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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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du neu?«
    »Ja. Ich meine, JA.«
    »Willst du hier noch länger herumstehen, wie bestel t und nicht abge-
    holt? Kümmere dich um ihn, sei ein braves Mädchen.«
    Susanne sah sich verzweifelt um, und endlich entdeckte sie ihn. Er war
    nicht weit entfernt: Zwischen den Gefal enen lag ein junger Mann; flak-
    kerndes Blau hob die Konturen seiner Gestalt hervor.
    Sie eilte zu ihm und hielt die Sense bereit. Eine blaue Schnur verband
    den Krieger mit seinem früheren Leib.
    QUIEK! rief der Rattentod. Er sprang umher und machte aufmun-
    ternde Gesten.
    »Linke Hand, Daumen nach oben; rechte Hand am Gelenk beugen.
    Und ordentlich schwingen, Mädel!«
    Susanne kam der Aufforderung nach, und die blaue Schnur riß.
    »Was ist passiert?« Wolf senkte den Blick. »Das bin ich da unten, nicht
    wahr?« Langsam drehte er sich um. »Ein Teil von mir liegt auch dort.
    Und da drüben. Und…«
    Er bemerkte die Frau mit dem gehörnten Helm, und seine Miene er-
    hel te sich.

    »Bei Io!« entfuhr es ihm. »Es stimmt tatsächlich? Walküren bringen
    mich zum Festsaal des Blinden Io, wo für immer geschmaust und ge-
    trunken wird?«
    »Frag… ich meine, FRAG MICH NICHT«, sagte Susanne.
    Die Walküre beugte sich vor und zog Wolf auf den Sattel.
    »Sei jetzt hübsch still, in Ordnung?«
    Sie bedachte Susanne mit einem nachdenklichen Blick.
    »Bist du ein Sopran?«
    »Wie bitte?«
    »Singst du, Mädchen? Wir könnten einen Sopran gebrauchen. Heutzu-
    tage gibt es zu viele Mezzosoprane.«
    »Ich bin nicht sehr musikalisch, tut mir leid.«
    »Oh. Na ja. War nur so ein Gedanke. Tja, ich muß los.« Sie neigte den
    Kopf nach hinten und holte so tief Luft, daß der Brustharnisch zu ber-
    sten drohte. »Ho-joh-to! Ho!«
    Das Pferd stieg dem Himmel entgegen. Es schrumpfte zu einem klei-
    nen Punkt, bevor es zwischen den Wolken verschwand.
    »Was hatte das alles zu bedeuten?« fragte Susanne.
    Flügel rauschten. Der Rabe landete auf dem Kopf des kürzlich ver-
    storbenen Wolf.
    »Die hiesigen Krieger glauben folgendes: Wenn sie im Kampf sterben,
    kommen große Frauen mit gehörnten Helmen, um sie in einen Festsaal
    zu bringen, wo sie bis in alle Ewigkeit schlemmen und sich vollaufen
    lassen können.« Der Rabe rülpste leise. »Eine ziemlich dumme Vorstel-
    lung, wenn du mich fragst.«
    »Aber es ist gerade geschehen!«
    »Das ändert nichts daran.« Der Rabe sah übers Schlachtfeld. Nichts
    rührte sich dort – abgesehen von den übrigen Raben. »Was für eine Ver-
    schwendung. Ich meine… Sieh es dir nur an. Wenn das keine Ver-
    schwendung ist…«
    »Ja!«

    »Ich meine, ich platze fast, und da liegen noch Hunderte herum, die ich
    überhaupt nicht probiert habe. Nun, viel eicht kann ich etwas davon in
    einer Tüte mitnehmen…«
    »Das sind Leichen!«
    »Ja.«
    »Und du hast von ihnen gefressen ?«
    »Schon gut.« Der Rabe wich zurück. »Es ist genug für alle da.«
    »Ich finde das abscheulich!«
    »Ich habe die Krieger nicht getötet«, verteidigte sich der Vogel.
    Susanne gab auf.
    »Die Frau ähnelte der Eisernen Lily«, sagte sie, als sie zu dem geduldig
    wartenden Pferd zurückgingen. »Unsere Sportlehrerin. Und sie klang
    auch so.« Susanne stellte sich vor, wie die singenden Walküren über den
    Himmel ritten. Ran an die Krieger, ihr schlaffen Tanten…
    »Parallele Evolution«, kommentierte der Rabe. »So was kommt oft vor.
    Zum Beispiel die gewöhnliche Krake. Sie hat ein Auge, das praktisch
    genauso beschaffen ist wie das menschliche. Es gibt nur einen Unter-
    schied… Au!«
    »Du wolltest sicher sagen, daß der Unterschied im Geschmack besteht,
    nicht wahr?« fragte Susanne.
    »Gäme mir nie in den Winn«, entgegnete der Rabe undeutlich.
    »Im Ernst?«
    »Mein Wnabel«, sagte der Rabe. »Bitte laff ihn lof.«
    Susanne zog die Hand zurück.
    »Es ist schrecklich.« Sie schauderte. »Damit war er die ganze Zeit über
    beschäftigt? Ohne jemals wählen zu können?«
    QUIEK.
    »Und wenn die Leute den Tod gar nicht verdient haben?«
    QUIEK.
    Damit wies der Rattentod recht eindrucksvoll auf folgendes hin: Wer
    glaubte, den Tod nicht zu verdienen, sol te beim Universum Berufung

    einlegen. Das zeigte dann bestimmt Einsicht und erlaubte dem Betref-
    fenden, noch etwas länger zu leben.
    Eine Silbe kann ziemlich viel Sarkasmus zum Ausdruck bringen.
    »Mein Großvater ist Tod«, sagte Susanne nachdenklich. »Und er ließ
    der Natur einfach ihren Lauf? Obwohl er viel Gutes hätte bewirken
    können? Das ist dumm .«
    Der Rattentod

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