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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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wirklich hübsch. Wissen Sie, sie hat die schönsten Schultern von der Welt; es ist ein wahrer Erfolg für sie, daß sie noch schöner aussieht, indem sie sie nicht zeigt.«
    Es gelang ihm, mit zerstreuter Miene weiterzusprechen und er erzählte unbedeutende Thatsachen von der Frau, die er beharrlich noch immer »die Gräfin« nannte. Aber er hatte sich etwas tiefer in die Nische zurückgezogen, zweifellos aus Furcht, daß man seine Blässe, das schmerzliche Zucken bemerken könne, das seine Lippen verzerrte. Er war nicht mehr im stande, zu kämpfen, sich neben der so naiv zur Schau gestellten Freude des Paares lachend und frech zu zeigen und war glücklich über die Frist, die ihm in diesem Augenblick die Ankunft des Königs und der Königin schenkte.
    »Ah, da sind Ihre Majestäten!« rief er, indem er sich zum Fenster wendete. »Sehen Sie nun das Gedränge auf der Straße!«
    In der That drang trotz der geschlossenen Fenster der Lärm einer Menge von den Bürgersteigen herauf, und als Pierre hinausblickte, sah er in dem Widerschein der elektrischen Lampen eine Flut von menschlichen Köpfen den Fahrweg überschwemmen und sich um die Karossen drängen. Er war dem König bereits mehrmals auf seinen täglichen Spaziergängen in die Villa Borghese begegnet; er kam dahin wie ein bescheidener Rentner, ein braver Bürgersmann, ohne Leibwache, ohne Eskorte und nur ein Adjutant saß neben ihm in der Viktoria. Manchmal war er allein und lenkte selbst, nur von einem Bedienten in schwarzer Livree begleitet, sein leichtes Phaeton. Einmal hatte er sogar die Königin mitgenommen und beide saßen neben einander wie ein gutes Ehepaar, das zum Vergnügen spazieren fährt. Die geschäftige Menge in den Straßen, die Spaziergänger in den Gärten begnügten sich, als sie sie so vorüberfahren sahen, mit einer liebevoll grüßenden Geberde, ohne sie mit Zurufen zu belästigen, während die expansiveren Naturen bloß frei näher traten, um ihnen zuzulächeln. Pierre, in seiner überlieferten Vorstellung von den Königen, die sich schützen und umgeben von militärischem Pomp vorüberziehen, war daher von der liebenswürdigen Gutmütigkeit dieses mit schöner Sicherheit inmitten der lächelnden Liebe seines Volkes einhergehenden Königspaares seltsam überrascht und gerührt. Auch noch andere Einzelheiten über den Quirinal waren ihm von allen Seiten zugekommen; man erzählte ihm von der Güte und Einfachheit des Königs, seinem Verlangen nach Frieden, seiner Leidenschaft für die Jagd, die Einsamkeit und das Freie, die ihn wohl oft in dem Abscheu vor der Macht von einem freien Leben träumen ließ – fern von jener autoritativen Herrscherarbeit, für die er gar nicht geschaffen zu sein schien. Aber insbesondere die Königin wurde angebetet; sie war von einer so natürlichen und reinen Ehrenhaftigkeit, daß sie allein von den Skandalen Roms nichts wußte, war sehr gebildet, kannte gut alle Literaturen und fühlte sich sehr glücklich, daß sie intelligent und ihrer Umgebung weit überlegen war. Sie wußte das und ließ es gerne, ohne Anstrengung, mit vollkommener Anmut sehen.
    Prada, der gleich Pierre das Gesicht gegen eine Scheibe des Fensters gedrückt hielt, deutete mit einer Geberde auf die Menge.
    »Jetzt, nachdem sie die Königin gesehen haben, werden sie ruhig schlafen gehen. Und es gibt da unten keinen einzigen Polizeiagenten, dafür stehe ich Ihnen gut – – Ah, geliebt werden, geliebt werden!«
    Sein Weh erfaßte ihn von neuem; er wandte sich wieder der Galerie zu.
    »Achtung, mein Lieber,« scherzte er. »Der Eintritt Ihrer Majestäten darf nicht verpaßt werden. Das ist das Schönste an dem Fest.«
    Ein paar Minuten verstrichen, dann unterbrach sich das Orchester plötzlich mitten in einer Polka, um mit der ganzen Kraft seiner Blechinstrumente den Königsmarsch zu spielen. Unter den Tanzenden trat eine Zerrüttung ein und die Mitte des Saales leeret sich. König und Königin traten ein, begleitet von den Fürsten und der Fürstin Buongiovanni, die sie am Fuße der Treppe empfangen hatten. Der König war einfach im Frack, die Königin trug eine strohgelbe, mit einer wunderbaren, weißen Spitze bedeckte Atlasrobe, und unter dem Brillantendiadem, das ihr schönes, blondes Haar umschloß, sah ein rundes und frisches, aus Liebenswürdigkeit, Sanftmut und Geist gebildetes Gesicht hervor. Sie hatte ein äußerst jugendliches Aussehen. Die Musik spielte noch immer mit bewillkommender, begeisterter Heftigkeit. In der Flut der

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