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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Nollau
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Mutter sein.“
    „Hast du so früh angefangen?“
    „Du weißt, was ich meine.“
    „Nein.“
    „Er ist 15 Jahre jünger und interessiert sich mit Sicherheit nicht so für mich, wie du es gerne hättest. Sophie würde zu ihm passen, nicht ich.“
    „So ein Blödsinn. Wie alt ist dein Ex-Mann?“
    „55.“
    „Und wie alt ist seine Neue, diese Julia?“
    „Die ist Mitte 30.“
    „Also 20 Jahre jünger“, stellte Rita fest. „Und wer macht sich darüber Gedanken?“
    „Das ist etwas völlig anderes“, erwiderte Kristina.
    „Aber nur in deinem Kopf. Ich dachte, du wärst emanzipiert.“
    Kristina holte tief Luft. „Machen wir uns doch nichts vor. Männer werden mit den Jahren interessant, Frauen nur alt.“
    „Sagt wer?“
    „Du“, erinnerte Kristina ihre Freundin. „Deswegen lassen Frauen sich botoxen, glattziehen und runderneuern und Männer eben nicht.“
    „Ach, dir ist ja nicht zu helfen“, meinte Rita seufzend. „Diesen Tom würde ich jedenfalls nicht von meiner Bettkante schubsen.“
    Sie dachte kurz darüber nach. „Ich auch nicht.“
    „Der hat bestimmt einen Waschbrettbauch“, schwärmte Rita.
    „Und einen Knackarsch“, sagte Kristina.
    „Und wer weiß, was sonst noch?“
    Die beiden Frauen lachten.
    „Wir benehmen uns wie zwei kindische Teenager“, bemerkte Kristina.
    „Na und? Da kommt übrigens dein Hexenschuss.“ Rita tupfte sich eine Träne aus dem Gesicht.
    „Das, Rita, das ist das wahre Leben“, erklärte sie und unterdrückte mit Mühe ein Lachen.
    „So gut gelaunt, die Damen“, sagte Herr Schürmann, als er in gebückter Haltung an Ritas Schreibtisch trat.
    „Wenn ich mit Ihnen fertig bin, lachen Sie auch wieder“, versprach Kristina ihrem Patienten und fasste ihn sanft am Ellbogen. „Dann kommen Sie mal mit.“

4
    Seit Stunden wälzte sie sich im Bett von einer Seite auf die andere. Die Schwüle der letzten Tage war zwar verschwunden und konnte nicht mehr als Grund für ihre Einschlafprobleme herhalten. Vollmond war auch nicht. Ein Blick auf den Wecker, der auf ihrem Nachttisch stand, verriet ihr, dass es halb zwei war. Kristina lag wach. Sie spürte die frische Nachtluft auf ihrer Haut, die durch das gekippte Fenster ins Schlafzimmer hereinwehte. An Schlaf war nicht zu denken. Ihr Kopf arbeitete auf Hochtouren. Sie wollte es sich nicht eingestehen, aber es war nun einmal eine Tatsache: Sie musste ständig an Tom denken.
    Verdammt noch mal, schlag dir diesen Kerl aus dem Kopf, mahnte sie sich selbst. Du machst dich ja lächerlich! Wie hatte Rita es genannt? Johannistrieb. Doch wenn sie ihrer Phantasie einen kleinen Ausflug gönnte und sich vorstellte, wie Tom sie in seine Arm nahm und küsste, dann durchströmte sie eine heiße Welle vom Hals bis hinunter zu ihrem Schoß.
    Da lebt ja noch was. Bist ja doch noch keine Mumie, schoss es ihr durch den Kopf. Doch wozu überhaupt dieser ganze Aufruhr? Nichts war geschehen, und es würde auch nichts geschehen. Wegen eines solchen Jünglings nachts wach zu liegen, grenzte ja schon an Schwachsinn. Nicht ihr Vater war gaga, sondern sie selbst. Mit diesen Gedanken warf sie sich eine weitere halbe Stunde im Bett herum, bevor sie schließlich aufstand. Sie schlüpfte in ihren Bademantel und ging auf leisen Sohlen hinunter in den Keller.
    Dort knipste sie das Licht an. Sie kniff die Augen zusammen, als das gleißend helle Neonlicht sie blendete. Wo könnten nur die Pläne sein?, überlegte sie und begann, wahllos die Regale zu durchstöbern. Der Grundriss von ihrem Haus blieb jedoch bis auf weiteres verschwunden. Stattdessen entdeckte sie zwei alte Fotoalben, die sie nach der Scheidung in den Keller verbannt hatte. Der eine Band enthielt die Bilder von ihrer Hochzeit vor 22 Jahren.
    Kristina ließ sich auf einer Kiste nieder und schlug das Album auf. Wie viel war inzwischen geschehen, und wie weit hatte sie sich von dieser Frau entfernt, die sie in dem weißen Brautkleid auf den Fotos sah. Das Kleid hatte damals geschickt ihr Babybäuchlein versteckt. Die Zwillinge waren bereits vier Monate danach zur Welt gekommen. Sie schlug das Hochzeitsalbum zu und nahm sich das andere Buch.
    „Ach herrje“, seufzte sie. Daran hatte sie ja schon ewig nicht mehr gedacht. Die Bilder zeigten Momentaufnahmen aus ihrem Leben vor Peter, vor ihrer Heirat und vor der Geburt der Kinder. Die Schnappschüsse von ihr als Teenager weckten längst vergessene Erinnerungen. Was hatte sie damals für Träume gehabt. Sie hatte verrückte Pläne für die

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