Rom - Band II
mit Bänken und Tischen aus dickem, kaum gehobeltem Holz, einfach möblirte Zimmer unterscheiden. Es schien leer zu sein, so vollständige Stille herrschte darin; nur die Fliegen flogen herum. Dennoch saßen zwei Männer, zwei Vorübergehende, stumm und unbeweglich vor ihren vollen Gläsern. Auf einem niedrigen Stuhl neben der Thür, in dem bißchen Tageslicht, das durch sie hereinfiel, saß die Haustochter, ein mageres, gelbes Mädchen; sie zitterte vor Fieber und hielt beide Hände zusammengedrückt, müßig zwischen den Knieen.
Der Graf, der das Unbehagen Pierres fühlte, schlug vor, den Wein draußen auftragen zu lassen.
»Es wird viel angenehmer sein. Es ist ja so milde!«
Und das Mädchen mußte, da die Mutter Eier suchte und der Vater in einem nahen Schuppen ein Rad ausbesserte, sich frostzitternd erheben, um die Flasche Wein und drei Gläser zu einem der Tische in dem Laubengewölbe hinauszutragen. Sie steckte die sechs Centesimi für die Flasche ein und kehrte wortlos, mit mürrischer Miene, weil sie eine solche Reise hatte machen müssen, auf ihren Platz zurück.
Als alle drei sich am Tische niedergelassen hatten, füllte Prada fröhlich die Gläser, trotz des Flehens Pierres, der wie er sagte, nicht im stande war, Wein während der Mahlzeiten zu trinken.
»Pah, pah, Sie werden schon mit uns anstoßen. Nicht wahr, Abbé, das Weinchen ist fein? ... Nun, auf das Wohl des Papstes, da er leidend ist!«
Santobono schnalzte, nachdem er sein Glas in einem Zug geleert hatte, mit der Zunge. Er hatte den Korb behutsam, mit väterlicher Sorgfalt neben sich auf den Boden gestellt, nahm nun den Hut ab und atmete tief auf. Der Abend war wirklich köstlich; eine wunderbare Himmelsreinheit, ein ungeheurer, zart goldener Himmel lag über dem endlosen Meer der Campagna, die im Begriffe war, in erhabener Unbeweglichkeit und Ruhe einzuschlummern. Und der leichte Wind, dessen Hauch durch die große Stille strich, hatte einen köstlichen Geruch von Gras und Feldblumen.
»Mein Gott, wie angenehm ist es!« murmelte Pierre bezaubert. »Welche Einöde ewiger Ruhe, in der man die übrige Welt vergessen kann!«
Aber Prada, der die Flasche geleert hatte, indem er das Glas des Pfarrers von neuem füllte, unterhielt sich, ohne etwas zu sagen, sehr über ein Abenteuer, das anfangs nur er allein bemerkte. Er machte den jungen Priester durch einen Blick aufmerksam und von nun an verfolgten sie beide in fröhlicher Mitschuld die dramatischen Wechselfälle. Ein paar magere Hennen strichen auf der Suche nach Cikaden in dem rötlichen Grase um sie herum. Nun hatte eine dieser Hennen, eine kleine, schwarze, fein glänzende, äußerst unverschämte Henne, den am Boden stehenden Korb Feigen bemerkt und näherte sich ihm keck. Als sie jedoch ganz daneben war, bekam sie Angst und wich zurück. Sie steifte den Hals, drehte den Kopf und ließ ihr rundes Auge funkeln. Zuletzt bekam die Leidenschaft die Oberhand und da eine Feige zwischen ein paar Blättern hervorguckte, näherte sie sich ohne Hast, indem sie die Füße sehr hoch hob; plötzlich versetzte sie der Feige einen tüchtigen Schnabelhieb und durchlöcherte sie, so daß der Saft herausfloß.
Prada, glücklich wie ein Kind, konnte jetzt in das Lachen ausbrechen, das er mit großer Mühe unterdrückt hatte.
»Achtung, Abbé, hüten Sie Ihre Feigen!«
Santobono hatte just sein zweites Glas mit zurückgebogenem Kopf und himmelwärts gerichteten Augen, in frommer Zufriedenheit ausgetrunken. Er fuhr auf, sah hin, begriff sofort, als er die Henne erblickte und nun folgte ein wahrer Zornausbruch. Unter heftigen Geberden stieß er schreckliche Schmähungen aus. Aber die Henne, die in diesem Augenblick nochmals mit dem Schnabel zufuhr, ließ die Feige nicht los, pickte sie auf und trug sie mit flatternden Flügeln so rasch und in so komischer Weise fort, daß Prada und selbst Pierre über die ohnmächtige Wut Santobonos, der sie einen Augenblick mit drohender Faust verfolgte, bis zu Thränen lachten.
»Das haben Sie nun davon, daß Sie den Korb nicht im Wagen ließen,« sagte der Graf. »Wenn ich Sie nicht aufmerksam gemacht hätte, so würde die Henne alles aufgefressen haben.«
Der Pfarrer setzte, ohne zu antworten, noch immer dumpfe Verwünschungen vor sich hinmurmelnd, den Korb auf den Tisch, hob die Blätter auf und ordnete die Feigen von neuem kunstvoll, um das Loch auszufüllen; dann, als er die Blätter wieder zurecht gelegt und das Unheil gut gemacht hatte, beruhigte er sich.
Es
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