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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Nollau
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und verdrehte die Augen. „Aber er wird bald 73.“
    „Was nicht gegen eine späte Liebe spricht.“ Ihre Freundin sprach wieder hochdeutsch. „Und was auch besser ist als ein demenzielles Syndrom, oder?“
    „Eine späte Liebe? Das befürchte ich allmählich auch“, meinte sie nachdenklich.
    „Wieso befürchten? Das wäre doch wunderbar. Schließlich ist er im allerbesten Alter.“ Rita grinste.
    „Wie man’s nimmt.“
    „Das ist der Johannistrieb. Im Übrigen solltest du dir ein Beispiel an ihm nehmen.“
    „Sehr witzig.“ Erst jetzt fiel ihr auf, dass Rita sich irgendwie verändert hatte. „Bist du hingefallen?“, fragte sie und deutete auf ihre geschwollenen Lippen.
    „Blödsinn.“ Rita machte einen Schmollmund und erklärte: „Das war lange überfällig.“
    „Die haben was von einem Schlauchboot.“ Ratlos schüttelte Kristina den Kopf. „Ich verstehe die Welt nicht mehr. Seid ihr denn alle total verrückt geworden?“
    „Papperlapapp.“ Damit wandte Rita sich eingeschnappt ihrem Computer zu.
    Kristina verzog sich in den Behandlungsraum Nummer Eins, schaltete den Lüfter an und stellte sich in den Windzug. Sie hatte das Gefühl, dass sie dringend frische Luft brauchte. Wenn die Menschen um sie herum schon alle durchdrehten, musste wenigstens sie einen klaren Kopf bewahren.
    Die nächsten Stunden vergingen wie im Flug, und Kristina kam nicht zum Nachdenken. Kaum hatte ein Patient die Massageliege verlassen, folgte der nächste. Am Abend, als der letzte Patient gegangen war, räumte sie gerade die benutzten Handtücher zusammen, als Rita in den Behandlungsraum stürzte und die Tür hinter sich schloss.
    „Krrristina“, stieß sie atemlos hervor und japste. „Allmächd!“
    „Wo brennt’s denn?“, fragte Kristina betont gelassen. „Und bitte sprich hochdeutsch.“
    „Da drrraußen, da steht ein Adonis, der behauptet, mit dirrr verabrrreded zu sein“, platzte sie hektisch heraus. „Ich dachte, wir sind Freundinnen, und dann verschweigst du mir so was … Un iech froch mich, worumm.“
    „Hast du getrunken?“
    Rita stampfte mit dem Fuß auf. „Da drrraußen steht ein Hammerdyp.“
    „Du weißt, dass ich Alkohol während der Arbeit nicht mag!“
    „Krrrrisdina!“, kreischte Rita. „Kennst du einen Dom Breuer?“
    „Tom Breuer“, korrigierte Kristina sie, und erst dann dämmerte es ihr. „Das ist Tom.“
    Rita holte tief Luft. „Sag ich doch. 1,92  groß, 82 Kilo schwer, circa 30 Jahre alt, braune Augen, schwarze Locken. Ich dachte, ich hätte eine Erscheinung.“
    Sie fasste sich an die Stirn. „Ach Gott, den hatte ich ja völlig vergessen.“
    „Allmächd! So an vergess’n?“ Ihre Freundin schüttelte verständnislos den Kopf. „Wer ist das?“
    „Ein Freund von Philipp. Er hat ihn gestern Abend zum Essen mitgebracht. Tom ist Architekt. Er soll sich die Praxis ansehen und mir Umbauvorschläge machen.“
    „Umbaupläne? Die kannst du von mir haben: Zuerst brauchst du mal Botox und eine Faltenunterspritzung. Dann kommt der Busen dran, danach Bauch und Po.“
    „Rita! Jetzt hör schon auf mit diesem Schmarrn.“
    Rita schlug die Hacken zusammen. „Zu Befehl.“ Sie grinste. „Was auch immer dieser Tom von dir will oder du von ihm: So kannst du ihm jedenfalls nicht unter die Augen treten.“
    „Wieso?“
    „Du Druudschala!“ Verzweifelt hob Rita die Hände. „Ach, du Dummerle. Hör auf eine gute Freundin: Du bist total verschwitzt, ungeschminkt – und dann auch noch diese Haare! Mach dich frisch. Ich halte ihn so lange bei Laune.“ Sie schnalzte mit der Zunge. „Und wenn er mich will, werfe ich mich ihm zu Füßen. Also beeil dich, denn da kenn ich weder Freund noch Feind.“
    Kristina sah in den Spiegel, der im Behandlungsraum hing, und sie musste zugeben, dass Rita recht hatte. Der Arbeitstag hatte seine Spuren hinterlassen. „Einverstanden“, antwortete sie. „Sag ihm, dass ich gleich Zeit für ihn habe.“
    „Oh, God“, stöhnte Rita. „Fürrr so einen würde ich sogar morden.“ Damit schwebte sie hüftwackelnd nach draußen.
    Tom strahlte über das ganze Gesicht, als Kristina schließlich auftauchte. Sie trug ein frisches enges T-Shirt, hatte etwas Kajal aufgetragen und sich die Haare gekämmt. Als Tom sie auf die Wangen küsste, bemerkte Kristina, wie Rita sie beobachtete – und wie ihr fast die Augen aus dem Kopf fielen. Betont dramatisch mimte ihre Freundin einen Ohnmachtsanfall, und Kristina musste lachen.
    „Was ist so lustig?“, wollte Tom

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