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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Modernisirungsversuches an einer auserkorenen Stadt gemacht hatte, gestand er jetzt, wie er zu Orlando gesagt hatte, den beträchtlichen, wachsenden Platz am Horizont zu, den sie bald ganz einnehmen würden; St. Peter dagegen, dieser Dom, der ihm triumphirend, himmelsfarben, wie ein die Stadt beherrschender, durch nichts zu erschütternder Riesenkönig erschienen war, kam ihm jetzt rissig, schon kleiner vor. Er war einer jener ungeheuren Altertümer, deren Masse manchmal infolge der heimlichen Abnützung, des unbeachteten Zerbröckelns der Gerüste, mit einemmale zusammenstürzt.
    Ein dumpfes Murmeln, ein klagendes Murren stieg von dem geschwollenen Tiber auf und Pierre erschauerte bei dem eisigen Grufthauch, der ihm übers Gesicht strich. Dieser Gedanke an die drei Gipfel, an das symbolische Dreieck, erweckte in ihm den Gedanken an das lange Leid des großen Stummen, des Volkes der Kleinen und Armen, um dessen Besitz Papst und König sich stets gestritten hatten. Dieser Streit dauerte schon lange, seit dem Tage, da bei der Teilung der Erbschaft des Augustus der Kaiser sich mit den Körpern begnügen und die Seelen dem Papst überlassen mußte. Dieser brannte von diesem Augenblick nur von dem Verlangen, die weltliche Herrschaft, deren man Gott in seiner Person belaubte, wieder zu erobern. Der Streit hatte das ganze Mittelalter erschüttert und mit Blut befleckt, ohne daß weder Kirche noch Reich sich über die Beute, die sie einander in Fetzen entrissen, einigen konnten. Endlich wollte der große Stumme, der Belästigungen und des Elends überdrüssig, sprechen; er schüttelte zur Zeit der Reformation das Joch des Papstes ab und begann später, in seinem wütenden Ausbruch von 1789, die Könige zu stürzen. Und davon war, wie Pierre es in seinem Buche beschrieben hatte, das außerordentliche Los des Papsttums, ein neues Glück ausgegangen, das dem Papst gestattete, den uralten Traum fortzusetzen. Der Papst verlor das Interesse an den gestürzten Thronen und versöhnte sich mit den Unglücklichen, denn er hoffte, diesmal das Volk zu erobern, endlich ganz zu besitzen. War es nicht etwas Wunderbares um diesen, seiner Königswürde beraubten Leo XIII., der sich für einen Sozialisten ausgeben ließ, der die Herde der Enterbten sammelte, der an der Spitze des vierten Standes, dem das nächste Jahrhundert gehören wird, gegen die Könige marschirte? Der ewige Kampf um diesen Besitz des Volkes wütete ebenso grimmig weiter, und zwar in Rom selbst, im engsten Raum; denn der Vatikan lag dem Quirinal gegenüber, der Papst und der König konnten sich von ihren Fenstern aus sehen und immer sich darum streiten, wem das Reich gehören solle; vor ihren Augen lagen die roten Dächer der Altstadt, lag dieses gemeine Volk, das sie sich noch immer streitig machten, wie der Falke und der Sperber sich um die kleinen Waldvögel streiten. Hierin lag, Pierres Ansicht nach, der Grund, warum der Katholizismus verdammt, einem verhängnisvollen Ruin geweiht war – gerade weil sein Wesen, monarchisch war, und zwar so sehr, daß das römisch-apostolische Papsttum auf die weltliche Herrschaft nicht verzichten konnte, wenn es nicht etwas anderes sein und verschwinden wollte. Vergebens heuchelte es eine Rückkehr zum Volke, vergeblich stellte es sich, als sei es ganz Gefühl – inmitten unserer Demokratie war kein Platz für die vollständige und universelle Oberhoheit, die es von Gott erhalten. Stets sah er aus dem Pontifex wieder den Imperator hervorsprießen. Das war es hauptsächlich, was seinen Traum getötet, sein Buch zerstört, den Trümmerhaufen aufgeschichtet hatte, vor dem er entsetzt, kraft- und mutlos stehen geblieben war.
    Dieses in Asche gebadete Rom, dessen Gebäude verschwammen, preßte ihm zuletzt derart das Herz zusammen, daß er wieder auf den Stuhl neben seinem Gepäck sank. Noch nie hatte er eine solche Angst empfunden; es schien ihm, daß es mit seiner Seele zu Ende gehe. Er erinnerte sich, in welchem Lichte diese Reise nach Rom, dieses neue Experiment sich ihm infolge seines Unglücks in Lourdes dargestellt hatte. Er war nicht mehr hergekommen, um den naiven, vollständigen Glauben eines kleinen Kindes zu fordern, sondern den höherstehenden Glauben des Verständigen, der sich über Riten und Symbole erhebt und auf das größtmögliche, auf das Gewißheitsbedürfnis sich gründende Glück der Menschheit hinarbeitet. Wenn das zusammenbrach, wenn der verjüngte Katholizismus nicht die Religion, das Moralgesetz des neuen

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