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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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so verjüngt, so kindlich sanft unter dem weiten, reinen Himmel dalag, als schwinge es sich in die Frische des Morgens auf. Dort hatte er sich die entscheidende Frage gestellt: konnte der Katholizismus sich erneuern, zum Geiste des Urchristentums zurückkehren, die Religion der Demokratie, der Glaube werden, den die erschütterte, in Todesgefahr befindliche moderne Welt erwartet, damit sie sich beruhigen und leben könne? Sein Herz klopfte vor Begeisterung und Hoffnung; kaum von seinem Unglück in Lourdes erholt, war er hergekommen, um hier ein zweites, letztes Experiment zu versuchen, indem er Rom um eine Antwort befragte. Und jetzt war das Experiment mißlungen; er kannte die Antwort, die Rom ihm durch seine Ruinen, seine Monumente, seinen Boden selbst, durch sein Volk, seine Prälaten, seine Kardinale, seinen Papst gegeben hatte. Nein, der Katholizismus konnte sich nicht erneuern! Nein, er konnte nicht zum Geiste des Urchristentums zurückkehren! Nein, er konnte nicht die Religion der Demokratie, der neue Glaube sein, der die alten, zusammenbrechenden, vom Tode bedrohten Gesellschaften retten würde. Wenn er auch demokratischen Ursprungs zu sein schien, so war er fortan an diesen römischen Boden festgenagelt, König wider Willen, unter Strafe des Selbstmords gezwungen, auf der weltlichen Herrschaft zu beharren; er war durch die Ueberlieferung gebunden, vom Dogma gefesselt, entwickelte sich nur scheinbar und war in Wirklichkeit auf eine solche Unbeweglichkeit beschränkt, daß das Papsttum in seinem ununterbrochenen Traum von der Weltherrschaft hinter der Bronzethür des Vatikans der Gefangene, das Gespenst eines achtzehnhundert Jahre alten Atavismus war. Dort, wo sein von der Liebe zu den Leidenden und Armen erhitzter Priesterglauben das Leben, eine Auferstehung der christlichen Gemeinde suchte, dort fand er den Tod, den Staub einer zerstörten Welt, für die ein Keimen nicht mehr möglich war, eine erschöpfte Erde, aus der nie mehr etwas anderes sprossen würde als dieses despotische Papsttum, das ebenso Herr über die Körper wie über die Seelen war. Auf seinen rasenden Aufschrei, der eine neue Religion verlangte, hatte Rom bloß die Antwort gegeben, daß es sein Buch, als von Ketzerei besteckt, verdammte, und er selbst hatte es in dem bittern Schmerz seiner Enttäuschung zurückgezogen. Er hatte gesehen, hatte verstanden; alles war zusammengebrochen und er selbst, seine Seele, sein Gehirn lagen unter den Trümmern.
    Pierre erstickte. Er stand auf und öffnete weit das auf den Tiber gehende Fenster, um sich einen Augenblick hinauszulehnen. Gegen Abend hatte es wieder zu regnen begonnen; aber nun hatte der Regen abermals aufgehört. Die Luft war sehr milde, feucht, drückend milde. An dem aschgrauen Himmel mußte der Mond schon aufgegangen sein, denn man ahnte ihn hinter den Wolken, die er mit einem gelben, trüben, unendlich traurigen Licht beleuchtete. Bei diesem ruhigen Nachtlampenschein nahm sich der unermeßliche Horizont schwarz und gespensterhaft aus; gegenüber lag der Janiculus mit den zusammengehäuften Häusern von Trastevere, da unten, links, gegen die wirre Höhe des Palatin zu, der Lauf des Flusses, während rechts die gebietende Rundung des Domes von St. Peter sich von dem blassen Hintergrunde abhob. Den Quirinal konnte er nicht sehen, aber er wußte, daß er hinter ihm war und stellte sich vor, wie er in dieser so schwermütigen, so traumhaften Nacht mit seiner endlosen Fassade eine Ecke des Himmels absperrte. Und wie zu Ende gehend sah dieses vom Dunkel halb verzehrte Rom aus! Wie verschieden war es von dem Rom der Jugend und Chimäre, das er am ersten Tage von dem Gipfel des Janiculus erblickt und leidenschaftlich geliebt hatte! Zu dieser Stunde konnte er die finstere Masse des Hügels nur schlecht unterscheiden. Noch eine andere Erinnerung wurde in ihm wach – die an die drei höchsten Punkte, die drei symbolischen Gipfel, die von diesem Tage an für ihn die Geschichte Roms, des antiken, des päpstlichen, des italienischen Rom zusammengefaßt hatten. Aber wenn auch der Palatin derselbe entkrönte Berg geblieben war, auf dem sich nichts erhob als das Gespenst des Ahnen, des Kaisers und Pontifex Augustus, des Herrn der Welt, so sah er St. Peter und den Quirinal, die gleichsam den Platz gewechselt hatten, mit andern Augen an. Diesem mißachteten Königspalast, der ihm wie eine flache, niedrige Kaserne erschienen war, dieser neuen Regierung, die ihm den Eindruck eines weiheschänderischen

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