Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
Vom Netzwerk:
in einer Stunde –, dann könntest du noch auf ein Bier mit zu mir an Deck kommen? Ich weiß nicht, ob Lexi es dir erzählt hat, aber ich wohne auf einem …«
    »… Boot in der Nähe des Chelsea Piers. Ja, das hat sie«, antworte ich. (Sie hat auch erwähnt, dass du aus Sheffield kommst, dass dein Sternzeichen Schütze ist und du glaubst, Leute, die Listen schreiben, sind eigentlich zutiefst unglücklich. Obwohl ich mir, nachdem ich ihn jetzt kennengelernt habe, gar nicht vorstellen kann, dass er wirklich so voreingenommen ist.)
    »Oh, toll. Also, wenn du nichts gegen Boote hast, dann …«
    Er lächelt aufmunternd, aber ich merke, wie ich das Gesicht verziehe. Vielleicht habe ich was gegen Leute, die auf Booten wohnen, und wusste es nur bisher nicht. Manchmal macht es mir Sorgen, wie sehr ich mich in Martin verwandelt habe, wie sehr seine Vorurteile auf mich abgefärbt haben.
    »Dann kommst du also mit? Der Sonnenuntergang ist wunderschön an Abenden wie heute. Wenn du willst, kannst du gehen, Lex und ich treffen dich später. Dann musst du dir nicht das ganze langweilige Zusammenpacken ansehen.«
    Ich denke über die Alternative nach: noch ein Abend, an dem es mir in den Fingern kribbelt, Toby eine SMS zu schreiben, an dem ich mich mit Bildern quäle, auf denen er und seine Frau gemeinsam kochen und auf dem Sofa schmusen. Außerdem nickt meine Schwester heftig mit dem Kopf. »Warum nicht?«, antworte ich schließlich. »Das wäre schön.«
    Erst, als ich an diesem Abend tatsächlich davorstehe, wird mir klar, dass ich, als Lexi sagte, Wayne würde auf einem Boot leben, an eine schicke Jacht gedacht habe und nicht an diesen riesigen Frachtkahn! Ein rostiger, mit Muscheln übersäter Schandfleck, der am Ufer der Themse festgemacht ist und wie ein altes, krankes Walross aussieht. Ich versuche, unvoreingenommen zu bleiben, verscheuche jeden Gedanken an Typen mit Dreadlocks und gemeingefährlichen Hunden. Wayne denkt vielleicht, dass er sich ein Urteil über meinen Lebensstil erlauben und daraus den Schluss ziehen kann, dass ich ein Kontrollfreak bin, aber da stehe ich drüber. Ich bin kein »Spießer«.
    Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass wir unser Leben riskieren müssen, um an Bord zu kommen.
    »Vorsicht! Lexi, verdammt! Pass auf, wo du hintrittst!« Ich stehe am Ufer der Themse und sehe zu, wie Wayne sie über eine morsche Planke führt.
    »Alles in Ordnung, ich hab sie. Jetzt bist du dran«, sagt Wayne lächelnd und streckt seine Hand aus.
    Sie ist groß und mit etwas bedeckt, das wie Kohle oder Öl aussieht. Das Gleiche bedeckt auch den Pullover, den er jetzt anhat. Es ist nicht so, als hätte er sich für diese Verabredung besonders schick gemacht.
    »Aber sie ist morsch. Die Holzplanke ist morsch!«, protestiere ich.
    »Komm schon! Beweg dich endlich hierher, und hör auf, dich so krass dämlich anzustellen«, ruft Lexi vom Deck aus.
    Wayne streckt den Arm noch weiter aus.
    »Alles in Ordnung, versprochen. Ich habe trockene Sachen, falls du reinfällst. Dave hat vielleicht sogar noch irgendwo ein Kleid, das du dir borgen kannst.«
    »Das ist nicht witzig!«
    »Tut mir leid.« Wayne lächelt und zwinkert mir zu.
    Ich nehme seine Hand. Sie ist rau und warm, und ich schaffe es schließlich an Bord, zerdrücke sie dabei jedoch fast.
    Die Sonne geht gerade unter, und er hatte recht: Der Blick vom Deck aus ist spektakulär – vor dem wassermelonenfarbenen Himmel ist alles andere zu grauen Flecken zusammengeschmolzen. Zu unserer Rechten, hinter der Battersea Bridge und einem breiten Streifen dunkelblauen Himmels, glitzern die Lichter der Albert Bridge, und die Dächer der Battersea Power Station scheinen wie perlmuttfarbene Türme eines mystischen Schlosses am Ufer aufzuragen.
    »Ist es nicht überwältigend?« Ich kann den Rand von Lexis Unterhose sehen, als sie sich über das Geländer des Bootes beugt und ihr Rock vom Wind hochgehoben wird.
    »Du siehst aus, als wärst du dir da nicht so sicher«, meint Wayne und betrachtet mich amüsiert.
    »Oh nein, es ist wunderschön. Ich erhole mich nur gerade von der Nahtoderfahrung, das ist alles.«
    Wayne verdreht die Augen und führt uns unter Deck.
    Im Schiff ist es viel gemütlicher, als es von außen wirkt. Wir stehen in einem riesigen Raum mit hoher Decke, fast so groß wie der Marktladen. Es gibt unzählige Lampen, einen dicken schäbigen Teppich und leere Weinflaschen, in denen halb abgebrannte Kerzen stecken, deren Wachs darauftropft. Ein senffarbenes Sofa

Weitere Kostenlose Bücher