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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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fällt der Unterkiefer herunter, und mein Mund formt ein großes O, wie in O Scheiße . Ich wage nicht, zu Gideon hinüberzublicken.
    Einen Sekundenbruchteil lang starrt die Reporterin David verständnislos an, dann gluckst sie vor Lachen. »Faszinierend!« Sie schneidet eine Grimasse in die Kamera. »Erzählen Sie uns mehr darüber.«
    »Das kann ich leider nicht«, erwidert David, »nicht, ohne uns alle in Gefahr zu bringen. Glauben Sie mir, man sollte sich mit diesen Leuten besser nicht anlegen.«
    David dreht sich um, um zu gehen. Für ihn ist das Interview zu Ende. Michelle packt ihn am Ärmel.
    »Warten Sie, und was ist mit …«
    »Kein Vampir-Geplauder mehr. Es hat Spaß gemacht, aber jetzt ist es an der Zeit, dass sie wieder in ihren Särgen verschwinden.« Er schenkt ihr ein affektiertes Lächeln und zwinkert ihr zu.
    Ms. Sims lacht und wendet sich wieder der Kamera zu. »Da haben Sie es: Eine Vampir-Mafia hat ihr Hauptquartier gleich neben Camp David. Aus Sherwood für Sie: Michelle Sims.«
    »Danke, Michelle.« Die Nachrichtenmoderatorin im Studio zieht die Augenbrauen hoch, als sie den Co-Moderator anblickt. »Fällt das nun in die Zuständigkeit des FBI oder des Secret Service?«
    »Wohl eher in die des National Enquirer oder eines anderen Boulevardblättchens«, antwortet er ihr. Beide brechen in schallendes Gelächter aus. »Nun zum Wetter. Lassen Sie uns doch einen Blick auf die …«
    Ned schaltet den Fernseher aus. Aller Augen ruhen auf Gideon. Er streicht sich übers Kinn und starrt auf den leeren grauen Bildschirm, als ob er von dort noch Antworten erwarte.
    Ich räuspere mich und bereite mich auf einen raschen Rückzug vor. »Nun, das war ein guter Witz.«
    Schnell wie eine Kobra hat mich Gideon im Nacken gepackt und reißt mich an sich. Jim will ihn daran hindern, aber Wallace und Jacob halten ihn an den Armen fest.
    Gideon hebt mich hoch, bis ich nur noch mit den Zehenspitzen den Boden berühre. Meine Knie verwandeln sich in Wackelpudding, und nur mein Zustand der Dehydrierung rettet mich davor, die Kontrolle über meine Blase zu verlieren.
    Gideon drückt mir sanft einen Finger auf die Lippen. »Still jetzt«, raunt er mir zu, »ich denke nach.«
    Er beginnt im Raum auf und ab zu gehen, zieht mich dabei mit sich. Ich will auf gar keinen Fall stolpern, aus Angst, er könne mich dann hochreißen und mir dabei das Genick brechen.
    »Entweder ist es dumm oder brillant«, murmelt Gideon. »Aber was genau? Vielleicht beides. Sie haben gelacht, sie haben alle gelacht. Aber das haben sie schon immer getan. Und selbst wenn neunundneunzig lachen, könnte der Hundertste neugierig werden und nachsehen wollen …«
    Keiner von Gideons Handlangern gibt seinen Senf zu den Überlegungen ihres Meisters hinzu. Gideon hat sich mit Ja-Sagern umgeben. Wenn er mich zum Vampir macht, werde dann auch ich eine seiner blinden Gefolgsleute?
    Gideon murmelt immer noch vor sich hin. In meinem Nacken staut sich unter seinem harten Griff pulsierend das Blut. Ich spüre, wie er mit jedem Schritt wütender wird, mit jedem unverständlichen Wort, das er vor sich hinmurmelt. Seine Bewegungen werden eckiger; das Schritttempo zieht an. Er zerrt mich hinter sich her, bis ich rennen muss, damit mir der Kopf nicht vom Rumpf gerissen wird.
    Plötzlich bleibt er stehen und blickt mich an. Nein, er blickt mich nicht an, er blickt in mich hinein. Der Blick aus seinen schwarzen Augen heftet sich zuerst an meine Schläfen, wandert hinunter zu meinem Hals und von dort bis zu meinem Brustkorb, dort, wo das Herz sitzt. Es ist genau wie damals, als Regina mit ihrem Fingernagel den Verlauf von Loris Adern nachgezeichnet hat. Meine Adern scheinen sich unter Gideons kaltem Blick zusammenzuziehen, als ob sie wüssten, dass man sich gleich an ihnen vergehen wird.
    Ich bin Beute.
    Gideon wiegt sich sacht im Rhythmus meines Herzschlags. Ganz langsam zieht er mich näher zu sich heran. Mit seiner großen Pranke drückt er meinen Kopf zur Seite; mein Halsansatz ist ihm jetzt bestens zugänglich. Mit trockenem Mund bringe ich ein leises »Nein!« heraus.
    »Schscht.« Als er das sagt, kann ich seine Fangzähne aufblitzen sehen. »Es tut viel weniger weh, wenn man sich nicht dagegen wehrt.«
    Mit den Lippen streift er über die Haut gleich unter meinem Ohr. Mich regiert jetzt allein der Instinkt, und ich stemme mich gegen Gideon. Es hat etwa so viel Erfolg wie der Versuch, ein großes Zugpferd von der Stelle zu bewegen, das nicht weiter will. Mit der

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