Rolf Torring 127 - Gebrüder Sander
deutete in den Hintergrund der Höhle. Dort lagen zwei Körper, an einer Stelle, wo die Decke so niedrig war, daß man nur kriechend hingelangen konnte.
Die Körper rührten sich nicht. Sicher hatten sich Rolf und der Colonel wegen des Staubes und vielleicht auch aus Luftmangel dorthin zurückgezogen. Mein Gott, sollten beide erstickt sein? Ich atmete schwer. Pongo hatte sich schon von mir gelöst und drang allein vor. Neben wir verharrten die Polizisten schweigend.
Mit schnellen Bewegungen robbte Pongo unter die überhängenden Steine der Stelle zu, wo die Körper lagen. Bald kam er mit einem der beiden zurück. Es war Rolf. Er legte mir meinen Freund in die Arme. Ich fühlte keinen Pulsschlag mehr bei Rolf. Eilig half mir ein Polizist, Rolf ins Freie zu tragen, während Pongo den beschwerlichen Weg zum zweiten Male machte, um Perkins zu holen.
Vor der Höhle legten wir Rolf nieder und begannen sofort, Wiederbelebungsversuche anzustellen.
Nach einer Weile kam Pongo mit dem Colonel. Auch ihm war für den Transport des Körpers ein Polizist behilflich gewesen. Perkins atmete auch nicht mehr. Seine Leute versuchten, ihn ins Leben zurückzurufen.
Wir arbeiteten fieberhaft. Der Schweiß stand uns auf der Stirn, aber wir ließen nicht nach.
Zehn Minuten, eine Viertelstunde, zwanzig Minuten bewegten wir die Arme der Leblosen rhythmisch auf und nieder. Alle fünf Minuten lösten wir einander ab. Fred Sander saß still und stumm bei seinem Bruder Tom. Er tat mir leid.
Eine Stunde mühten wir uns ab, ehe Rolf plötzlich den ersten schwachen Atemzug tat. Seine Brust begann, sich von selbst ein wenig zu senken und zu heben.
„Gerettet!" jubelte ich.
Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, wann er aus der Bewusstlosigkeit erwachen würde.
„Der Colonel lebt auch!" rief mir Pongo zu, der eben einen Polizisten bei den Wiederbelebungsversuchen des Polizeiführers abgelöst hatte.
Trotzdem dauerte es noch recht lange, bis Rolf und Colonel Perkins so weit bei Besinnung waren, daß sie sich in ihrer Umgebung etwas zurechtfanden und an die Vorgänge erinnerten, die sie in die schwierige Lage gebracht hatten.
Rolf schaute Fred Sander, der genau in seiner Blickrichtung saß, lange an und sagte in abgerissenen Worten:
„Verhaften Sie — diesen — Mann!"
Fred Sander trat an Rolf heran und antwortete:
„Ich bin Ihr Gefangener, Herr Torring. Ich habe Ihrem Freunde mein Wort gegeben, nicht auszureißen."
Der Colonel hatte inzwischen schon versucht, auf die Füße zu kommen. Noch fühlte er sich etwas schwach in den Knien. Zwei seiner Leute stützten ihn, was ihm gar nicht lieb zu sein schien.
Perkins unterhielt sich eine Weile mit Fred Sander. Er verzichtete darauf, ihn zu fesseln, und vertraute ihm, daß er ungebunden mit hinab kommen würde.
Rolf und der Colonel bedankten sich bei uns allen mit stummem Händedruck für die Rettung.
„Eigentlich verdankst du, Rolf, und verdanken Sie, Herr Colonel, Ihr Leben Fred Sander. Ohne seine tätige Hilfe hätten wir wahrscheinlich niemand retten können Rolf drückte daraufhin auch Fred Sander die Hand, was den irgendwie glücklich zu machen schien, obwohl oder gerade weil er die Augen beschämt niederschlug
Während der nächsten Viertelstunde erzählte ich Rolf die Geschichte Fred und Tom Sanders. Rolf sah lange schweigend vor sich hin. Dann ging er zum Colonel und unterhielt sich leise mit ihm.
Als er zu mir zurückkam, sagte er nur:
„Hans, Perkins ist einverstanden. Hier im 'Wilden Westen' herrschen andere Gesetze als bei uns. Fred Sander ist auch nach Meinung des Colonels genug bestraft. Er trägt jetzt eine Narbe im Gesicht, kann sich also nie ohne weiteres wieder als Rolf Torring ausgeben. Außerdem ist er durch den Schmerz, den er hier durch den Tod seines Bruders erlitten hat, gereift. Ich hoffe: auch gebessert."
Die Polizisten ließen sich von Fred Sander zeigen, wo das in der Höhle verwahrte Diebesgut lagerte, und trugen es zusammen. Es war eine ganze Menge.
Colonel Perkins drängte mir einen Beutel mit Goldkörnern auf. Ich nahm sie an, da mir inzwischen ein Einfall gekommen war.
Als es dunkel zu werden begann, bereiteten die Polizisten aus den Vorräten, die die Gebrüder Sander in der Höhle aufgespeichert hatten, ein kräftiges Mahl, an dem auch Fred Sander teilnahm. Dann legten wir uns schlafen. Die
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