Roman
zum doppelten Spiel der Liga.
»Sie weiß es also!« Davids Ton wird eisig. »Die Liga hat die ganze Zeit über gewusst, wer Gideon ist und hat uns nichts davon gesagt.« Er röchelt fast beim Atmen. »Wenn wir das gewusst hätten, wären wir nie dorthin gefahren, und Elizabeth würde immer noch hier sein.«
Ich weiß darauf nichts zu antworten außer: »Es tut mir leid.«
»Es ist nicht Ihre Schuld.«
»Wenn ich mein Maul nicht so weit aufgerissen hätte …«
»Gideon hat bloß nach einem Anlass gesucht, um Elizabeth zu töten und der Liga den Krieg zu erklären. Was ist sonst noch passiert?«
Ich berichte, wie ich beinahe als Appetithäppchen für Gideons Fangzähne geendet wäre. Meine Stimme bleibt dabei so ruhig, dass es mich erschreckt. Ich rede darüber, als wäre es jemand anderem und nicht mir passiert.
»Tut mir leid, das Interview«, entschuldigt er sich. »Ich bin in Panik geraten, als die Reporterin die DJ s draußen in der Sonne sehen wollte.«
»Sie brauchen dringend ein paar Lektionen in Schlagfertigkeit. Aber Gideon reagiert nicht rational. Möglicherweise hätte er mich so oder so beißen wollen, ganz egal, was Sie gesagt hätten.« Wir fahren ins nächste Tal. Die Verbindung wird schlechter. »David, wir fahren ins nächste Funkloch. Rufen Sie bitte Shane an und sagen Sie ihm, dass es mir gut geht.«
Die Verbindung reißt ab, das Handy ist tot. Ich gebe es Franklin zurück.
Er schenkt mir ein bitteres Grinsen. »Ich kann das böse Ende dieser Geschichte kaum noch erwarten.«
Es ist nach halb elf, als Franklin mich vor meiner Wohnung absetzt. Ich greife nach der Tüte mit dem Knabberzeug, winke ihm zum Abschied noch hinterher und will zur Haustür.
Shit. Ich habe meine Handtasche, mit Schlüsseln und Handy, vor zwei Tagen in Elizabeths Auto liegen lassen.
»Stop!« Ich renne Franklins Pickup hinterher und wedele wild mit den Armen. Aber es ist zu spät.
Ich seufze und gehe langsam in Richtung Haustür zurück. Vielleicht habe ich ja – Wunder über Wunder! – die Tür nicht abgeschlossen, oder vielleicht arbeitet mein Vermieter noch spät unten in der Pfandleihe.
Da öffnet jemand von drinnen die Haustür und tritt auf den Bürgersteig hinaus.
»Ciara.«
Shane sagt meinen Namen sanft, mit der perfekten Betonung.
Ich lasse meine wertvolle Last einfach fallen und sprinte in seine Arme. Seine Arme umschließen mich; er hebt mich hoch und drückt mich an sich. Lange Zeit sagt keiner von uns beiden ein Wort.
Schließlich spricht er, und seine Stimme ist nur ein Flüstern: »Ich dachte schon, ich sehe dich nie wieder.«
Ich löse die Umarmung und nehme sein Gesicht in beide Hände. »Doch, das wirst du, versprochen.«
Ohne mich herunterzulassen, öffnet Shane die Tür und schlüpft mit mir im Arm ins Haus. Er schließt die Tür hinter uns und trägt mich die dunkle Treppe hinauf.
Ich umschlinge seinen Hals. »Ich weiß, das klingt jetzt entsetzlich abgedroschen, aber ich habe dich vermisst.«
»Dann hättest du mir ’ne Postkarte schicken sollen.«
Es tut gut, zu lachen. Es tut gut, Shane zu umarmen. Es tut gut …
… all das zu tun, was auch immer wir jetzt noch tun werden.
Shane trägt mich in mein Schlafzimmer, das vom sanften Licht einer Lampe erhellt wird. Aus meiner Stereoanlage dringen ruhige Akkorde: die zweite Scheibe der Doppel CD The Essential Leonard Cohen . Normalerweise zerreißt mir die düstere Melancholie dieses Albums das Herz. Aber heute Abend ist es genau die richtige Musik.
Shane legt mich aufs Bett und streckt sich dann neben mir aus. Seine Hand streichelt meinen Hals und meinen Arm, fährt dann meine Taille entlang zur Hüfte. Sein Blick folgt der Hand, als ob er nicht glauben könnte, dass ich wirklich da bin.
Endlich finden sein Blick und seine Hand zu meinem Gesicht zurück. Er betrachtet mich mehrere Sekunden lang. Ich warte darauf, dass er mich fragt, ob ich zu müde bin, zu verängstigt, zu traumatisiert für mehr. Doch offenkundig liest er mir die Antwort vom Gesicht ab.
Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst mich. Jetzt bin ich an der Reihe, ihn zu berühren, überall, alles, was ich schon verloren glaubte.
Ich knöpfe Shanes Hemd auf. Darunter finden meine Hände die glatte, weiche Haut seiner Brust. Die Haut fühlt sich warm an. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken, welche Spenderin er am heutigen Abend wohl besucht hat.
»Ich habe unseren Kühlschrank geplündert«, sagt Shane leise, »falls du dich fragst, warum ich mich
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