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Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Titel: Roman eines Schicksallosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imre Kertész
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legt umso größeren Wert darauf, meinen Vater weiterhin «Herr Direktor» und meine Stiefmutter «verehrte gnädige Frau» zu nennen, als wäre nichts geschehen, und auch den Handkuss lässt er bei ihr nie aus. Auch mich hat er in dem gewohnten scherzenden Ton begrüßt. Meinen gelben Stern schien er gar nicht zu bemerken. Dann bin ich stehen geblieben, wo ich gerade stand, nämlich bei der Tür, während sie fortfuhren, wo sie bei meinem Eintreffen aufgehört hatten. Wie mir schien, hatte ich sie irgendwie bei einer Besprechung unterbrochen. Zuerst verstand ich gar nicht, wovon sie sprachen. Einen Moment hielt ich sogar die Augen geschlossen, denn sie flimmerten mir noch ein wenig vom Sonnenschein oben. Unterdessen sagte mein Vater etwas, und als ich die Augen wieder aufmachte, sprach Herr Sütő. Auf seinem bräunlichen runden Gesicht – mit dem dünnen Schnurrbärtchen und der kleinen Lücke zwischen den breiten weißen Schneidezähnen – hüpften orangerote Sonnenflecken, wie Geschwüre, die aufbrechen. Den folgenden Satz hat wieder mein Vater gesagt, es war darin von irgendeiner «Ware» die Rede und dass «es am besten wäre», wenn Herr Sütő «sie gleich mitnähme». Herr Sütő hatte nichts dagegen einzuwenden; daraufhin hat mein Vater ein in Seidenpapier gewickeltes und mit einer Schnur zusammengebundenes Päckchen aus der Schreibtischschublade genommen. Da erst habe ich gesehen, um was für eine Ware es sich handelte, denn ich habe das Paket gleich an seiner flachen Form erkannt: Die Schatulle war darin. In der Schatulle aber sind unsere wichtigeren Schmuckstücke und andere solche Sachen. Ja, ich glaube sogar, dass sie extra meinetwegen von «Ware» sprachen, damit ich die Schatulle nicht erkenne. Herr Sütő hat sie sogleich in seiner Aktentasche verschwinden lassen. Dann aber ist eine kleine Diskussion zwischen ihnen entstanden: Herr Sütő hatte nämlich seinen Füllfederhalter hervorgeholt und wollte meinem Vater für die «Ware» unbedingt eine «Bescheinigung» geben. Er hat lange nicht lockergelassen, obwohl ihm mein Vater sagte, das seien «Kindereien» und «zwischen uns ist so etwas doch nicht nötig». Mir schien, Herr Sütő hörte das gern. Er hat dann auch gesagt: «Ich weiß, dass Sie mir vertrauen, Herr Direktor; aber im praktischen Leben hat alles so seine Ordnung.» Er zog sogar meine Stiefmutter zu Hilfe: «Nicht wahr, gnädige Frau?» Sie hat aber bloß ein müdes Lächeln auf den Lippen gehabt und etwas gesagt wie: Sie möchte die ordnungsgemäße Erledigung dieser Angelegenheit völlig den Männern überlassen.
    Mir war das Ganze schon etwas verleidet, als er dann endlich seinen Füllfederhalter doch weggesteckt hat; dann aber fingen sie an, in der Angelegenheit dieses Lagers hin und her zu reden: nämlich was sie mit den vielen hier befindlichen Brettern machen sollten. Wie ich hörte, war mein Vater der Meinung, man müsse sich beeilen, bevor die Behörden «eventuell die Hand auf das Geschäft legen», und er hat Herrn Sütő ersucht, meiner Stiefmutter in dieser Angelegenheit mit seiner Erfahrung und seiner Sachkenntnis beizustehen. Herr Sütő hat sich sofort zu meiner Stiefmutter gewandt und erklärt: «Das ist doch selbstverständlich, gnädige Frau. Wir bleiben ja wegen der Abrechnungen sowieso in ständigem Kontakt.» Ich glaube, er meinte unser Lager, das jetzt bei ihm ist. Irgendwann fing er endlich an, sich zu verabschieden. Er schüttelte meinem Vater lange die Hand, mit betrübter Miene. Doch er war der Meinung, dass «in einem solchen Augenblick viele Worte fehl am Platz» seien, und er wollte deshalb nur ein einziges Abschiedswort an meinen Vater richten, nämlich: «Auf ein baldiges Wiedersehen, Herr Direktor.» Mein Vater hat mit einem kleinen, schiefen Lächeln geantwortet: «Hoffen wir, dass es so sein wird, Herr Sütő.» Gleichzeitig hat meine Stiefmutter ihre Handtasche geöffnet, ein Taschentuch herausgenommen und es sich geradewegs an die Augen gehalten. In ihrer Kehle gurgelten seltsame Töne. Es wurde still, und die Situation war sehr peinlich, weil ich auf einmal so ein Gefühl hatte, auch ich müsste etwas tun. Aber der Vorfall hatte sich ganz plötzlich ereignet, und mir ist nichts Gescheites eingefallen. Wie ich sah, war es auch Herrn Sütő unbehaglich. «Aber gnädige Frau», ließ er sich vernehmen, «das sollten Sie nicht. Wirklich nicht.» Er schien ein bisschen erschrocken. Er hat sich vorgebeugt und meiner Stiefmutter den Mund geradezu auf

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