Romana Exklusiv 0172
doch Davina glaubte, Tränen in ihren Augen entdeckt zu haben.
Vor dem Rokokospiegel im Salon stellte sie sich auf die Zehenspitzen und legte die Ohrringe an, die bei jeder Bewegung glitzerten und funkelten. Obwohl sie wunderschön waren, hätte Davina sie lieber nicht getragen, weil sie Angst hatte, sie zu verlieren. Sie nahm sich vor, gut darauf aufzupassen.
„Zum Winter muss Ruy dir unbedingt einen oder zwei pelzgefütterte Mäntel kaufen“, sagte die Condesa.
„Was soll das, Madre?“, fragte Ruy seine Mutter zynisch. „Willst du Davina eine Belohnung in Aussicht stellen, wenn sie hier bleibt? Vielleicht ist sie es schon wieder leid, lebenslang an mich gebunden zu sein, und kann es kaum erwarten, frei zu sein.“
„Nein, das stimmt doch gar nicht!“, rief Davina aus.
Ruy drehte sich zu ihr um und lächelte spöttisch. „Es wäre mir lieber, du würdest dich mir gegenüber gleichgültig verhalten, Davina, dann wärst du wenigstens ehrlich. Weshalb du so tust, als hättest du mich gern, ist mir unerklärlich. Oder macht es dir Spaß, mich zu quälen? Steig ein, Madre“, forderte er seine Mutter auf. „Wir sind sowieso schon spät, und ich möchte die anderen nicht warten lassen. Immerhin sind wir so etwas wie die Hauptattraktion heute Abend.“
Später, als Davina sich höflich mit ihrem Tischnachbarn unterhielt, gestand sie sich ein, dass Ruy Recht gehabt hatte. Als man sie in den Salon geführt hatte, hatten die anderen Gäste sie, Davina, neugierig von oben bis unten gemustert.
„Beachten Sie es gar nicht“, hatte Concepción ihr zugeflüstert, ehe sie zum Essen gebeten wurden. „Die Leute haben sonst nichts zu tun. Immer wenn meine Mutter sich darüber beschwert, dass ich noch nicht verheiratet bin, frage ich sie, ob sie lieber so eine oberflächliche und gedankenlose Tochter haben möchte wie ihre Freundinnen. Aber jetzt, nachdem sie Sie kennengelernt hat, kann ich wohl kaum noch behaupten, man verliere seine Intelligenz, wenn man sich dafür entscheidet, nur noch Ehefrau zu sein.“ Sie lächelte, denn ihre Bemerkung war nicht ganz ernst gemeint. Trotzdem fühlte Davina sich plötzlich viel wohler. Concepcións Bemerkung war irgendwie ein Kompliment, während alle anderen Davina etwas kühl behandelt hatten.
Ruy war offenbar sehr beliebt. Die teilnahmsvollen Fragen, die man ihm stellte, schienen ihm jedoch nicht zu gefallen. Davina sah ihn über den Tisch hinweg an. Er war mit Concepción in ein Gespräch vertieft. Die junge Frau lachte ihn an, und er lächelte charmant. Plötzlich breitete sich Eifersucht in Davina aus. Warum konnte er mit ihr nicht mehr so unbekümmert und entspannt umgehen?
Nach dem Essen zog sich Ruy mit dem Gastgeber in dessen Arbeitszimmer zurück. „Sie haben etwas Geschäftliches zu besprechen. Mein Vater und Ruy sind an Clubanlagen und Hotels in Marbella beteiligt“, erklärte Concepción.
Plötzlich fiel Davina der große, attraktive dunkelhaarige Mann auf, der sie beobachtete. Als er ihr zulächelte, errötete sie leicht. Schließlich kam er auf sie zu.
„Ah ja, Carlos, du willst wohl Ruys schöner Frau vorgestellt werden“, sagte Concepción zu dem Fremden. „Davina, das ist mein Cousin Carlos. Auch wenn er jetzt noch eingebildeter wird, möchte ich hinzufügen, dass er einer der berühmtesten Stierkämpfer von Ronda ist.“
Davina lächelte scheu. Er war ungefähr so alt wie Ruy und von ähnlicher Statur. Aber er wirkte unbekümmert und irgendwie leichtsinnig. Er begrüßte sie mit einem Handkuss, eine altmodische Geste, wie sie fand. Doch was er dann tat, war überhaupt nicht mehr altmodisch: Er betrachtete so viel sagend ihre Finger, dass Davina ihn vorwurfsvoll ansah.
„Davina hat dich schon durchschaut, Carlos“, stellte Concepción fest, denn ihr war Davinas Blick nicht entgangen. „Nehmen Sie sich in Acht, Davina, Carlos ist ein Frauenheld.“
„Das ist stark übertrieben“, entgegnete Carlos, ohne Davinas Hand loszulassen. „Ich habe nur noch nicht die Frau kennengelernt, die für mich die Richtige ist. Deshalb muss ich mich umsehen, was es so gibt …“
„Schon gut, aber Ruys Frau lässt du in Ruhe“, warnte Concepción ihn.
Carlos lachte unbeeindruckt auf. „Ein Mann kann nur dann in das Territorium eines anderen einbrechen, wenn die Grenzen gefallen und die Tore offen sind. Stimmt’s, Señora? Ich glaube nicht, dass Ruy unvorsichtig und sorglos ist.“
„Meine Mutter hat mir erzählt, Sie und Ruy würden auf die Estancia
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