Romana Exklusiv 0186
Probleme gab, wenn man Geheimnisse vor den Menschen hatte, die man liebte?
Natürlich hatte er Gründe für die Heimlichtuerei. Alegra hatte im vergangenen Jahr schon genug gelitten. Es wäre für sie keine angenehme Überraschung gewesen, wenn ihr Mann sie zur Silberhochzeit mit dem dunklen Punkt seines Lebens konfrontiert hätte.
Aber wie komme ich jetzt noch an das Dokument im Safe?, überlegte Natalia. Plötzlich erinnerte sie sich daran, dass Edward ihr geraten hatte, sich nicht in Giancarlo Cardinale zu verlieben.
Nein, verlieben würde sie sich nicht in ihn, doch vielleicht würde sie mit ihm ins Bett gehen. Diese Möglichkeit konnte sie jedenfalls nicht ausschließen.
Giancarlo saß an Edwards Schreibtisch und arbeitete am PC, als sie ihm den Kaffee brachte, frisch gemahlenen italienischen Kaffee, wie er es gewünscht hatte. Er sah nicht auf, und Natalia stellte ihm schweigend das Tablett hin.
Hinter ihm schien die Februarsonne hell zum Fenster hinein. Natalia blieb kurz stehen und betrachtete sein schwarzes Haar, das wie Seide glänzte. Dann ließ sie den Blick über seine breiten Schultern und Arme zu den langen Fingern mit den gepflegten Nägeln gleiten.
Ihr prickelte die Haut. Gibt es überhaupt etwas, was mir an ihm nicht gefällt?, überlegte sie hilflos. Am liebsten hätte sie mit den Fingern sein markantes Profil nachgezeichnet bis hinunter zu …
Nein, das muss aufhören, mahnte sie sich und ließ unvermittelt die Jalousie herunter.
„Ich mag die Sonne“, erklärte er so scharf, dass Natalia herumwirbelte und die Stirn runzelte. „Machen Sie die Jalousie wieder auf“, forderte er sie angespannt auf.
Sie tat es und schnitt dabei ein Gesicht. Sie konnte sich die frostige Atmosphäre, die auf einmal zwischen ihnen herrschte, nicht erklären. Na bitte, jetzt finde ich ihn schon nicht mehr so attraktiv, dachte sie. Bei dem scharfen Ton, den Giancarlo ihr gegenüber anschlug, vergingen ihr die erotischen Gefühle.
„Hat jemand angerufen oder eine Nachricht hinterlassen?“, fragte er schließlich.
Natalia blieb wie erstarrt stehen und wagte kaum zu atmen. „Nein“, erwiderte sie.
„Auch Edward nicht? Er hätte sich wenigstens erkundigen können, ob alles in Ordnung ist.“
Sie bekam Herzklopfen. „Nein, auch Edward nicht.“
Unvermittelt ließ er sich im Sessel zurücksinken, drehte sich zu ihr um und betrachtete sie prüfend. Natalia wurde nervös und konnte die innere Anspannung kaum noch ertragen. Giancarlo Cardinale kam ihr vor wie eine einzige Bedrohung.
„Sie würden mich doch informieren, wenn er anruft, oder?“
Ich komme mir vor wie bei einem Verhör, dachte sie.„Ja, natürlich“, versicherte sie ihm und bemühte sich verzweifelt, so kühl und beherrscht zu klingen, wie man es von der persönlichen Assistentin eines Geschäftsführers erwartete.
„Gut.“ Giancarlo lächelte. Es wirkte jedoch so unecht, dass Natalia fröstelte. Dann drehte er sich wieder um und arbeitete weiter.
Sie war froh, dass das Thema für ihn damit offenbar beendet war. Sie hatte ein schlechtes Gewissen wegen der Lüge, die sie ihm aufgetischt hatte. Unsicher ging sie um den Schreibtisch herum und über den grauen Teppich, der sich vor ihr erstreckte wie ein minenverseuchter Ozean. Bei jedem Schritt befürchtete sie, ihre Lügen würden ihr von irgendwoher ins Gesicht geschleudert.
Sie verabscheute es, die Unwahrheit zu sagen. Dass sie jetzt dasselbe tat wie ihre Mutter, die sie beinah ihr ganzes Leben lang belogen hatte, konnte sich Natalia nicht verzeihen.
„Welche Nummer hat Howard Fiske?“, fragte Giancarlo auf einmal.
Ohne stehen zu bleiben, nannte Natalia sie ihm. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und sie hatte nur noch den einen Wunsch, allein zu sein. Seine durchdringenden Blicke konnte sie nicht mehr ertragen.
„Kennen Sie auch die Kombination zu Edwards Safe?“
Sie sah ihn über die Schulter hinweg an und runzelte die Stirn. „Sie etwa nicht?“
„Edward hat mir die Zahlen aufgeschrieben“, antwortete er. „Aber ich habe den Zettel vergessen.“
Wie gut, dann kann ich das Dokument vielleicht doch noch unbemerkt herausnehmen, überlegte Natalia erleichtert.
„Es tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen.“ Das war noch nicht einmal eine richtige Lüge, denn es tat ihr wirklich leid, dass sie ihm nicht helfen konnte.
„Vielleicht weiß Howard Bescheid“, sagte er leise.
„Ja, vielleicht“, stimmte sie zu, obwohl ihr klar war, dass Howard darüber
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