Roman
Brustbein stoßen – genau dorthin, wo der Halsausschnitt seines TShirts endet. Das Kreuz berührt Jims Haut, ohne Wirkung zu zeigen.
Ich lege die Halskette auf eines der Bücherregalbretter. Schlagartig wird mir klar, dass an der Schwelle des Todes mein panisches Hirn neben dem Abspulen von Erinnerungen und Dingen, die ich bedauere, für eine Sache keine Zeit fand.
Für ein Gebet.
24
At Last
Es ist ausgerechnet Franklin, der kommt, um mich abzuholen. Lawrence winkt Jim und mir von der Veranda aus nach. Auf seinen Lippen liegt ein feines Lächeln, das mir sagt, wir würden ihn schneller wiedersehen, als uns lieb wäre.
»Ich düse dann mal rüber zum Sender.« Jim deutet zu seinem Wagen hinüber. »Muss um drei auf Sendung sein.« Er sucht in den Taschen seiner Jeans nach den Autoschlüsseln.
»Danke, dass du bei mir geblieben bist«, sage ich. »Glaube ich jedenfalls.«
Jim zuckt mit den Schultern und schlurft zu seinem Dodge Charger. Er streicht mit der Hand über Janis’ Dach, als ob er seinem Auto versichern wolle, alles sei okay, Daddy sei wieder da.
Franklin schaut Jim hinterher. Dann wendet er sich mir zu. »Sind Sie okay?«
Ich schüttele den Kopf. »Aber ich möchte nicht darüber reden.«
»Gut, denn ich möchte auch nichts davon hören.« Er öffnet die Seitentür des Pickups und deutet auf eine Einkaufstüte aus Plastik, die auf dem Boden vor dem Beifahrersitz liegt. »Dachte, Sie würden vielleicht hungrig sein. Und durstig.«
Ich reiße die Tüte an mich und schaue hinein. Zwei Flaschen Wasser, ein Putensandwich und Knabberkram bis zum Abwinken.
Wehe, jemand spricht in meiner Gegenwart noch einmal schlecht von Franklin.
Franklin ruft kurz bei David durch, um ihn wissen zu lassen, dass ich nicht mehr in Gefahr bin, aber noch nicht bereit für einen Bericht über die Ereignisse. Nach mehreren Kilometern Fahrt und mehreren Minuten, in denen ich nichts anderes tue, als Essen in mich hineinzustopfen, lösen sich meine Gedanken vom Trauma der jüngsten Vergangenheit und richten sich auf die Gefahren der nahen Zukunft.
»Was wird jetzt aus dem Sender?«
Franklin runzelt die Stirn. »Im Büro hat Elizabeth kein Testament hinterlegt. Daher hat David vor, morgen Nacht ihre Wohnung in Rockville zu durchsuchen.«
»Warum denn nachts?«
»Sollte Elizabeth einen Safe haben, braucht David Shane, um ihn zu knacken. Hoffentlich enthält der Safe die Papiere, die wir brauchen, um den Sender auch nach ihrem Tod zu betreiben.«
»Aber sie war doch schon tot.«
»Es ist noch nicht lange her, dass sie eine neue Identität bekommen hat. Was die Bundessteuerbehörde angeht, ist sie jedenfalls immer noch am Leben. Früher oder später aber wird irgendein Geschäftspartner oder Kreditgeber, mit anderen Worten also niemand von uns, sie als vermisst melden.«
»Und dann kommen die Cops.«
»Und zuerst werden sie im Sender nach ihr suchen.«
»Was die Wohnstatt unserer Vampire mit einschließt.« Ich fahre mir mit der Hand übers Gesicht. »Und wir können sie nicht als vermisst melden, ohne den Sender zu verlieren. Er wird Stück für Stück verkauft, ganz wie Jim es schon gesagt hat.«
Der Gedanke an Jim bringt auch die Erinnerung an Gideons Besuch in unserem Zimmer zurück. Ich keuche auf. Fast hätte ich mich an den Chips verschluckt.
»Ich muss David anrufen. Sofort!«
Franklin klappt sein Handy auf, drückt die entsprechende Kurzwahltaste und gibt es mir.
David ist mit der Begrüßung gerade einmal bis zur Hälfte gekommen, da platze ich schon heraus: »Antoine war Gideons Sohn.«
Franklin flucht. Der Pickup schlingert beinah über die gelbe Highway-Markierung.
Von David auf der anderen Seite der Leitung ist nichts zu hören. Ich nehme das Handy vom Ohr und checke den Empfang. Drei von vier Balken. »David, sind Sie noch da?«
»Sie wollen mich wohl verarschen!«
»Er war nicht nur sein Sohn, sondern auch sein Abkömmling.«
Wieder folgt ein langes Schweigen. »Das glaube ich nicht.«
»Ich denke, er weiß nicht, dass Sie Antoine gepfählt haben, und auch nichts von Elizabeths Bindung an seinen Sohn.«
»Er hätte sie nicht mit einem Pflock durchbohrt, wenn er das gewusst hätte. Kein Vampir verletzt jemanden aus der eigenen Blutlinie.«
»Gideon hat offenbar kein Problem damit, Travis wehzutun.«
David ignoriert meinen Einwand. »Was haben Sie sonst noch von Gideon über Antoine erfahren?«
Ich gebe alles wieder, was mir der alte Vampir erzählt hat, von Antoines Menschenjagd bis hin
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