Romana Exklusiv 0186
geduldig. „Natürlich würden die Experimente nicht die laufende Produktion gefährden. Aber uns allen ist doch klar, dass wir neue Geschmacksrichtungen brauchen.“
Enrique nickte nachdenklich. „Ja, du hast recht“, sagte er schließlich. Doch das Thema interessierte ihn an diesem Tag wenig. Seit drei Tagen hatte er Kopfschmerzen und konnte sich nicht konzentrieren.
Es war eine anstrengende Woche gewesen, und die Rückkehr seiner Mutter nach Tuarega hatte alles noch schlimmer gemacht. Sie hatte ihr Missfallen allzu deutlich gezeigt. Immerhin hatte sie ihn in inniger Umarmung mit der Frau überrascht, die er angeblich zutiefst verachtete. Er gestand sich ein, dass er Cassandra allzu gern in den Armen gehalten hatte. Es war ein herrliches Gefühl gewesen, ihren fantastischen Körper an seinem zu spüren. Wenn seine Mutter nicht plötzlich aufgetaucht wäre, hätten sie sich vielleicht geliebt. Momentan hielt sie sich wieder in Sevilla auf, doch ihm war klar, dass er nur eine Schonfrist hatte.
„Ist alles in Ordnung?“ Miguel de Guzman blickte ihn besorgt an.
Wahrscheinlich sieht man mir an, wie gestresst ich bin, überlegte er. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Elena de Montoya hatte ihren Zorn rasch überwunden. Dann hatte sie ihm einreden wollen, Cassandra sei an dem Vorfall schuld. Sie wollte erreichen, dass er behauptete, Antonios Witwe hätte ihn ermutigt, mit ihr zu schlafen, damit sie irgendetwas gegen ihn in der Hand hätte.
Aber Enrique hatte nicht mitgespielt. Deshalb war zwischen ihm und seiner Mutter kein sachliches oder vernünftiges Gespräch mehr zu Stande gekommen.
Mit David hatte es keine Probleme gegeben. Der Junge war zunächst etwas scheu gewesen. Zugleich hatte er jedoch gezeigt, wie gern er seine spanische Großmutter näher kennenlernen wollte. Natürlich hatte er sich Elena gegenüber nicht ganz korrekt verhalten. Er war viel zu offen und behandelte Erwachsene nicht mit dem Respekt, den man in diesen Kreisen von Kindern erwartete. Obwohl die Señora de Montoya der ganzen Sache skeptisch gegenüberstand, hatte sie David als ihren Enkel akzeptiert.
Enrique hatte ihr bei seinem Besuch in Sevilla den Brief vorgelegt. Ihre anfänglichen Zweifel, ob Antonio wirklich der Vater des Jungen war, waren verschwunden, als sie David gesehen hatte. Jetzt musste sie selbst entscheiden, wann und wie sie es ihrem Mann beibrachte. Enrique konnte nur noch abwarten und hoffen, die Nachricht, dass er einen Enkel hatte, würde seinen Vater aufmuntern.
Doch das macht meine momentane Situation auch nicht leichter, überlegte Enrique und blätterte den Ordner durch, der vor ihm lag. Es fiel ihm schwer genug, sich auf die alltäglichen Dinge wie Essen und Schlafen zu konzentrieren. Wie sollte er da eine Entscheidung treffen, die weit reichende Auswirkungen auf das ganze Unternehmen haben würde? Er konnte nur noch daran denken, dass Cassandra im Palast war und dass sie ihn genauso feindselig behandelte wie damals, obwohl sie auf seine Zärtlichkeiten leidenschaftlich reagierte.
„Ich möchte die Entscheidung gern verschieben, bis mein Vater gesund ist und an den Besprechungen teilnehmen kann“, schlug er schließlich vor. Natürlich waren die Direktoren enttäuscht, aber das konnte er nicht ändern.
Als Enrique wieder allein war, stellte er sich ans Fenster, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Bucht von Cadiz hatte. Er rieb sich den Nacken. Sein Vater würde zornig sein, wenn er erfuhr, wie schlecht sein Sohn ihn vertreten hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte Miguel de Guzman zu seinem Stellvertreter ernannt, überlegte Enrique.
Er ballte die Hände zu Fäusten. Was war eigentlich mit ihm los? Warum musste er immer an Cassandra denken? Warum konnte er sich nicht darauf konzentrieren, dass sein Vater in weniger als einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen wurde? Die Ärzte waren sehr zufrieden mit seinem Gesundheitszustand, wie seine Mutter erzählt hatte. Obwohl er schon sechzig war, war er noch so aktiv wie ein jüngerer Mann. Die Gesundheit seines Vaters musste Enrique wichtiger sein als seine unerklärliche Sehnsucht nach dieser Frau, die für ihn schon immer unerreichbar gewesen war.
Enriques Bruder hatte ihm Cassandra zwei Wochen vor der Hochzeit vorgestellt. Sein Vater hatte ihn aufgefordert, nach England zu fliegen, um die Heirat zu verhindern. Julio hatte gedroht, Antonio finanziell nicht mehr zu unterstützen, wenn er Cassandra heiratete. Aber Enrique war
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