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Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Titel: Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livaneli
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schwer, und selbst ein Prosatext lässt sich relativ leicht in eine melodische Form bringen. Ungleich schwieriger ist es umgekehrt.
    Als die Platte fertig war, fuhr ich zu den Aufnahmen wieder nach Stockholm, wo ich am zuverlässigsten arbeiten konnte. Unterdessen zeigte eine andere deutsche Plattenfirma Interesse an meiner Musik, nämlich der Telefunken-Ableger Teldec in Hamburg, mit dem ich daraufhin einen Einjahresvertrag abschloss. Als Erstes wollten sie Ada herausbringen.
    Die künstlerische Gestaltung der Plattenhülle übernahm Abidin Dino. Als er gerade darüber nachdachte, welche Insel er – in Anspielung auf den Plattentitel – wählen sollte, bekam er von einem Freund eine Karte aus Asien, auf der eine ganz besondere rote Insel abgebildet war, von der sich Abidin inspirieren ließ.
    Der für die Gesamtgestaltung der Hülle zuständige Selçuk Demirel fertigte, wie bei grafischen Arbeiten früher üblich, zunächst einen Entwurf auf Karton an und zeichnete dabei den für die rote Insel vorgesehenen Platz an. Mit Ausschnitten aus französischen Zeitschriften markierte er, wo die Textstellen hingehörten, und auf die Rückseite klebte er an die Stelle meines Fotos aus Spaß ein Bild von einem Mädchen, das die Zunge herausstreckte. Die Grafiker von Teldec sollten dann die Originalbilder und -texte einfügen und die Hülle für den Druck vorbereiten.
    Ein, zwei Monate, nachdem ich Teldec das Material geschickt hatte, war ich zufällig in Hamburg und wollte mir bei der Gelegenheit die fertige Hülle ansehen. In der Grafikabteilung konnte ich einen dümmlich dreinblickenden jungen Mann überreden, mir die Hülle zu zeigen. Als ich sie in der Hand hielt, bekam ich einen Schock: Sie hatten den von Selçuk Demirel geschickten Entwurf unverändert gedruckt. Wo Abidins Bild hingehört hätte, waren nur ein paar rote Krakel, und auf der Rückseite streckte unter dem Namen Livaneli noch immer jenes Mädchen die Zunge heraus.
    Ich zeigte den Grafikern das Bild und fragte: »Sieht die mir vielleicht ähnlich?« Gleichgültig erwiderten sie: »Nein.«
    »Warum haben Sie das dann so gedruckt?«
    »Ach, heute kommen so ausgefallene Sachen auf die Hüllen, da haben wir uns nicht groß was gedacht.«
    Als ich sie nach Abidins Bild fragte, sagten sie nur, sie wüssten von nichts, also hatten sie auch das verschlampt.
    »In meinem Vertrag mit Teldec steht, dass mir die Hülle zur Genehmigung vorgelegt werden muss. Ich verlange, dass Sie das Ganze auf Ihre Kosten noch einmal neu machen.« Das war endlich eine Sprache, die sie verstanden. Sie wurden sofort zugänglicher. »Außerdem haben Sie ein Originalbild eines bekannten Künstlers verloren, und der kann Sie auf Schadenersatz verklagen.«
    Nun blickte ich in bleiche Gesichter.
    Schließlich wurde die Hülle neu gedruckt und dabei ein anderes Inselbild Abidins verwendet. Wenn ich Freunden von alledem berichtete, sagte ich immer, so eine Firma müsse irgendwann untergehen, und als ich eines Tages erfuhr, dies sei tatsächlich geschehen, war mir das eine wohltuende Bestätigung.

 
    I   ns Pariser Théâtre de la Ville am Place du Châtelet zu einer Konzertwoche geladen zu werden ist für einen Künstler eine besondere Auszeichnung, da dieser Konzertsaal nicht wie das Olympia oder andere Veranstaltungsräume gemietet werden kann, sondern sein eigenes Programm zusammenstellt.
    Entsprechend freuten Maria und ich uns, als wir selbst das Angebot bekamen, dort eine Woche aufzutreten. Bald prangte nicht nur auf den riesigen Werbefahnen, die vom Dach des Gebäudes herabhingen, sondern auch an allen Métro-Stationen ein Bild von uns beiden.
    Die Sache hatte aber auch eine Kehrseite, denn aufgrund der Spannungen zwischen unseren beiden Ländern machten wir gerade eine schwierige Zeit durch. Die jahrelange Zusammenarbeit mit mir trug Maria auch Probleme ein. Ausgerechnet ihr zusammen mit einem Türken gemachtes Album wurde in Griechenland zur meistverkauften Platte des Jahres, und als sie 1983 den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik, den holländischen Edison-Preis und den griechischen Preis für die Platte des Jahres bekam, war auch jedes Mal ausführlich von türkischer Musik die Rede. Andreas Papandreou, Melina Mercouri und anderen chauvinistischen PASOK -Politikern war dies ein Dorn im Auge, und so übten sie auf Maria immer mehr Druck aus und das, obwohl Maria sich über ihren Mann Telemachos der PASOK angenähert hatte.
    Die Pariser Botschaften Griechenlands und der

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