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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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– also, dass ich ein Vampir bin.« Es klingt ein wenig gestelzt, wie er das so sagt, wie ein Satz, den jemand in einer Fremdsprache von sich gibt. »Es klingt ja auch ziemlich krank.«
    »He, ich weiß was! Ich fessle dich an die Bettpfosten und warte bis Sonnenaufgang. Wenn du dann in Flammen aufgehst, ist das der Beweis, dass du mich nicht auf den Arm genommen hast.«
    Sein Kopf ruckt zu mir herum, und ich schwöre, dass ich einen Moment lang echte Angst in seinem Blick sehe. Dann blinzelt er und widmet sich wieder den CD s. »Hilfst du mir eben?«
    Ich seufze und rutsche vom Bett. »Sicher doch. Wie könnte man seinen Freitagabend besser verbringen.«
    »Wir haben hier vier Stapel.« Er tippt auf jeden der vier. »A bis G, H bis N, O bis T und dann der Rest.«
    »Basiert diese Aufteilung auf statistischen Erhebungen über die alphabetische Verteilung von Bandnamen, werden also die vier Stapel nachher alle gleich hoch sein?«
    Er sieht mich ehrfürchtig an. »Nein, aber das ist eine wirklich fantastische Idee!«
    Ich nehme eine Handvoll CD s aus dem Regal und beginne mit dem Sortieren. »Also worauf beruht das System nun? Es handelt sich nicht um dieselbe Anzahl von Buchstaben pro Stapel, denn sechsundzwanzig ist nicht durch vier teilbar.«
    Er zögert. »Das klingt wahrscheinlich ziemlich blöd.«
    »Sag’s mir trotzdem!«
    »Nein, du lachst mich sicher aus.«
    »Ich verspreche dir, ich tu’s nicht.«
    Er rückt die CD s gerade, die ich soeben auf den H-bis-N-Stapel gelegt habe. »Als ich klein war, hatte ich eine magnetische Buchstabentafel, von Fisher-Price oder so was. Die Buchstaben waren in vier Reihen geordnet, jede Reihe hatte eine andere Farbe. Ich habe das Alphabet immer noch nach diesen Farben sortiert im Kopf.« Shane schaut mich an. »Nur für den Fall, dass du noch Zweifel daran hattest, dass ich ein Freak bin.«
    Tatsächlich macht es Shane für mich noch menschlicher. Ich halte eine CD hoch. »Welche Farbe hat M?«
    »Rot.« Er nickt beifällig über die getroffene Wahl. »Mudhoney. Nicht schlecht.«
    Ich fühle mich geschmeichelt angesichts der geäußerten Anerkennung eines Rockmusik-Profis. Ich unterdrücke ein entsprechend geschmeicheltes Lächeln und beuge mich vor und über Shane hinweg, um die CD auf den zweiten Stapel zu legen.
    Als ich den Arm zurückziehe, streift mein Ellbogen Shanes Knie – aus Versehen natürlich. Für einen Sekundenbruchteil sortiert Shane meine CD s langsamer, aber dann macht er weiter wie gehabt.
    Wie wir so nebeneinandersitzen, sind wir fast gleich groß – was heißt: Shane hat einfach sehr lange Beine. Trotzdem hat er keine Mühe, sie zum Schneidersitz zusammenzufalten. Ich mag Kerle, die beweglich sind.
    Aus der Art und Weise, wie er die CD s hält und verteilt, kann ich außerdem ableiten, dass er Linkshänder ist. Demnach mit dominanter rechter Gehirnhälfte, also vielleicht der kreative Typ. Dann wäre es nur seltsam, dass er auf Buchstaben fixiert ist, was ein typisches Zeichen für die Dominanz der linken Gehirnhälfte ist. Das Ganze macht mich noch misstrauischer.
    »Es ist echt seltsam«, sagt Shane. »Ich höre die Musik der anderen DJ s wirklich gerne, aber sie verstehen meine nicht. Es kommt mir immer so vor, als ob sie sie gar nicht richtig hören könnten.«
    Ich versuche ein locker-flockiges Lachen. »Macht einen sicher einsam, wenn man so zwischen Dinosauriern lebt.«
    Shane lächelt nicht. »Ich verwandele mich auch gerade in einen. Jedes Mal, wenn ich das Radio anmache – also ich meine, nicht unseren Sender, sondern einen der anderen –, fühle ich mich echt verloren in der Gegenwart.« Er runzelt die Stirn, als er meine Limp-Bizkit- CD in der Hand hält. »Ich finde, es klingt nicht mal wie Musik.«
    Ich angle die aktuelle Scheibe der White Stripes vom U-bis-Z-Stapel herunter. »Lass mich dir etwas richtig Endgeiles vorspielen, dann merkst du sicher gleich …«
    Ich bremse mich gerade noch rechtzeitig. Da spiele ich doch tatsächlich sein Spiel mit und tue so, als ob sein Wirklichkeitsempfinden wahr wäre!
    »Warte mal ’nen Augenblick«, sage ich also. »Wenn du in der Vergangenheit feststeckst, wie kannst du dann wissen, dass es die Vergangenheit ist? Muss es nicht so sein wie bei den wirklich verrückten Leuten, die nicht wissen, dass sie verrückt sind?«
    Shane lehnt sich gegen die Seite des Betts. Er denkt nach. »Weißt du, eigentlich hast du Recht.«
    Ich grinse. »Siehst du! Ich hab dir doch gleich gesagt …«
    »Solange es

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