Teufel?!
Oh mein Gott, das ist die Mail des Grauens und der Verdammnis. Nicht, dass es mich grundsätzlich etwas angeht, aber hast du die Sache schon beendet? Du WEISST , dass es in Tränen enden wird. Aber wie dem auch sei, ich glaube, du musst da hingehen. Nicht hinzugehen würde viel zu verdächtig wirken.
Von:
[email protected] An:
[email protected] Ich gehe da nicht hin.
Ich beschließe, Toby anzurufen. Manche Dinge muss man einfach persönlich besprechen.
»Du weißt, dass ich da nicht hingehen werde, oder?«, flüstere ich und beobachte ihn über den Computerbildschirm hinweg.
Toby fixiert mich mit seinem Blick. Scheiße, er sieht so gut aus. Warum sieht er nur so verdammt gut aus? Alles wäre so viel einfacher, wenn er aussehen würde wie Bernie Ecclestone.
»Oh, dann redest du also wieder mit mir?«, fragt er. »Du ignorierst mich schon den ganzen Tag.«
»Lexi sagt, sie findet, ich wäre besessen von dir.«
Er lacht, was mich ärgert. »Na ja, du bist eben auch nur ein Mensch.«
»Halt den Mund, Toby, das hier ist ernst. Ich komme nicht. Es wäre grässlich und …«
… ich werde einen hysterischen Heulkrampf bekommen, sobald ich dich mit deiner Frau sehe.
»Außerdem habe ich Samstag schon was vor«, behaupte ich und denke: Zurückrudern, zurückrudern! Wenn er denkt, ich wäre von ihm besessen, dann irrt er sich.
»Was denn?«
»Ich bleibe zu Hause und sehe mir mit Lexi Frauenfilme an.«
»Lügnerin.«
»Tyrann.«
»Bring sie doch mit. Rach wird das nicht stören.«
Schon wieder diese Rach-Sache. Ich werde ihn schlagen, wenn er das noch einmal sagt.
»Muss ich kommen?«
»Nein. Aber dann wird sie nur wieder fragen und misstrauisch werden.«
»Mein Gott, ist sie immer so penetrant?« Es rutscht mir so heraus. Bisher habe ich immer sehr darauf geachtet, nichts Negatives über Rachel zu sagen. Ich möchte nicht wie die verbitterte Geliebte klingen; es ist schlimm genug, überhaupt eine Geliebte zu sein.
»Was soll ich denn machen? Sie nervt mich die ganze Zeit damit, und ich zähle auf dich. Bitte!«
Ich fahre an diesem Abend nicht mit der U-Bahn, sondern laufe zur Oxford Street, schlendere durch die Waterstones-Buchhandlung und versuche, mich zu sammeln. Für meinen Geschmack wird das langsam alles zu kompliziert. Ich habe wieder dieses schreckliche Gefühl, so, als hätte ich nichts unter Kontrolle. Bis jetzt war Rachel eine mystische Figur, eine Schattengestalt, bei der ich – wenn ich mir viel Mühe gab – so tun konnte, als gäbe es sie gar nicht. Ich konnte so tun, als wäre das, was ich tat, fast okay. Es war schließlich mal ein Buchclub gewesen, oder? Er hatte sich ein bisschen verändert, aber das war nicht von Anfang an so geplant gewesen. Nicht wahr, das hatte ich nicht vorgehabt?
Ich bleibe bei dem Drei-mitnehmen-Zwei-zahlen-Angebotstisch stehen, auf dem die Sommer-Blockbuster, die romantischen Hochzeitskomödien, die Barbara-Taylor-Bradford-Romane und die Costa-Book-Award-Gewinner liegen. Früher bin ich gerne nach der Arbeit hergekommen und habe nach neuer Lektüre für den Buchclub gesucht, habe nach den Büchern gesucht, über die ich etwas im Observer gelesen hatte, nach denen, für die in der U-Bahn geworben wurde, oder nach denen, die mir Freunde empfohlen hatten. Manchmal habe ich auch einfach wahllos ein Buch gegriffen und meinen Erste-Seite-Test gemacht, um zu sehen, ob es mich packte, ob es mich in seine Welt hineinzog.
Manchmal sind Toby und ich in der Mittagspause zu Waterstones gegangen, um das Buchclub-Buch zusammen auszusuchen. Nachdem der Buchclub sich in einen Fickclub verwandelt hatte, schlenderten wir durch die Gänge und kicherten über die ganzen »ironischen« Buchclub-Lektüren: Tagebuch eines Skandals , Das Ende einer Affäre . Ich liebte diese Mittagspausen. Das waren an sich schon verbotene Treffen, bei denen wir beide allein sein konnten, ohne dass jemand misstrauisch wurde, wenn wir in den Gängen miteinander tuschelten – das Flüstern, die Insider-Witze, die Intimität, die durch den Austausch von Ideen und einen gemeinsamen Witz entsteht.
Jetzt jedoch kommt mir der Buchclub-Witz nicht mehr ganz so lustig vor. Ich komme auch nur noch selten her, seit der Platz, den früher die Bücher eingenommen haben, von Toby eingenommen wird. Und Toby kauft das angebliche Buchclub-Buch überhaupt nicht mehr. Kann es sein, dass er erwischt werden will?
Ich habe es nicht eilig, nach Hause zu kommen, deshalb gehe ich die Carnaby Street