Romana Exklusiv 0176
geworden, weshalb er sie so genau unter die Lupe genommen hatte. Es lag daran, dass sie eine Frau war. Und dazu die erste, die in der Chefetage Einzug hielt. Es war ein zäher Kampf gewesen, ihre Position zu behaupten.
Aber das gehörte der Vergangenheit an, und dies war die Gegenwart. Kaum hatte sie ihren Gedanken Einhalt geboten, musste Mina feststellen, dass sie Cesare immer noch wie gebannt betrachtete. Seltsamerweise erschienen ihr seine Züge genauso vertraut wie damals – seine dunklen Augen, sein wunderschönes Profil.
Natürlich! Wie sollten sie ihr nicht vertraut sein, wenn sie seit mehr als drei Jahren mit der weiblichen Miniaturausgabe dieses Gesichts lebte. Ihre Tochter Susie ließ keinen Zweifel daran, wer ihr Vater war.
„Wenn du wegen der Sitzung morgen nervös bist“, riss Jean sie aus ihren Gedanken, „dann kann ich dich beruhigen. Deine Beförderung ist so gut wie sicher.“
Mina war froh über diese Ablenkung, allerdings weit weniger optimistisch als ihre Kollegin. „Noch ist nichts sicher.“
„Aber Mr. Haland will dich unbedingt zur Leiterin der Finanzabteilung machen, und die anderen Vorstandsmitglieder werden sich nach ihm richten“, versicherte Jean nachdrücklich.
„Es gibt noch andere Bewerber.“
„Die dürften kaum so qualifiziert sein wie du. Außerdem glaube ich, dass man dein Einspringen für Simon heute Abend als Wink deuten kann.“
Das hatte Mina insgeheim auch gehofft. Andererseits hatte ihr Selbstbewusstsein vor vier Jahren einen schweren Schlag erlitten, von dem es sich noch nicht wieder erholt hatte. Seit sie das erste Mal arbeitslos gewesen war, hatte sie ihren früheren Optimismus verloren.
Trotzdem hatte sie während ihres vierzehntägigen Urlaubs zahllose Stoßgebete gen Himmel geschickt, dass sie den leitenden Posten bekommen möge. Dabei ging es ihr nicht so sehr um die Stelle an sich, sondern vielmehr um die damit verbundene Gehaltserhöhung. Momentan konnte sie sich von ihrem Einkommen nur ein winziges möbliertes Zimmer in London leisten, und sie wünschte sich nichts sehnlicher als eine kleine Wohnung, in der sie mit Susie zusammenleben könnte. Momentan wohnte ihre kleine Tochter bei ihrer Schwester auf dem Land. Sie besuchte sie jedes Wochenende und verbrachte den Urlaub dort.
Edwin Haland führte jetzt seinen VIP-Gast zum Rednerpult. Cesares dunkles Haar glänzte seidig. Als Mina ihn ansah, überkam sie die schmerzliche Erinnerung daran, wie ihre Finger einst durch diese dunklen Strähnen geglitten waren. Ihr wurde heiß, und sie griff mit zittriger Hand nach ihrem Weinglas. Sie war viel zu verwirrt, als dass sie nur ein einziges Wort von dem hätte aufnehmen können, was er sagte.
Seine Rede schien allerdings ein voller Erfolg zu sein, da alle anderen ihm aufmerksam zuhörten und seine kleinen Scherze mit Lachen und Applaus honorierten. Er war schon immer redegewandt und charmant gewesen. Mina hingegen nahm nur diese tiefe, wohlklingende Stimme mit dem betörenden italienischen Akzent wahr.
„Kein Wunder, dass unsere Vorstandsmitglieder heute Abend vollkommen aus dem Häuschen sind“, murmelte Jean anschließend. „Mit Cesare Falcone auf unserer Seite spielt Earth Concern in der obersten Liga mit. Sieh dir bloß mal an, was hier an Presse versammelt ist!“
Die Gäste erhoben sich jetzt von ihren Tischen, und Edwin Haland winkte Mina zu sich. Ihr fiel auf, dass die Zahl ihrer potenziellen Spender weit höher lag als bei vorherigen Veranstaltungen. Wahrscheinlich wollte sich niemand die Chance entgehen lassen, ein bisschen von dem Glanz eines Prominenten wie Cesare Falcone abzubekommen.
„Eine fantastische Rede, stimmt’s?“, schwärmte Edwin und legte den Arm um sie. Das hatte er noch nie getan, und Mina spürte, wie sie sich verspannte. Er merkte nichts.
„Ja, wirklich beeindruckend“, sagte sie.
„Wo waren Sie denn vorhin? Sie sollten eigentlich an unserem Tisch sitzen.“ Edwin klang ein wenig enttäuscht.
„Das habe ich nicht gewusst, tut mir leid“, antwortete sie, doch im Nachhinein war sie froh, dass ihr ein Platz neben Cesare erspart geblieben war. Sie hoffte inständig, sich frühzeitig entschuldigen und nach Hause gehen zu können.
Vielleicht sollte sie Edwin jetzt gleich erzählen, dass sie einmal für Cesare Falcone gearbeitet hatte. Andererseits würde diese Information unangenehme Fragen nach sich ziehen, weil in ihrem Lebenslauf kein Wort darüber stand. Aber würde Edwin tatsächlich ihre Akte
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