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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Gelegentlich fügte er diesen Worten ein »Duckt euch!« hinzu.
    Abgesehen von Ridcul y und dem Bibliothekar stand niemand früh auf.
    Das Frühstück fand – wenn überhaupt – am späten Vormittag statt.
    Dann schlurften die Zauberer zum Büfett, hoben die silbernen Deckel
    der Terrinen und verzogen bei jedem Klappern das Gesicht. Ridcul ys
    bevorzugtes Frühstück ließ sich am besten mit »viel und fettig« beschrei-
    ben. Er mochte besonders jene halb durchsichtigen Würstchen, die grü-
    ne Brocken enthalten, von denen man nur hoffen kann, daß es irgend-
    welche Kräuter sind. Es war eines der Privilegien des Erzkanzlers, dar-

    * Das kleinste Zimmer in der Unsichtbaren Universität ist der Besenschrank im vierten Stock, aber gemeint ist hier natürlich der Abort. Der Leser esoterischer Studien ging von folgender Theorie aus: In einem Gebäude sammeln sich die
    guten Bücher- zumindest die lustigen** – im Abort. Niemand hat Zeit genug, sie alle zu lesen. Und niemand weiß, wie sie an diesen speziellen Ort gelangt sind.
    Die Forschungen des Lesers verursachten akute Verstopfung und jeden Mor-
    gen eine lange Schlange vor der Tür.
    ** Die Comics über Kühe und Hunde. Und die mit Überschriften wie: »Als
    Eimer die Ente sah, wußte er, daß ihm ein schlimmer Tag bevorstand.«

    über zu entscheiden, welche Speisen auf den Tisch kamen. Deshalb ver-
    zichteten die empfindlicheren Zauberer ganz aufs Frühstück. Sie brach-
    ten den Tag mit Mittagessen, Kaffee und Kuchen, einem doppelten
    Abendessen sowie dem einen oder anderen Imbiß hinter sich.
    An diesem Morgen hielten sich nicht viele Zauberer im Großen Saal
    auf. Es war nicht nur früh, sondern auch zugig: Handwerker reparierten
    das Dach.
    Ridcully ließ die Gabel sinken.
    »Na schön«, brummte er. »Wer ist es? Der Betreffende sol es zugeben,
    sofort.«
    »Wer soll was zugeben, Erzkanzler?« fragte der Oberste Hirte.
    »Jemand klopft mit dem Fuß.«
    Die Zauberer sahen über den Tisch. Der Dekan starrte glücklich ins
    Leere.
    »Dekan?« fragte der Oberste Hirte.
    Der Dekan hielt sich die linke Hand dicht vor den Mund. Die rechte
    vol führte kratzende Bewegungen im Bereich der Nieren.
    »Ich weiß nicht, was er da anstellt«, knurrte Ridcul y. »Aber es sieht
    unhygienisch aus.«
    »Ich glaube, er spielt ein unsichtbares Banjo, Erzkanzler«, erklärte der
    Dozent für neue Runen.
    »Wenigstens macht er dabei keine Geräusche«, kommentierte Ridcul y.
    Er sah zum Dach hoch, durch das ungewohntes Tageslicht in den Gro-
    ßen Saal fiel. »Hat jemand den Bibliothekar gesehen?«

    Der Orang-Utan war beschäftigt.
    Er hatte sich in den Kel er der Bibliothek zurückgezogen, in einen
    Raum, den er als Werkstatt und Bücherlazarett benutzte. Mehrere Pres-
    sen und Papierschneidemaschinen standen dort. Hinzu kamen Dutzende
    von Büchsen mit exotischen Substanzen. Er benutzte sie, um Klebstoff
    und andere kosmetische Dinge für die Muse der Literatur herzustellen.
    Ein bestimmtes Buch leistete ihm Gesellschaft. Selbst er hatte mehrere
    Stunden gebraucht, um es zu finden.

    Die Bibliothek enthielt nicht nur magische Bücher, die eine große Ge-
    fahr darstel ten und deshalb an den Regalen festgekettet werden mußten.
    Dort standen auch ganz gewöhnliche Bücher, aus gewöhnlichem Papier
    und mit gewöhnlicher Tinte geschrieben. Es wäre ein Fehler, zu glauben,
    daß sie nicht gefährlich waren, nur weil bei ihrer Lektüre keine Feuer-
    werkskörper am Himmel explodierten. Sie brannten das Feuerwerk im
    Bewußtsein des Lesers ab…
    Vor dem Bibliothekar lag nun ein großer Band mit Zeichnungen von
    Leonard von Quirm, der als geschickter Künstler und großes Genie galt
    – häufig wanderten seine Gedanken so weit umher, daß sie mit Souve-
    nirs zurückkehrten.
    Leonards Bücher waren vol er Skizzen. Sie zeigten kleine Katzen, flie-
    ßendes Wasser oder die Frauen einflußreicher Kaufleute von Ankh-
    Morpork, deren Porträts einen erheblichen Beitrag zu seinem Lebensun-
    terhalt geleistet hatten. Doch das Genie in Leonard kam nie zur Ruhe,
    deshalb war der Seitenrand häufig mit vielen Details vollgekritzelt, die
    verrieten, mit welchen Dingen das geniale Unterbewußtsein zum betref-
    fenden Zeitpunkt beschäftigt gewesen war. Die Zeichnungen skizzierten
    zum Beispiel: von Wasserkraft angetriebene Apparate, um Wehrwäl e auf
    Feinde herabstürzen zu lassen; neue Belagerungsmaschinen, mit denen
    sich siedendes Öl auf Angreifer herabschütten ließ;

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