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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zurück,
    um die angegriffenen Nerven mit dem einen oder anderen ordentlichen
    Schluck zu beruhigen (wobei sich der Quästor mit warmer Milch begnü-
    gen mußte).
    Der Dozent für neue Runen schwor, daß die zwanzig Meter lange
    Gravissima-Pfeife auf einer Säule aus Flammen gen Himmel aufgestiegen
    war.
    Der Professor für unbestimmte Studien und der Oberste Hirte berich-
    teten folgendes: Als sie den Bibliothekar außerhalb der Universität fan-
    den, in einem Springbrunnen auf dem Hiergibt’sal es-Platz, machte er
    dauernd Ugh-ugh und grinste vom einen Ohr zum anderen.
    Der Quästor meinte, zehn nackte Frauen hätten auf seinem Bett ge-
    tanzt. Doch der Quästor sprach häufiger von solchen Dingen, vor al em
    dann, wenn er lange nicht mehr an die frische Luft gekommen war.
    Der Dekan schwieg.
    Mit glasigen Augen starrte er ins Leere.

    Funken sprangen aus seinem Haar.
    Er fragte sich, ob man ihm gestatten würde, die Wände seines Zim-
    mers schwarz zu streichen.
    Und der Beat marschierte weiter…

    Imps Lebensuhr stand mitten auf dem großen Schreibtisch. Der Ratten-
    tod wanderte um sie herum und quiekte leise vor sich hin.
    Susanne betrachtete das Glas ebenfalls. Der gesamte Sand befand sich
    inzwischen in der unteren Hälfte. Doch etwas anderes füllte den oberen
    Teil und rann nun nach unten: mattes Blau, das sich hin und her wand
    wie aufgeregter Rauch.
    »Hast du jemals so etwas gesehen?« fragte Susanne.
    QUIEK.
    »Ich auch nicht.«
    Sie stand auf. Inzwischen wirkten die Schatten an den Wänden vertrau-
    ter. Sie schienen von Dingen zu stammen, nicht unbedingt von Apparaten, aber auch nicht von Einrichtungsgegenständen. Die Schemen erin-
    nerten Susanne an das Planetarium im Internat, doch hier ließ sich nicht
    feststellen, welche Sterne wo durch die Nacht eilten. Vielleicht wurde
    etwas auf die Wände projiziert, das selbst in dieser seltsamen Dimension
    sonderbar blieb.
    Die Schülerin verspürte den Wunsch, Imp das Leben zu retten – es
    fühlte sich richtig an. Als sie seinen Namen gelesen hatte, hatte sie den Eindruck von Bedeutung und Wichtigkeit. Offenbar hatte sie zumindest
    einen Teil von Tods Gedächtnis geerbt. Sie selbst konnte dem jungen
    Mann noch nicht begegnet sein, aber möglicherweise war er schon einmal mit ihm zusammengetroffen. Imps Name und sein Gesicht steckten
    so tief in ihrem Bewußtsein, daß ihre Gedanken in eine Umlaufbahn
    gezwungen wurden.
    Etwas anderes hatte ihn gerettet, bevor sie eingreifen konnte.
    Sie griff nach der Lebensuhr und hielt sie sich ans Ohr.
    Irgend etwas veranlaßte sie, mit dem Fuß auf den Boden zu klopfen.
    Die fernen Schatten bewegten sich.

    Susanne lief über den Boden, den wirklichen Boden, der sich außerhalb
    des Teppichs erstreckte.
    Die Schemen wirkten wie Mathematik, die Substanz gewann. Sie sah
    eigentümliche Kurven. Uhrzeigerartige Indikatoren, länger als ein Baum,
    strichen langsam umher.
    Der Rattentod kletterte auf ihre Schulter.
    »Du weißt vermutlich nicht, was passiert, oder?«
    QUIEK.
    Susanne nickte. Ratten starben sicher, wenn ihre Zeit gekommen war.
    Sie versuchten nicht, zu mogeln oder von den Toten zurückzukehren. Es
    gab keine Zombie-Ratten. Ratten wußten, wann es keinen Sinn mehr
    hatte, sich zu widersetzen.
    Erneut wanderte Susannes Blick zum Stundenglas. Der Junge – sie be-
    nutzte diese Bezeichnung auf die typische Weise von Mädchen, die über
    einige Jahre ältere junge Männer sprechen – hatte einen Akkord oder so
    auf der Gitarre gespielt. Dadurch hatte die Geschichte einen Knick be-
    kommen. Oder ein Teil von ihr war übersprungen worden.
    Nicht nur Susanne wol te Imp vor dem Tod bewahren. Etwas anderes
    teilte ihren Wunsch.

    Es war zwei Uhr nachts, und es regnete.
    Obergefreiter Detritus von Ankh-Morporks Stadtwache bewachte das
    Opernhaus. Für diese Art des Patrouillendienstes hatte er sich an Feld-
    webel Colon ein Beispiel genommen. Das Prinzip lautete: Bist du mitten
    in einer regnerischen Nacht al ein im Dienst, dann bewache etwas Gro-
    ßes mit möglichst breiten Dachvorsprüngen. Colon hatte sich stets an
    diesen Grundsatz gehalten, weshalb nie ein wichtiges Gebäude gestohlen
    worden war.*
    Es war eine ereignislose Nacht. Vor etwa einer Stunde war eine zwan-
    zig Meter lange Orgelpfeife vom Himmel gefallen. Detritus sah sich den
    Krater aus der Nähe an und überlegte, ob das eine »kriminel e Aktivität«

    * Mit Ausnahme der Unsichtbaren Universität. Sie verschwand einmal, was
    jedoch auf

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