Roman
auch gar nicht nötig.« Ich halte Travis’ Kamera in die Höhe. »Ich kann alle Aufnahmen löschen!«
»Es könnte noch andere geben«, hält mir Spencer entgegen.
»Keins der Fotos ist ein echter Beweis dafür, dass ihr Vampire seid. Wir könnten behaupten, Shane hätte Plastik-Fangzähne benutzt, um sich einen Spaß zu machen.«
»Aber das erklärt nicht, warum er so schnell und stark ist«, wirft Jim ein. »Oder warum er dem Mann eins übergezogen hat, damit der seine Fangzähne nicht fotografiert.«
Shane reagiert wütend. »Na und, dann hab ich halt überreagiert. Du hättest genau dasselbe getan!«
Jim zuckt die Achseln. »Nein. Ich hätte ihn gleich umgebracht.«
»Genau.« Regina schiebt Shane mit erstaunlicher Leichtigkeit beiseite. »Zeit, euren halb erledigten Job zu beenden.« Sie will durch die Tür.
Hastig ziehe ich die obere Schublade der Anrichte auf und greife nach Franklins Arsenal angespitzter Bleistifte. Während ich auf Regina zuschreite, reiße ich die Schachtel auf.
Ehe die anderen auf die Idee kommen, ihr untotes Dasein zu verteidigen, werfe ich die Stifte, Dutzende davon, auf den Boden. Sie purzeln und fliegen, springen und rollen über den Teppich und unter die Möbel der Lounge.
Regina erstarrt. Sie glotzt die Stifte an, dann mich. In ihrem Blick sehe ich mehr Feindseligkeit, als ich sie einer kanadischen Staatsbürgerin je zugetraut hätte. Ein erstickter Schrei entringt sich ihrer Kehle, während sie gegen den Zwang in sich ankämpft. Regina umklammert den Türknauf. Doch dann, mit einem Satz vorwärts, lässt sie ihn los.
Sie fällt auf die Knie und kriecht über den Boden. Hastig klaubt sie Stifte zusammen, wobei sie leise vor sich hinmurmelnd mitzählt. Noah schaut ihr zu; seine Unentschlossenheit lässt ihn innehalten. Spencer und Jim schütteln mitfühlend die Köpfe, gehen aber weiter in Richtung Tür.
»Wagt ja nicht, ohne mich zu gehen!« Regina umklammert die Stifte so fest, dass sie einige einfach durchbricht. »Ach, scheiß drauf! Wo war ich? Siebenundzwanzig oder sechsundzwanzig?« Die Hand zittert ihr vor Wut, als sie die Stifte loslässt und mit dem Zählen und Aufsammeln noch einmal von vorn beginnt.
Ich wende mich an die anderen Vampire. »Wartet, bitte, und hört mir zu. Wenn wir unsere Karten jetzt richtig ausspielen, können wir diesen Travis zu unserem Vorteil nutzen.«
»Sei doch still, verdammt!« Regina ist den Tränen nahe. »So kann ich mich nicht konzentrieren.«
»Wenn wir die Chance haben, Skywave auszutricksen«, sagt Shane, »dann finde ich, sollten wir uns die nicht entgehen lassen.«
Die anderen beäugen ihn, blicken dann zu Regina, als ob sie versuchten herauszufinden, wer von beiden hier momentan das Sagen hat.
Schließlich schüttelt Jim den Kopf. »Viel zu großes Risiko. Kommt, wir machen den Spanner alle.«
»Nicht ohne mich!« Regina kriecht auf allen vieren unter dem Tisch herum, um auch noch die letzten Stifte aufzusammeln. »Dreiunddreißig, vierunddreißig … ich bin fast fertig! Fünfunddreißig …«
Jim öffnet die Tür. »Was zum Teufel?!«
Der Privatdetektiv sitzt zusammengesunken am Fuß der Treppe; sein Kopf lehnt am Geländer.
Ich mache einen Schritt rückwärts. »Das ist Travis.«
Regina schießt rasch wie ein Raubvogel an mir vorbei und auf den Detektiv zu. Sie packt ihn am Hemd und rammt ihm, ohne ihn erst schreien oder betteln zu lassen, die Fangzähne in den Hals. Shane bewegt sich erst jetzt, um sie aufzuhalten. Aber bevor er sie packen kann, schleudert sie Travis von sich fort auf den Boden. Sie würgt, hustet, spuckt wie eine Katze, die mit einem Haarball kämpft.
»Der ist ja schon tot!« Sie wischt sich angeekelt über die Lippen. »Igitt. Das ist, als beiße man in Wackelpudding.«
»Völlig unmöglich.« Shane kniet sich neben Travis. »Er könnte noch gar nicht kalt sein, außer er war bereits …« Er dreht Travis zu sich herum. Dabei werden zwei weitere punktförmige Male am Hals des Detektivs sichtbar. »… ausgesaugt.«
»Du hast doch gesagt, du hättest ihn nicht umgebracht«, sagt Spencer.
»Habe ich auch nicht. Ich habe ihn definitiv nicht gebissen!« Shane sucht mich mit seinem Blick. »Du warst doch dabei.«
Richtig. Aber auf Grund der Dunkelheit hätte ich die Wundmale an Travis’ Hals auch übersehen können.
Shane deutet meinen zweifelnden Gesichtsausdruck richtig. Er steht auf und blickt mir direkt ins Gesicht. »Ciara, ich hätte das gar nicht tun können. Es war nicht genug
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