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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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anzugehören, weil es sie freute, die reichen Uniformen vor den Damen zu tummeln; jetzt werde die Anwerbung jedoch so schwer, daß man sich mit schönen Jünglingen von zweifelhaftem und zu Grunde gerichtetem Adel begnügen müsse, die über den kärglichen Sold, der ihnen das Leben ermögliche, froh wären. Noch eine volle Viertelstunde dauerten diese Privatgespräche und erfüllten die hohen Schiffe mit ihrem lauten Lärm. Man glaubte sich unter einem ungeduldigen Publikum zu befinden, das sich in Erwartung des Schauspiels damit zerstreute, die Leute zu betrachten und sich ihre Geschichte zu erzählen.
    Endlich erschien der Zug. Das war die große, erwartete Merkwürdigkeit, der Pomp, dessen Vorüberziehen sehnlichst gewünscht wurde, um ihm zuzujubeln. Und als er erschien, brach wie in einem Theater beim Auftreten eines beliebten Schauspielers in der großen Rolle, die alle Herzen aufrührt, ein wütender Beifall los, der in die Höhe stieg und sich unter dem Gewölbe fortwälzte. Uebrigens hatte man auch ganz wie im Theater dieses Erscheinen klug geregelt, damit es inmitten der prächtigen Umgebung seine ganze Wirkung thue. Der Zug hatte sich in der Coulisse, in der Capella della Pieta, gebildet, der ersten Kapelle beim Eingang rechts; um sich dorthin zu begeben, hatte der heilige Vater, der durch die Capella del Sagramento von seinen nahe gelegenen Gemächern kam, sich verstecken, hinter den Behängen des Schiffes durchgehen müssen, die derart als Hintergrundvorhang benützt wurden. Dort erwarteten ihn die Kardinäle, die Erzbischöfe, die Bischöfe, der ganze päpstliche Hof, schon der Hierarchie gemäß in Klassen und Gruppen geordnet und bereit, sich in Bewegung zu setzen. Und nun trat der Zug, gleichsam auf das Zeichen eines Balletmeisters, durch das große Schiff ein und durchzog es triumphirend von einem Ende zum andern, von der Mittelthür bis zum Altar der Konfession – zwischen einer doppelten Hecke von Gläubigen, die beim Anblick einer solchen Pracht immer lauter Beifall klatschen, je höher der Wahnwitz ihrer Begeisterung stieg.
    Es war der Festzug wie von altersher: Kreuz und Schwert, die Schweizer Wache in großer Uniform, die Lakaien in der scharlachnen Zimarra, die Ehrenkämmerer in der Tracht Henri II., die Domherren im Spitzenchorhemde, die Oberen der religiösen Gemeinden, die apostolischen Protonotare, die Erzbischöfe und Bischöfe, der ganze päpstliche Hof in violetter Seide, die Kardinäle im Purpur und der Cappa magna, in breiten Zwischenräumen, feierlich, immer zu zweien einherschreitend. Dann kamen, um Seine Heiligkeit geschart, die Offiziere des militärischen Hofstaates, die Prälaten des geheimen Antichambres, Monsignore der Haushofmeister, Monsignore der Kammerherr, alle hohen Würdenträger des Vatikans und der am Throne assistirende römische Fürst, der traditionelle und symbolische Verteidiger der Kirche. Auf dem Tragsessel, den die Flabelli mit ihren hohen Federfächern beschützten, und der von Trägern in roten, seidengestickten Mänteln getragen wurde, saß Seine Heiligkeit, bekleidet mit den heiligen Gewändern, die er in der Capella del Sagramento angelegt hatte, dem Achseltuch, dem Chorhemd, der Stola, dem weißen Meßgewande und der weißen, reich mit Gold geschmückten Mitra, zwei aus Frankreich stammenden Geschenken von außerordentlicher Pracht. Und bei seinem Nahen erhoben sich alle Hände und klatschten noch lauter, während die Wogen der hellen Sonne zu den Fenstern hineinfielen.
    Pierre empfing nun einen neuen Eindruck von Leo XIII. Das war nicht mehr der vertrauliche, müde, neugierige Greis, der am Arme eines geschwätzigen Prälaten in dem schönsten Garten der Welt spazieren ging. Es war auch nicht der heilige Vater in der roten Pelerine und der päpstlichen Mütze, der väterlich einen Pilgerzug empfing, der ihm ein Vermögen brachte. Es war der Pontifex, der allmächtige Meister, der Gott, den die Christenheit verehrte. Wie in einem Juwelenschrein saß er da. Sein dünner, wächserner Körper in dem weißen, vor Goldstickereien schweren Gewande schien ganz steif geworden zu sein und bewahrte eine hieratische, stolze Unbeweglichkeit, wie ein Götzenbild, das seit Jahrhunderten von dem Rauche der Opfer ausgetrocknet, gebräunt worden ist. Nur die Augen lebten inmitten der toten Starrheit des Gesichtes – Augen, wie ein Paar schwarzer, funkelnder Diamanten, die in die Ferne, weg von der Erde, in die Unendlichkeit starrten. Er hatte keinen Blick für die

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