Romana Exklusiv 0186
ihn sein. Ein so erfolgreicher Unternehmer wie er musste wahrscheinlich jederzeit erreichbar sein. Natalia zog den Mantel aus und hörte, dass er sich so kurz und knapp meldete wie immer.
Dann herrschte Schweigen, und aus irgendeinem Grund blieb sie reglos stehen. Schließlich erklang seine Stimme wieder, hart und sachlich. Er drehte Natalia den Rücken zu, und sie spürte deutlich, wie angespannt er war, während er sich mit seinem Gesprächspartner auf Italienisch unterhielt.
Schließlich knallte er den Hörer auf. Zehn quälend lange Sekunden stand er schweigend und wie erstarrt da und blickte die Wand vor ihm an. Natalia wartete mit angehaltenem Atem. Sie ahnte, dass etwas Schlimmes passiert war.
Als er sich aus der Erstarrung löste und auf sie zukam, wich sie instinktiv zurück. „Was … ist los?“, fragte sie besorgt.
„Nichts“, stieß er hervor. Ihr war jedoch klar, dass er log. „Ich muss noch mal weg“, verkündete er und eilte an ihr vorbei. Und dann war er auch schon verschwunden, ohne sie noch ein einziges Mal anzusehen.
Mit wem auch immer er gesprochen hatte, es war für ihn eine gute Entschuldigung gewesen, noch einmal auszugehen, ehe sie hatten reden können. Und wie eilig er es gehabt hatte!
Natalia war zutiefst verletzt und fühlte sich wie betäubt. Sie ging ins Büro, legte den Mantel über einen der Sessel und setzte sich hin, ohne zu wissen, was sie als Nächstes tun sollte.
Plötzlich nahm sie am Rand ihres Blickfelds das rote Lämpchen des Anrufbeantworters wahr. Giancarlo hatte ihn nicht abgestellt, und das Gespräch war wahrscheinlich gespeichert. Sie entschloss sich, es abzuhören, und drückte auf den Knopf.
Sogleich ertönte eine schrille, beinah hysterisch klingende Stimme. Trotz der Mischung aus Italienisch und Englisch begriff Natalia, um was es ging.
„Wo bist du, Giancarlo? Ich habe immer wieder versucht, dich zu erreichen.“ Es war Alegra. Natalia erkannte ihre Stimme, denn sie hatte schon einige Male mit ihr am Telefon gesprochen, seit sie Edwards persönliche Assistentin war.
Edward wurde erwähnt und ein bekanntes Londoner Krankenhaus. Natalia war schockiert. Kein Zweifel, Edward war krank.
Sie sprang auf und eilte aus der Wohnung.
10. KAPITEL
Giancarlo hielt Alegra im Arm. Weinend versuchte sie, ihm zu erklären, was passiert war. Aber er hatte nur den einen Gedanken: Ich muss mich gleich übergeben.
„Er hat alles zugegeben, Giancarlo.“ Alegra schluchzte. „Er fing an, sich seltsam zu benehmen. Plötzlich bestand er darauf, die Kreuzfahrt abzubrechen und nach Hause zu fliegen. Kurz vor der Landung in London hatte er den Herzanfall. Er glaubte, er müsse sterben. Deshalb hat er sich entschlossen, mir alles zu beichten. Doch was habe ich davon?“ Sie war völlig verzweifelt. „Er hat mit einer anderen Frau geschlafen und ein Kind mit ihr. Er hat mich betrogen und meine Ehre verletzt. Und jetzt stirbt er einfach.“
„Nein, er wird nicht sterben, cara.“ Irgendwie gelang es ihm, die richtigen Worte zu finden, um seine Schwester zu trösten. Er hatte das Gefühl, seine ganze Welt sei zusammengebrochen. „Sch“, fügte er hinzu, „er wird wieder gesund, ganz bestimmt.“
O ja, das wird er, dachte Giancarlo zornig. Edward musste leben, damit er ihn und Natalia Deyton eigenhändig umbringen konnte.
Natalia – ihm verkrampfte sich das Herz. Schmerz und Ärger breiteten sich wie Feuer in ihm aus, und lähmendes Entsetzen befiel ihn. Natalia, diese kleine Hexe, Natalia, diese verlogene, geschickte Betrügerin! Sie hatte ihn absichtlich und aus lauter Berechnung dazu verführt, mit ihr ins Bett zu gehen, damit sie ihm Edwards Kind unterschieben konnte.
„Aber eigentlich verdient er es, zu sterben, weil er mir so etwas angetan hat“, stieß Alegra hervor. „Ein Kind, Giancarlo! Er hat ein Kind mit einer anderen Frau. Das werde ich ihm nie verzeihen.“
Er konnte seine Schwester gut verstehen, viel zu gut sogar. Auf einmal hörte er ein Geräusch an der Tür des Aufenthaltsraums. Er blickte auf und hatte das Gefühl, innerlich zu verbrennen. Natalia stand da, als hätte sein Zorn sie herbeigezaubert. Sie war blass, wirkte geradezu ätherisch und sah so schön aus in dem schwarzen Kleid, dass es schmerzte. Dann erinnerte er sich wieder an die Fabergé-Uhr.
Wahrscheinlich hatte sie die Uhr mit allen anderen Unterlagen aus Edwards Safe genommen. War es ihre Idee gewesen, sich damit für geleistete Dienste zu belohnen? Und jetzt besaß sie die
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