Romana Exklusiv 0186
Schlafzimmer war jedoch leer. Das Bett war zerwühlt, und sein Schlafanzug lag auf dem Boden. Cassandra seufzte. Sie war nicht wirklich beunruhigt und rechnete nicht damit, dass er den Palast und die Gärten darum herum verlassen würde. Außerdem würde das Personal auf ihn aufpassen. Aber sie war enttäuscht darüber, dass er ihr nicht gesagt hatte, wo er hinwollte. Er konnte sich denken, dass sie sich Sorgen machte.
Nach dem Duschen zog sie eine kurze Hose aus heller Baumwolle und ein Top an, das nicht ganz so kurz und knapp war wie die anderen. Dann band sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in flache Sandaletten, ehe sie den Raum verließ.
Es erwies sich als recht schwierig, den Weg zum Haupttrakt des Palasts zu finden. Am Tag zuvor hatte Señora de Riviera sie über viele Flure geführt, und Cassandra hatte die herrliche Umgebung bewundert, statt sich die Richtung zu merken. Ich habe mich verlaufen, gestand sie sich ein, als sie auf einmal in einem anderen Innenhof stand.
Sie schlenderte an dem Springbrunnen mit dem Marmorbecken vorbei an das offene Ende und betrachtete die Landschaft. Unter ihr fiel das Land sanft ab bis ins Tal. Auf den terrassenförmig angelegten Plantagen wuchsen Orangenbäume, wie sie aus dem Duft schloss, der in der leichten Brise zu ihr drang. Es waren Hunderte, vielleicht sogar Tausende von Bäumen. Und das, was sie sah, war nur ein kleiner Teil von Tuarega. Ihre Anwesenheit hier kam ihr auf einmal seltsam unwirklich vor.
„Was machst du hier?“, ertönte plötzlich Enriques Stimme hinter ihr.
Cassandra wirbelte herum. Sie war so in ihre Gedanken versunken gewesen, dass sie ihn nicht gehört hatte. Sie war irritiert, und er kam ihr irgendwie bedrohlich vor, wie er an dem Brunnen stand und sie beobachtete.
„Ich habe David gesucht und mich verlaufen“, gab sie zu.
„Bewunderst du die Obstbäume meines Vaters?“, fragte er und stellte sich neben sie.
„Ich habe überlegt, wie viele es sein könnten.“ Cassandra schob die Hände in die hinteren Taschen ihrer Hose und zuckte die Schultern. „Lassen sich Orangen leicht anbauen?“
„Ja, relativ leicht“, antwortete er kühl. „Es gibt natürlich immer kleinere Probleme. Aber interessiert dich das wirklich, Cassandra? Oder willst du nur einem bestimmten Thema ausweichen?“
„Was soll das heißen? Weißt du, wo David ist?“
„Er ist bei Juan Martinez, meinem Aufseher“, erklärte er sogleich. „Heute Morgen ist er auf die Weide gekommen, als wir gerade die neugeborenen Kälber untersucht haben.“ Er machte eine Pause und fuhr dann langsam fort: „Es war nicht ganz ungefährlich, was er getan hat. Diese Tiere sind anders als die Rinder in England. Sie sind launisch und temperamentvoll, voller Energie und sehr kräftig. Wenn man nicht aufpasst, können Unfälle passieren.“
„War David etwa in Gefahr? Sind die Tiere aggressiv?“
„Nein.“
„Aber du hast es angedeutet.“
„Ich habe nur gesagt, es sei nicht ganz ungefährlich, was er getan hat“, entgegnete er geduldig. „Wenn man Stiere nicht provoziert, greifen sie nicht an.“
„Das behauptest du! Im Übrigen finde ich es schlimm.“
„Was?“ Seine Stimme klang hart, und Cassandra war alarmiert. „Mich?“
„Natürlich nicht. Ich kann einfach nicht verstehen, dass man diese Tiere züchtet, um sie in der Stierkampfarena zu töten.“ Sie atmete tief ein. „Du weißt doch, was ich davon halte.“
„Was machen denn deiner Meinung nach die englischen Viehzüchter mit den Rindern?“ Enrique kam näher.
Sogleich überlief es sie heiß. „Das ist etwas anderes“, erwiderte sie und legte sich wie schützend die Hand auf den Hals.
„Wieso das denn?“
„Weil … man sie schlachtet, um das Fleisch zu essen.“
Er sah sie aufmerksam an und stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie die Wärme seines Körpers spürte. „Du glaubst also, es sei richtig oder akzeptabel, Kälber zu töten?“
„Die Menschen essen das Fleisch. Diese Tiere werden zu einem bestimmten Zweck gezüchtet.“
„Meine Stiere auch“, stellte Enrique ruhig fest. „Außerdem sind sie vier Jahre alt, ehe man sie überhaupt zum Stierkampf verwendet, während in England die Rinder mit achtzehn Monaten geschlachtet werden.“
„Okay, du hast deine Meinung, und ich habe meine.“
„Ah ja.“ Er betrachtete sie unter halb geschlossenen Lidern. „Aber meine Meinung interessiert dich nicht, oder? Und das betrifft nicht nur die Stiere.“
„Was
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