Romana Exklusiv 0172
seine Mutter ihn auf. „Der Arzt hat doch erklärt, dein Zustand könne sich bessern. Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten …“
„Ja, ich weiß, ich kann vielleicht eines Tages wie ein Tier auf allen Vieren laufen“, unterbrach er seine Mutter ungeduldig und verzog verächtlich die Lippen. „Danke, Madre, es reicht. Du hast dich oft genug in mein Leben eingemischt.“ Er warf einen Blick auf Davina und das Kind. „Rodriguez, fahren Sie mich auf mein Zimmer. Davina, komm mit.“
Zögernd ging Davina hinter den beiden her durch die Eingangshalle und über den langen Flur zu der Suite, die Ruy damals als die Junggesellensuite bezeichnet hatte. Es war früher üblich gewesen, dass junge Männer ab einem bestimmten Alter getrennt von ihren Schwestern und der Mutter wohnten, wie er ihr erklärt hatte.
Sie erinnerte sich, dass es eine große Suite war mit einem eigenen Patio. Als Rodriguez die getäfelte Doppeltür öffnete, hörte Davina schon das Plätschern des Springbrunnens. Im Gegensatz zu den anderen Räumen im Haus war das Wohnzimmer eher spärlich eingerichtet. Geschickt hatte man antike Möbel mit modernen kombiniert. Der Boden mit den dunkelblauen Fliesen war mit wertvollen Orientteppichen in Blau und einem tiefen Rot bedeckt. Auf dem Couchtisch aus Marmor, der vor dem Ruhesofa stand, lagen verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Wieder verkrampfte sich Davina das Herz vor lauter Mitleid, dass Ruy sich jetzt mit solchen Beschäftigungen begnügen musste.
„Du erinnerst dich an diesen Teil des Hauses, oder?“, fragte er.
Sie sah ihn nicht an. Nach der schrecklichen Szene mit seiner Mutter hatte er sie damals in dieses Wohnzimmer gebracht. Die ältere Dame hatte sie beschuldigt, Ruy hereingelegt zu haben, damit er sie heiraten musste. Hier in diesem Raum hatte er sie getröstet und dann in den Patio geführt, wo sie sich ihm verzweifelt in die Arme geworfen hatte. Danach waren sie durch die Orangenplantagen gewandert und …
„Ich habe Hunger!“, meldete sich in dem Moment Jamie ärgerlich. „Mummy, ich will was essen!“
„Haben Sie es gehört, Rodriguez?“, fragte Ruy den Mann und zog die Augenbrauen hoch. „Mein Sohn hat Hunger.“
Über das ernste Gesicht des Mannes huschte ein Lächeln.
„María macht dir eine Paella, und du bekommst frisch gepflückte Orangen“, versprach Ruy dem Kind. „Aber du musst noch ein bisschen Geduld haben.“
Davina war überrascht über Jamies vernünftige Reaktion auf die autoritäre Stimme seines Vaters. Vielleicht brauchten Jungen wirklich einen Vater, der strenger mit ihnen umging als die Mutter.
Alle Türen waren geöffnet, im Innenhof war es dunkel, und die Nachtluft strömte herein. Der herrliche Duft nach Orangenblüten, der in der Luft lag, erinnerte Davina an die Nacht, als sie mit Jamie schwanger geworden war.
Hinter dem Patio befand sich ein Swimmingpool, in dem sie ein einziges Mal mit Ruy zusammen geschwommen war. Rasch verdrängte sie den Gedanken. Sie wollte sich nicht daran erinnern, wie wunderbar sich Ruys Arme an ihrem Körper angefühlt hatten, als er sie in dem weichen Wasser umarmt und erst losgelassen hatte, nachdem er sie sinnlich und leidenschaftlich geküsst hatte. Damals hatte sie geglaubt, er liebe sie. Von Carmelita hatte sie noch nichts gewusst.
Das Wohnzimmer war mit einem kleineren Raum verbunden, den man zu einer Küche umgebaut hatte. Wahrscheinlich deshalb, damit Ruy sich hier nach Belieben etwas kochen konnte, ohne jemanden um etwas bitten zu müssen. Davina konnte sich gut vorstellen, dass sein Stolz es nicht zuließ, immer wieder die mitleidigen Blicke seiner Familie zu ertragen. Ihm war es bestimmt lieber, er konnte sich zurückziehen und versuchen, ganz allein mit sich und seiner Situation klarzukommen. Dennoch hatte er darauf bestanden, dass seine Frau und sein Sohn mit ihm in einer Suite wohnten und an seinem Schmerz teilnahmen. Was für ein seltsamer Entschluss!
An die Küche grenzte das Schlafzimmer, das aufwendig möbliert war. Sekundenlang betrachtete Davina das breite Bett. Sie ließ sich die Angst, die in ihr aufstieg, nicht anmerken.
„Wo schlafe ich?“, ertönte plötzlich Jamies Stimme in das Schweigen hinein. „Und wo meine Mummy?“
„Deine Mummy schläft hier“, antwortete Ruy und sagte leise etwas zu Rodriguez, der dann durch die Tür am anderen Ende des Raums verschwand.
„Da drüben ist das Badezimmer.“ Ruy wies auf eine andere Tür. „Und dahinter der Ankleideraum. Fürs Erste
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