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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Fällen prallten sie ab.
    Susanne wußte, was sich anbahnte. Die Wurfaxt würde tatsächlich ab-
    pral en und Imp treffen. Eigentlich war niemand schuld daran. Schlim-
    meres geschah auf dem Meer. Schlimmeres geschah in anderen Teilen
    von Ankh-Morpork – und das ständig.
    Der Mann will ihn nicht einmal umbringen. Er stirbt durch einen
    dummen Zufal . Nein, so sol ten die Dinge nicht ablaufen. Sie verdienen
    mehr Sinn. Ist denn niemand bereit, etwas dagegen zu unternehmen?
    Sie beugte sich vor, streckte die Hand nach dem Griff der Wurfaxt
    aus…
    QUIEK!
    »Sei still!«
    Whaaauum.
    Imp stand wie ein Diskuswerfer, als der Ton durch den lauten Raum
    fuhr und ihn füllte.
    Es klang wie eine Eisenstange, die um Mitternacht auf den Fußboden
    einer Bibliothek fällt.
    Echos tanzten von den Ecken des Raums zurück, jedes einzelne mit
    eigenen Schwingungen.

    Das Geräusch explodierte wie eine Silvesterrakete, die auseinander-
    platzt und deren herabfal ende Fragmente ihrerseits explodieren…
    Imps Finger strichen über die Saiten, und drei weitere Töne erklangen.
    Der rothaarige Mann ließ die Wurfaxt sinken.
    Diese Musik… Sie entfloh dem Gewöhnlichen und raubte unterwegs
    noch eine Bank aus. Sie rol te sich die Ärmel hoch, löste den obersten
    Knopf, hob den Hut, lächelte und stahl das Tafelsilber.
    Diese Musik fuhr durchs Becken in die Füße, ohne zuvor das Gehirn
    zu bemühen.
    Der Trol nahm die Hämmer, starrte auf die Steine und begann, sie in
    einem bestimmten Rhythmus zu schlagen.
    Der Zwerg holte Luft und entlockte dem Horn einen tiefen Laut.
    Die Leute klopften mit den Fingern auf die Tischkanten. Der Orang-
    Utan grinste so breit, als steckte eine Banane quer in seinem Mund.
    Susanne sah auf das Stundenglas hinab, dessen Etikett die Aufschrift
    »Imp y Celyn« trug.
    Die obere Hälfte enthielt nun keinen Sand mehr, doch blauer Glanz
    flackerte darin.
    Sie fühlte, wie etwas mit kleinen knöchernen Pfoten über ihren Rücken
    kletterte und schließlich ihre Schulter erreichte.
    Der Rattentod betrachtete die Sanduhr.
    QUIEK, sagte er leise.
    Susannes Kenntnisse in Rattisch waren begrenzt, aber sie glaubte, das
    Äquivalent eines »Oh-oh« zu hören.
    Imps Finger glitten über die Saiten, und er schuf Töne, die sich nicht
    mit denen von Harfen oder Lauten vergleichen ließen. Die Gitarre schrie
    wie ein Engel, der gerade herausgefunden hatte, warum er auf der fal-
    schen Seite war. Funken glitzerten auf den Saiten.
    Imp schloß die Augen und hielt das Instrument dicht vor der Brust wie
    ein Soldat seinen Speer. Es ließ sich kaum feststellen, wer wen spielte.
    Die Musik erklang auch weiterhin.
    Dem Bibliothekar standen die Haare zu Berge, und in seinem Fell kni-
    sterte es.

    Die Töne weckten den Wunsch, Mauern einzutreten und auf Stufen
    aus Feuer zum Himmel emporzusteigen. Wer sie hörte, würde am lieb-
    sten al e Schalter und Hebel umlegen und dann, aus lauter Experimen-
    tierfreudigkeit, die Finger in die Steckdose des Universums schieben. Sie
    machte die Leute wünschen, daß sie die Wände des Schlafzimmers
    schwarz gestrichen hätten, um anschließend Poster aufzuhängen.
    Im Körper des Bibliothekars zuckten mehrere Muskeln, als sich die
    Musik durch ihn erdete.
    In einer Ecke der Trommel saßen mehrere Zauberer, die mit offenem Mund das Geschehen beobachteten.
    Der Takt setzte sich fort, sprang von Bewußtsein zu Bewußtsein,
    schnippte mit den Fingern und kräuselte die Lippen.
    Lebendige Musik. Sich wild und ungehemmt entfaltende Musik mit Steinen drin…

    Endlich frei! Die Klänge rasten von Kopf zu Kopf, drangen durch die Ohren ein und setzten ihren Weg zum Rautenhirn fort. Einige Personen waren empfindlicher als andere, waren dem Takt näher …

    Eine Stunde später.
    Der Bibliothekar schwang sich durch den mitternächtlichen Nieselre-
    gen, den Kopf vol er Musik.
    Er landete auf dem Rasen vor der Unsichtbaren Universität, lief in den
    Großen Saal und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu hal-
    ten.
    Abrupt blieb er stehen.
    Mondschein fiel durch die Fenster auf etwas, das der Erzkanzler »unse-
    re gewaltige Orgel« nannte. Mit diesen Worten machte er den Rest der
    Fakultät oft verlegen.
    Zahllose Pfeifen bedeckten eine Wand. Im Halbdunkel wirkten sie wie
    Säulen oder wie die Stalagmiten einer unglaublich alten Höhle. Die Kan-
    zel des Orgelspielers verlor sich fast zwischen ihnen. Dort gab es drei

    große Manuale sowie hundert Knöpfe für besondere akustische

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