Roman
an.
»Ciara?«
Shane. Die Antwort bleibt mir in der Kehle stecken. Er ist einer von ihnen.
»Ciara, ich weiß, dass du da drin bist. Ich bin deinem Geruch gefolgt. Ich bin allein, du hast mein Wort drauf.«
»Wo ist er?«
»Sie haben ihn mit nach unten in unser Apartment genommen. Sie geben ihm Blutbankblut, um den ärgsten Durst zu stillen. Danach wollen sie bei einem Spender vorbeischauen, einem von denen, die viel Erfahrung haben.«
»Geniale Idee.« Die Worte muss ich gegen das Schluchzen hervorwürgen, das mir die Kehle eng werden lässt. »Warum sind sie nicht schon früher drauf gekommen, anstatt zu warten, dass er mich verschlingt als wäre er ihr liebstes Python-Haustier?«
»Keine Ahnung.« Shane schweigt einen Augenblick. »Aber ich glaube, sie fühlen sich jetzt echt mies deswegen.«
Ich schnaube. Das ist alles, was ich als Antwort zu geben gewillt bin.
»Darf ich reinkommen?«
Ich verkrieche mich noch tiefer unter dem Schreibtisch. »Ich glaube, ich kann Vampire nicht mehr ausstehen.«
»Ja, und mich auch nicht.«
Shane wartet in der eintretenden Stille geduldig, obwohl er das Schloss mit Leichtigkeit knacken und das Mobiliar beiseiteschieben könnte, um mich zu kriegen.
Endlich gehe ich doch zur Tür. Ich lausche angestrengt, das Ohr am Türblatt, ob ich noch andere als Shane vor der Tür hören kann. Nichts. Ich schiebe die improvisierte Barrikade zur Seite und öffne die Tür.
Shane bewegt sich vorsichtig, ganz langsam, so, als ob ich mich sonst erschrecken und davonlaufen könnte. Dann legt er seine Arme um mich. Ich zittere, meine Zähne klappern so heftig, dass ich Kopfschmerzen bekomme. Ich fühle mich wie nach unserem ersten gemeinsamen Abend, als Shane mich beinahe umgebracht hätte. Ich sollte mich aus seiner Umarmung befreien, nach Hause fahren, meine Sachen zusammenpacken und machen, dass ich von hier wegkomme, nur weg von ihm und seiner dreisten, übertrieben sensiblen Nase. Stattdessen ziehe ich ihn enger an mich und lasse das bisschen Wärme, das er zu geben hat, durch meine Haut in meinen Körper sickern, damit das Zittern endlich ein Ende hat.
Lange stehen wir so da, sagen nichts, bis ich das Offensichtliche in Worte fasse. »Du hast mir das Leben gerettet.«
»Monroe hat dir das Leben gerettet. Und Noah, der los ist, um Monroe zu holen.«
»Aber du hast mit dem Lebenretten angefangen.«
»Dann schuldest du mir wohl was.«
Mir werden die Knie weich, buchstäblich. Das Adrenalin, das Travis’ Angriff in meinem Körper freigesetzt hat, ist aufgebraucht und ebenso die Energie aus dem dreifachen Mocca mit fettarmer Biomilch und eineinhalb Spritzern Kokosnuss-Sirup. Ich muss mich dringend hinlegen. Aber …
»Komm mit mir nach Hause«, biete ich Shane an.
Er entlässt mich gerade so weit aus seiner Umarmung, dass er mich ein Stück von sich schieben kann, um mir direkt in die Augen zu blicken. »So viel schuldest du mir nun auch nicht.«
»Ich möchte heute Nacht nicht allein sein.«
Er seufzt tief. Dann streicht er mir das Haar aus der Stirn und drückt mir einen Kuss dorthin. »Bist du dir sicher?«
»Ich bin mir noch nie so sicher gewesen. Aber, nun ja, ich habe einen Schock erlitten und leide unter Schlafentzug.« Ich blinzele ihn an. »Was die Liste der Dinge, deren ich mir sicher bin, ziemlich verkürzt. Das also macht’s zu einer recht sicheren Sache.«
»Das wird es auch sein. Ich gebe dir mein Wort.«
Er nimmt mich bei der Hand und bringt mich nach Hause.
20
Fragile
Wir stehen vor der Haustür, durch die wir letztendlich hinauf zu meiner Wohnung gelangen werden. Mein Verstand hatte genug Zeit – clever wie er ist – alles, was in jüngster Vergangenheit an Schrecken über mich gekommen ist, in irgendeiner möglichst unerreichbaren Ecke zu verstauen. Auf diese Weise kann ich mich ganz auf die unmittelbare Zukunft konzentrieren, auf das, was mich am Ende der Treppe erwarten wird.
Ich vermeide Shanes Blick, als wir Seite an Seite die Treppe hinaufgehen. Wahrscheinlich habe ich Sex bei meiner Einladung nicht ausgeschlossen. Aber nach dem, was mir gerade eben erst widerfahren ist, weiß ich nicht, ob ich dafür wirklich bereit bin. Ich wünschte, ich hätte noch Wein da. Andererseits würde mir mit Sicherheit bereits ein einziges Glas den letzten Rest Bewusstsein rauben. Momentan ist alles, was mich noch wach hält, Energie, die aus Nervosität gespeist wird.
Vor meinem Schlafzimmer bleibe ich stehen und drehe mich zu Shane um. »Warum organisierst du
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