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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Annullirung der Ehe mit großer Stimmenmehrheit votirt hat.«
    Pierre geriet abermals in Aufregung. Da er nach seiner Rückkehr aus Frascati noch keine Zeit gehabt hatte, jemand aus dem Palazzo Boccanera zu sehen, so fürchtete er, daß es eine falsche Nachricht sein könne.
    Der Prälat glaubte sein Ehrenwort geben zu müssen.
    »Es ist ganz sicher, ich habe die Nachricht von einem Mitgliede der Kongregation erhalten.«
    Aber plötzlich entschuldigte er sich und entschlüpfte.
    »Verzeihung, aber da ist eine Dame, die ich nicht bemerkte und begrüßen möchte.«
    Er lief sofort zu ihr hin und umschwärmte sie. Da er sich nicht setzen konnte, blieb er, seine hohe Gestalt herabbeugend, stehen, als hülle er die junge, so frische, so stark entblößte Frau, die bei der leichten Berührung des lila Seidenmäntelchens so schön lachte, mit seiner galanten Höflichkeit ein.
    »Sie kennen diese Dame, nicht wahr?« fragte Narcisse Pierre. »Nein? Wirklich nicht? Das ist die gute Freundin des Grafen Prada, die reizende Lisbeth Kauffmann, die ihm eben einen dicken Jungen geschenkt hat und heute abend zum erstenmal wieder in Gesellschaft erscheint. Sie wissen, sie ist eine Deutsche, hat hier ihren Gatten verloren und malt ein bißchen, sogar ziemlich hübsch. Den Damen der Fremdenkolonie wird viel verziehen, und diese ist wegen der rosigen Laune, mit der sie in ihrem kleinen Palast in der Via Principe Amadeo empfängt, besonders beliebt. Sie können sich denken, daß die Nachricht von der Annullirung der Ehe sie belustigen muß!«
    Diese hochblonde, tiefrosige, sehr lustige Lisbeth mit ihrer Atlashaut, ihrem Milchgesicht, ihren so zart blauen Augen, ihrem Munde, dessen liebenswürdiges Lächeln durch seine Anmut berühmt war, war wirklich köstlich; insbesondere an diesem Abend besaß sie in ihrem weißen, goldgeflitterten Seidenkleide eine solche Lebensfreude, eine solche glückliche Gewißheit, frei, geliebt zu sein und zu lieben, daß die Nachricht, die man sich ringsum zuflüsterte, die Bosheiten, die hinter dem Fächer gesprochen worden, sich zu ihrem Triumph zu wenden schienen. Aller Blicke waren einen Augenblick auf sie gerichtet, unterdrücktes Gelächter ertönte und unehrerbietige Scherze kreisten ganz leise von Mund zu Ohr, während sie, strahlend in ihrer frech-heitern Ruhe, mit entzückter Miene die Galanterien Monsignore Fornaros entgegennahm. Er beglückwünschte sie zu einem Gemälde, einer Jungfrau mit der Lilie, das sie in eine Ausstellung geschickt hatte.
    Ach, welche Aufregung diese Annullirung der Pradaschen Ehe, die seit einem Jahr die Lästerchronik Roms bestritt, noch ein letztesmal hervorrief, als die Nachricht davon mitten in diesen Ball hineinfiel! Die schwarze und die weiße Gesellschaft hatten sie schon lange als ein Schlachtfeld auserwählt, um darauf die unglaublichsten Nachreden, endlose Klatschereien und märchenhafte Geschichten auszutauschen. Nun war es aus. Der unerschütterliche Vatikan wagte die Annullirung unter dem Vorwand auszusprechen, daß die Ehe infolge Unvermögens des Gatten nicht habe vollzogen werden können. Ganz Rom würde darüber lachen; sobald es sich um Geldangelegenheiten der Kirche handelte, zeigte es offen seinen Skeptizismus. Schon waren die Ereignisse des Kampfes niemand unbekannt; alle Welt wußte, daß der empörte Prada sich abseits gehalten, die unruhigen Boccaneras Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hatten, daß unter die Kreaturen der Kardinäle Geld ausgeteilt worden war, um ihren Einfluß zu kaufen, und daß man den zuletzt günstigen Bericht des Monsignore Palma indirekt mit einer großen Summe bezahlt hatte. Man sprach von mehr als hunderttausend Franken im ganzen, was man nicht allzu teuer fand; denn eine andere Scheidung, die einer französischen Gräfin, hatte beinahe eine Million gekostet. Der heilige Vater hatte so viele Bedürfnisse! Uebrigens ärgerte das niemand; man begnügte sich damit, boshaft darüber zu scherzen. Die Fächer wehten in der wachsenden Hitze noch immer und die Damen überlief bei dem diskreten Flug der leichtfertigen, kaum gemurmelten Worte, die ihre nackten Schultern streiften, ein behagliches Zittern.
    »O, wie froh muß die Contessina sein!« hob Pierre wieder an. »Ich habe nicht begriffen, warum ihre kleine Freundin bei unserm Kommen sagte, daß sie heute abend so glücklich und so schön sein werde. Sicherlich kommt sie deshalb – sie, die sich seit dem Prozeß als in der Trauer befindlich erachtete.«
    Aber Lisbeth hatte

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