Roman
gleich danach zum weiteren Einweichen von Laken und Decke mit frischem Wasser. Aus dem Schrank im Flur ziehe ich die Winterdecke und lege mich für heute Nacht zum Schlafen ins Wohnzimmer. Ich kann den Anblick des Fiaskos in meinem Schlafzimmer nicht ertragen. Außerdem habe ich keine Laken zum Wechseln. Die auf meinem Bett gewesen sind, sind die einzigen, die ich habe.
Während ich eingerollt auf der Couch liege, fliegen Erinnerungen an Lust und Schmerz durch mein benebeltes Hirn. Ich hoffe inständig, mein Unterbewusstsein hält diese beiden Dinge schön getrennt voneinander. Zu dieser Sorte Mädchen gehöre ich nicht.
5
Crossroad Blues
Ich stehe kurz davor zu ersticken, aber das ist voll in Ordnung, denn dem hellen Licht nach zu urteilen, habe ich es irgendwie in den Himmel geschafft. Ich hätte ja nie gedacht, es könnte da oben so schwül sein.
»Ciara?«
»Hallo, Gott.« Um ehrlich zu sein, bin ich enttäuscht. Er sieht echt aus wie ein Mensch, ein männlicher Mensch noch dazu. Ich habe eigentlich immer gedacht, das wäre ein Ausschlusskriterium, wenn es um Perfektion geht.
Er rüttelt mich an der Schulter, eine derbe und ziemlich ungehobelte Geste für eine Gottheit. »Ciara, wach auf!«
»Ist heiß hier oben. Kann ich ein Popsicle haben?«
Ja, ein Wassereis wäre jetzt genau das Richtige. Die Antwort: schweres Seufzen, nicht sehr gottmäßig. Mein Verstand befreit sich aus dem Treibsand, der wohl Schlaf gewesen sein muss.
Aber wenn ich nicht tot bin …
Ich setze mich abrupt auf und werfe die Decke von mir. Mit der Hand schlage ich gegen ein solides Hindernis, das zu grunzen vermag.
David.
»Was zum Teufel …?!« Ich muss blinzeln, um ihn anzusehen, wegen des hellen Morgenlichts. David schneidet Grimassen und schüttelt heftig seine Hand. Die Bewegungen seiner Finger lassen darauf schließen, dass sie nicht gebrochen sind.
»Die Tür war nicht abgeschlossen«, erklärt David. »Sie sind längst nicht so clever, wie ich geglaubt habe.«
Sein verwirrt-besorgter Blick verrät mir, dass ich auch nicht so viel Hose trage, wie er bis eben geglaubt hat. Mit einem Ruck ziehe ich das Laken über meine blanken Beine, von denen eines immer noch schmerzhaft pocht. »Entschuldigung, dass ich Sie gerade mit der Hand erwischt habe. Normalerweise bin ich ausgesprochen nett zu Männern, die meine Wohnung betreten, während ich schlafe.«
»Shane meinte, Sie bräuchten Hilfe.«
Dieses Eindringen in meine Privatsphäre sollte mich eigentlich in Rage bringen. Aber ich fühle mich einfach nur verschwitzt und echt miserabel in meinem Sweatshirt. Ich zerre an dessen Halsausschnitt herum. »Ich sollte was anderes anziehen.«
»Und ich sollte mir zuallererst die Bisswunde ansehen.« David hebt abwehrend die Hand, als ich ihm einen giftigen Blick zuwerfe. »Wenn Sie sich dann besser fühlen: Ich bin ausgebildeter Rettungssanitäter.« Er öffnet eine rote Tasche aus Vinyl, die auf dem Couchtisch steht, und ein komplettes Arsenal an Verbandsmitteln wird sichtbar: sterile Kompressen, Mullbinden, Heftpflaster, elastische Binden. Ich möchte lieber nicht wissen, wofür die Pinzetten gut sind.
An die klaffende Wunde zu denken bringt mein Hirn erneut ins Schwimmen. Ich lasse mich in die Kissen zurückfallen. »Geben Sie mir wenigstens ein frisches TShirt aus der Kommode! In der obersten Schublade.«
David macht sich auf ins Schlafzimmer. Ein paar Augenblicke später erscheint er mit dem TShirt von der letzten Warped-Tour. Punk und Extremsport – hält er wohl für passend. Er reicht mir das Shirt und verkrümelt sich hinaus in den Flur. »Es tut mir ehrlich leid, dass Sie verletzt wurden. Ich wollte wirklich nicht, dass Sie es auf die harte Tour herausfinden.«
»Eigentlich habe ich es schon durch das nette, nützliche Büchlein herausgefunden, das Sie mir mitgegeben haben.« Das Sweatshirt bleibt mir am Rücken kleben, als ich versuche, mich aus ihm herauszuwinden. »Ich habe nur nicht glauben wollen, was da steht.«
»Ich weiß. Ich habe Ihre Nachricht bekommen.«
Ich ziehe mir das frische TShirt über den Kopf und wünschte nur, ich könnte mich vorher waschen. »Ein Glas Wasser wäre jetzt großartig.«
David durchquert das Wohnzimmer in Richtung Küche. Aus dem Abtropfgestell greift er sich ein Glas und füllt es aus dem Hahn. »Also: Was ist eigentlich passiert?«
»Vampir in Bar getroffen. Vampir mit nach Hause mitgenommen. Bisschen Blut verloren. Oh, und ich glaube, ich habe jemanden ins Kittchen
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