Rom - Band III
die römische Campagna durchstreiften. Und nun, sehen Sie sich den Prälaten an, der eben eintritt ...«
»Diesen kenne ich,« sagte Pierre. »Es ist Monsignore Fornaro.«
»Ganz richtig, Monsignore Fornaro, eine Persönlichkeit. Allerdings, Sie haben mir erzählt, daß er der Berichterstatter in dem Prozeß Ihres Buches ist. Ein entzückender Prälat! Haben Sie bemerkt, mit welcher Verbeugung er eben die Fürstin grüßte? Und was eine edle Haltung, was für eine Anmut er in feinem lila Seidenmantelchen hat!« Narcisse fuhr fort, in dieser Weise das unglaublichste Tohuwabohu von Fürsten und Fürstinnen, Herzogen und Herzoginnen, Politikern und Funktionären, Diplomaten und Ministern, Bürgerlichen und Offizieren aufzuzählen – die Fremdenkolonie, Engländer, Amerikaner, Deutsche, Spanier, Russen, das alte Europa und Nord- wie Südamerika gar nicht eingerechnet. Dann kam er plötzlich wieder auf die Saccos, die kleine Frau Sacco zurück und erzählte von den heldenhaften Anstrengungen, die sie, in der guten Absicht, die ehrgeizigen Bestrebungen ihres Gatten zu unterstützen, gemacht hatte, indem sie einen Salon eröffnete. Diese sanfte, so bescheiden aussehende Frau war eine sehr geriebene Person und besaß die gediegensten Eigenschaften, eine echt piemontesische Geduld und Widerstandskraft, Ordnungsliebe und Sparsamkeit. Sie stellte daher im Hause das Gleichgewicht her, das der Gatte durch seinen Kraftüberschuß in Gefahr brachte. Er verdankte ihr sehr viel, ohne daß jemand etwas davon ahnte. Aber bisher war ihre Absicht, den letzten der schwarzen Salons einen weißen, tonangebenden Salon entgegen zu stellen, gescheitert. Sie versammelte immer nur Leute ihres eigenen Kreises, nicht ein Fürst war erschienen, und an ihren Montagen wurde getanzt, so wie in zwanzig anderen kleineren, bürgerlichen Salons, ohne Glanz und Macht. Der wirkliche weiße Salon, der die Menschen und die Dinge leitete, der Herr von Rom war, befand sich noch im Zustand der Chimäre.
»Betrachten Sie nur ihr Lächeln, während sie alles hier besieht,« fuhr Narcisse fort. »Ich bin ganz überzeugt, daß sie daraus Belehrung schöpft und daß sie Pläne entwirft. Vielleicht hofft sie endlich die gute Gesellschaft bei sich zu sehen, jetzt, da sie mit einer fürstlichen Familie verschwägert sein wird.«
Die Menge in dem doch so großen Raum wurde so dicht, daß sie erstickten, gestoßen und gegen eine Wand gedrückt wurden. Der Gesandtschaftsattaché führte den Priester weg, indem er ihm Näheres über das erste Stockwerk des Palastes erzählte. Dieser war einer der prunkvollsten von Rom und wegen der Pracht seiner Empfangsräume berühmt. Getanzt wurde in der Bildergalerie, einem zwanzig Meter langen, königlichen, von Meisterwerken überströmenden Saal, dessen acht Fenster auf den Corso gingen. Das Büffet war im Antikensaal aufgestellt; es war ein Marmorsaal, in dem sich eine in der Nähe des Tibers aufgefundene Venus befand, die mit der des Kapitols rivalisirte. Dann kam eine Reihe wunderbarer, noch in der Pracht von einst strahlender Salons; sie waren mit den seltensten Stoffen ausgeschlagen und enthielten von der einstigen Einrichtung noch einige unvergleichliche Stücke, auf die die Antiquitätenhändler in der Hoffnung auf den künftigen, unvermeidlichen Ruin lauerten. Unter diesen Salons war besonders einer, der kleine Spiegelsaal, berühmt; es war ein rundes Gemach im Stil Louis XV., gänzlich mit Spiegeln in geschnitzten, köstlichen Rokolorahinen von außerordentlicher Kostbarkeit ausgestattet.
»Sie sollen sogleich alles sehen,« sagte Narcisse. »Aber lassen Sie uns hier eintreten, wenn wir ein wenig aufatmen wollen. Hieher hat man für die schönen Damen, die sich niedersetzen, gesehen und geliebt werden wollen, die Fauteuils aus der Nebengalerie getragen.«
Der Salon war sehr groß und mit dem wunderbarsten Genueser Sammet, den man sehen konnte, ausgeschlagen; es war jener alte Sammet mit blassem Atlasgrund und leuchtenden Blumen, deren Grün, Blau und Rot aber göttlich verblichen ist und den weichen, welken Ton alter Liebesblumen angenommen hat. Auf den Pfeilertischen, in den Glasschränken befanden sich die kostbarsten Kunstgegenstände des Palastes: elfenbeinerne Kästchen, gemalte und vergoldete Holzschnitzereien, Silbersachen – eine Anhäufung von Wunderdingen. Auf die zahlreichen Sitze hatten sich thatsächlich schon Damen zurückgezogen, die die Menge flohen; sie saßen in kleinen Gruppen umher und lachten und
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