Roman
…«
»Hör auf …«
»… du kannst dich glücklich schätzen, dass wir nicht alle die Beherrschung verloren haben und auch einen Schluck nehmen wollten.«
»Nach allem, was ich für den Sender und für euch getan habe, hättet ihr zugelassen, dass diese Bestie mir die Kehle herausreißt. Ich dachte, ihr wärt meine Freunde!«
»Das sind wir«, entgegnet Regina ruhig. »Aber wir sind eben auch Vampire. Wir sorgen füreinander.«
»Was habt ihr mit …«, ich kann den Namen meines Beinahe-Mörders nicht über die Lippen bringen, »… mit ihm gemacht?«
»Er ist hier unten, in unserer Obhut. Der arme Junge ist vollkommen erschöpft und unleidlich, ganz wie ein Baby, das nicht mehr die Brust bekommt, sondern nur noch das Fläschchen.«
»Ich hoffe, du hast Verständnis dafür, dass ich darauf scheiße. Hol ihn mir ans Telefon!« Ich habe nicht die geringste Lust, mit ihm zu reden, jetzt nicht und niemals. Aber ich brauche ein paar Antworten zum Thema Jolene und Skywave.
»Er ist noch nicht in der Lage, mit Menschen in Kontakt zu treten. Monroe, Spencer und Jim treffen gerade Vorbereitungen, um ihn bei der Suche nach seinem Blutvater zu begleiten.«
»Lass mich raten: Gideon?« Ich werfe David einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Jep, der Wichser«, bestätigt Regina meinen Verdacht. »Das war der erste Angriff von seinen Leuten. Sie verlangen von uns, die Werbekampagne für den Sender zu stoppen.«
»Wenn Gideon so gefährlich ist, wieso wollt ihr Travis dann zu ihm bringen?«
»Sie gehören zusammen, zumindest solange Travis noch ein gerade erst verwandelter Vampir ist. Ist eine Vampir-Sache. Aber noch wichtiger ist, dass es höchste Zeit ist, mit Gideon zu verhandeln. Gideon lässt uns durch Travis bestellen, das nächste Mal lasse er eine echte Leiche so zurück, dass die Spur die Cops direkt zu uns führt.«
»Aber wäre das nicht auch ein Schlag ins Kontor, was Gideons eigenes Ziel angeht: das Geheimnis der Vampire zu wahren?«
»Klar wäre das ein Schlag ins Kontor für alle, aber vor allem und zuerst für uns. Das Ganze hat, finde ich, was vom Kalten Krieg. Wir müssen also für Entspannung sorgen, ohne gleich zu kapitulieren.« Im Hintergrund hört man Stöhnen und Gejammer. »Ich geh jetzt besser und kümmere mich um Travis. Sage Elizabeth, sie soll sich mit uns heute Nacht vor Gideons Ranch treffen.«
»Weswegen?«
Regina seufzt. »Für Abrüstungsverhandlungen.«
21
Bigmouth Strikes Again
Nie zuvor in meinem Leben bin ich in einem Mercedes gefahren, nicht einmal in einer so alten Kiste wie dieser. Selbst das hellbraune Kunstleder des Rücksitzes erweckt den Eindruck von Eleganz. Ich reiße mich heftig am Riemen, um nicht ständig darüber zu streicheln.
»Unsere Akte über Gideon ist ziemlich dünn«, erklärt Elizabeth David gerade, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat. »Wir wissen nur, dass er über hundert Jahre alt ist, wahrscheinlich Amerikaner, und dass er draußen in den Appalachen, irgendwo am Fuße des Catoctin, eine Ranch hat. Sein Besitz scheint nicht weit entfernt von Camp David zu liegen. Es ist eine Art Rückzugsort für alte Vampire, die sich in der Gegenwart nicht mehr zurechtfinden. Bis jetzt hat er den Rest der Welt immer schön zufrieden gelassen. Die Art, wie er die Vampire, die ihm folgen, gegen jeglichen menschlichen Einfluss abschottet, grenzt sogar an Fanatismus.«
»Warum tut er das: sie von Menschen abschotten?«, will ich wissen.
»Es geht ihm um Reinheit, vermute ich. Um Überlegenheit.«
»Und was ist mit dir? Glaubst du auch, Vampire sind höher entwickelt als Menschen?«
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Sie blickt zu David hinüber. »Wirklich nicht.«
Ich beuge mich vor. »Ich hätte gern gewusst, ob ich die verschiedenen Parteien richtig begriffen habe: Die Liga beschützt die Menschen vor den Vampiren, richtig?«
»Sofern es nötig wird, ja«, erwidert Elizabeth. »Aber wir schützen die Vampire auch vor sich selbst.«
»Manchmal unter Verlust ihrer Freiheit.«
»Nur wenn …«
»Bitte, ich möchte meinen Gedankengang zu Ende führen. Gideons Bande will auch nichts anderes als Vampire schützen. Aber Gideon und Co. wollen mehr als nur überleben. Sie wollen vollkommene Abgeschiedenheit und Freiheit. Sie sind sogar bereit, Menschen wie Travis zu töten, um ihre Wünsche durchzusetzen.«
Elizabeth wirft mir im Rückspiegel einen finsteren Blick zu. »So scheint es jedenfalls, ja.«
Mit einem Mal wird mir ganz anders; mein Magen-Darm-Trakt
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