer unterhalten. Ich sah Sie heute zufällig am Hafen und wußte im ersten Augenblick nicht, was ich von Ihnen halten sollte. Sie sehen uns beiden so ähnlich, daß ich versucht war, an eine Augentäuschung zu glauben. Heimlich folgte ich Ihnen, traf zufällig meinen Bruder, und bald wußten wir, wo Sie Quartier genommen hatten. Wir folgten Ihnen zur Polizei, als Sie verhaftet worden waren. Während Ihrer Abwesenheit benutzten wir einen günstigen Augenblick, uns ins Hotel zu schleichen. Ungesehen kamen wir in Ihre Zimmer hinein. Wir wußten, daß es höchstens bis zum Abend dauern würde, bis Sie wieder frei sein und wiederkommen würden.
Die vielen Stunden, die Sie fort waren, haben wir hier auf Sie gewartet.
Wir haben — ja, ich will es frei aussprechen — wir haben eine große Bitte. Wir möchten die Pässe mit Ihnen tauschen. Das erleichtert uns die Arbeit. Nein, springen Sie nicht gleich auf! Wir werden Ihnen die Papiere zurückgeben, wenn wir das Geschäft, das wir hier in Frisko noch zu tätigen gedenken, zum erfolgreichen Abschluss gebracht haben. Dann erhalten Sie Ihre Pässe unversehrt zurück. Tom wird sie Ihnen abnehmen."
Mit unglaublicher Fingerfertigkeit, die auf jahrelange Übung schließen ließ, nahm uns „Bruder Tom" die Brieftaschen aus den Jacketts, die beide rasch durchsuchten. Als sie die Sonderausweise des Colonels mit der Unterschrift des Bürgermeisters entdeckten, lachten beide laut auf und ließen auch sie in ihren Taschen verschwinden.
Geld nahmen die beiden Gauner nicht aus den Brieftaschen heraus, sondern gaben sie uns, nachdem sie Pässe und Sonderausweise genommen hatten, zurück.
„So, meine Herren, jetzt hindert uns nichts, in San Franzisko als Rolf Torring und Hans Warren aufzutreten. Wenn Sie uns anzeigen wollen, wird kein Mensch Ihnen Glauben schenken, denn wir sind im Besitz der richtigen und der Sonderausweise. Wir dürfen Sie jetzt ganz leicht fesseln, so daß Sie sich bald wieder ohne fremde Hilfe befreien können. Uns genügt die kurze Zeit, aus dem Hotel zu verschwinden."
Während Tom uns fesselte, ließ uns sein Bruder, der sich Fred nannte, nicht einen Augenblick aus den Augen. Höflich verabschiedeten sie sich dann von uns und verließen das Zimmer — der Schlüssel steckte, sie zogen ihn heraus und legten ihn auf ein kleines Tischchen. Von draußen verschlossen sie den Raum wieder, wahrscheinlich mit einem Dietrich. Hoteltüren haben meist so einfache Schlösser, daß es dazu keiner großen Kunst bedarf.
Sofort begannen wir unsere Fesseln zu lockern. Nach einer Viertelstunde waren wir frei. In der Zeit konnten die beiden Hochstapler schon weit fort sein.
Wir steckten die Waffen, die noch auf dem Tische lagen, ein und wollten so rasch wie möglich den Colonel aufsuchen, um ihm unser Mißgeschick zu berichten.
Wir wollten gerade die Tür öffnen, als sie von außen eingedrückt wurde. Vier Polizisten unter Führung von Colonel Perkins drangen mit gezogenen Pistolen in unser Zimmer ein. Hinter ihnen standen die beiden Hochstapler und sahen uns lächelnd an.
„Hände hoch!" befahl Perkins mit fester Stimme. „Das habt ihr euch wohl nicht träumen lassen, daß die Herren Torring und Warren euch so schnell überlisten würden! Keine Widerrede! Die Sache ist klar! Der Sonderausweis sagt alles!"
„Hören Sie uns einen Augenblick an, Herr Colonel," versuchte Rolf, eine Verhandlung in Gang zu bringen „Wir sind von den Brüdern überfallen worden als wir unsere Hotelzimmer betraten. Die Hochstapler haben uns die Pässe und die Sonderausweise abgenommen. Die Gauner stehen draußen auf dem Flur. Wir sind Warren und Torring."
Der Colonel lachte. Die Polizisten lachten.
„Sie dürfen einen Colonel der Polizei in Frisko nicht für dumm verkaufen wollen, meine Herren" meinte Perkins. „Abführen! Sie, Troller, haften mir für die Gefangenen!"
Die Waffen wurden uns abgenommen. Wir wurden in Handschellen geschlossen. Schweigend ließen wir alles über uns ergehen Was hätte es jetzt und hier für einen Sinn gehabt, dagegen
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